15.08.2013: Regelmäßig wird die Sau „Erhöhung des Renteneintrittsalters“ durchs mediale Dorf gejagt. Wer eine Zahl über 67 nennt, wird von „BILD“ bis „Focus“ zum Experten geadelt. Kann er demographischer Faktor buchstabieren, bezweifelt niemand seinen Doktortitel. In das Horn tutete nun auch Handwerkspräsident Kentzler, dem es vorschwebt, wegen Fachkräftemangels bis 70 arbeiten zu lassen. Um hier mal einzuhaken: Es fehlt nicht an Menschen im arbeitsfähigen Alter. Es fehlt aber an einer Schule, die Kindern und Jugendlichen allseitige Bildung vermittelt, die zu mehr befähigt als zum Funktionieren bei der Ausbeutung der Arbeitskraft. Im Gegensatz zu früheren Jahrzehnten schafft nicht mal letzteres ein Bildungswesen, das mit Ausgaben von 4,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes noch hinter Portugal, Polen oder gar Mexiko rangiert. Dann findet ein Drittel keinen Ausbildungsplatz, 2012 rund 275 000 von 825 000 an einer Ausbildung Interessierten. Da offiziell nur 16 000 unversorgt blieben, geht ein Großteil in Warteschleifen. Zu alt geworden für diese, landen sie dann bei den 15 Prozent der Menschen (mittlerweile 1,5 Millionen) zwischen 25 und 35 Jahren ohne berufsqualifizierenden Abschluss, die mehrheitlich in keiner Arbeitsmarktstatistik auftauchen.
Der Kommentar
Transatlantisches Freihandelsabkommen - der Wirtschafts-Zwilling der Nato
09.07.2013: Am Montag begannen in Washington die Verhandlungen über ein gemeinsames Transatlantisches Freihandelsabkommen (TAFTA) zwischen der EU und den USA. Im Newsletter des isw schrieb dazu Conrad Schuhler folgenden Kommentar:
Bundeskanzlerin Merkel hat es oft beschworen in den letzten Jahren: Die 80 Millionen Deutschen hätten gegen die 2,3 Milliarden Chinesen und Inder doch keine Chance. Auch die 500 Millionen EU-Europäer müssten sich nach Partnern umsehen. Wer läge da näher als die USA, mit denen man dieselben Werte teile. Zwar würden die USA und die EU nur 14 % der Weltbevölkerung stellen, aber immerhin 40 % des Welthandels und über 50 % der Weltwirtschaftsleistung. In transatlantischer Gemeinsamkeit, so die propagierte Logik, bleibe man der bestimmende Faktor der Weltpolitik und Weltwirtschaft.
Kroatien schließt sich dem Klassenkrieg der Europäischen Union an
Der norwegische Gewerkschafter Asbjörn Wahl zum Eintritt Kroatiens in die Europäische Union
01.07.2013: Wenn sich Kroatien der Europäischen Union am 1. Juli anschließt, wird sich das Land einer EU im Krieg anschließen. Es ist ein Klassenkrieg, in dem die kapitalistischen Kräfte, die Troika (die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds), nationale Regierungen und die neue europäische Oligarchie zum Angriff übergangen sind, um den Wohlfahrtsstaat zu demontieren und die Gewerkschaftsbewegung zu besiegen. Mit anderen Worten: Kroatiens Eintritt in die EU wird den wirtschaftlichen, sozialen und politischen Interessen einiger Kroaten dienen, während es die Interessen der Mehrheit untergraben und schwächen wird - hauptsächlich diejenigen der ArbeiterInnen und der Gewerkschaften.
Zum Teufel mit Erdogan! – Zum Teufel mit der Troika!
06.06.2013: Von der Türkei bis zur iberischen Halbinsel sind in den vergangenen Tagen viele Tausend Menschen auf die Straße gegangen. In Istanbul wurde aus dem lokalen Widerstand gegen den Bau eines Einkaufszentrums mittlerweile heftiger politischer Protest gegen die Regierung Erdogan und die AKP. Der Rücktritt der Regierung wird gefordert, die Menschen wenden sich gegen den zunehmenden Abbau politischer Rechte und die Islamisierung des Landes. Die Polizei versuchte in den vergangenen Tagen immer wieder die Protestaktionen zu unterbinden. Dabei wurde auch der Tod von Menschen in Kauf genommen.
In anderen Ländern gab es dagegen neue Aktionen gegen die Austeritätspolitik. Während in Frankfurt am Main am vergangenen Sonnabend die Polizei Demonstrierende einkesselte und mit extremer Gewalt gegen Teile der Blockupy-Demonstration vorging, folgten dem Aufruf für einen internationalen Protesttag gegen die Sparpolitik der Troika (EU-Kommission, Internationalen Währungsfonds und Europäischer Zentralbank) vor allem in Spanien und Portugal viele Menschen.
Amoklauf bei Burger King
06.06.2013: Hätte es noch eines Exempels dafür bedurft, dass Kapital mit entsprechendem Profit kühn wird, es wäre jetzt bei Burger King statuiert worden. Genauer gesagt in 91 Filialen mit 3 100 Beschäftigten, die der Multi an den Franchise-Nehmer Yi-Ko Holding verkauft hat. Dahinter stehen ein Ergün Yildiz aus Stade und ein Alexander Kobolov, der in Russland ein Netz von Burger-King-Filialen besitzt. Laut der Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten (NGG) stehen jetzt „alle Signale auf Sturm. Der neue geschäftsführende Gesellschafter Ergün Yildiz versucht offensichtlich, die Betriebsratsstrukturen zu zerschlagen“.
Anticapitalista! - Blockupy-Großdemonstration in Frankfurt
03.06.2013: Ein bisschen ist Blockupy/Occupy in diesem Jahr erwachsen geworden. Nicht nur, weil bei den Vorbereitungen der diesjährigen Protesttage die verschiedensten Erfahrungen und Haltungen der daran beteiligten linken Gruppierungen mit einflossen, sondern auch weil die Vorstellungen, wer die Adressaten der Proteste sein sollen, konkreter geworden sind. Die internationale Großdemonstration am Samstag, die als zentraler Teil der Proteste gedacht war, begann bunt, fröhlich und voller Kraft. Die Deutsche Bank, das Finanzkapital, das kapitalistische Wirtschaftssystem als Ganzes, die Hunger-Spekulation, die Wohnungsverhältnisse im Kapitalismus - das alles wurde benannt, in vielen Variationen.
150 Jahre SPD - Partei ohne Visionen
23.05.2013: In diesen Tagen feiern die Sozialdemokraten ihren 150. Geburtstag – denn am 23. Mai 1863 erfolgte die Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins. Dabei wird schon unterschlagen, dass der 1847 gegründete Bund der Kommunisten mit dem „Manifest der Kommunistischen Partei“ durchaus als erste deutsche Arbeiterpartei angesehen werden kann.
Viele zeitgeschichtliche Etappen des SPD-Geburtstages, die gegenwärtig auf den Homepages der SPD-Ortsvereine dargestellt werden, enthalten ebenfalls Unterschlagungen von wichtigen politischen Ereignissen und dicke Geschichtslügen. Die SPD scheint mit ihrer eigenen Geschichte viele Probleme zu haben. Die Rolle, die August Bebel und Karl Liebknecht in einer noch revolutionären deutschen Sozialdemokratie spielten, wird völlig ausgeblendet. Kein Wort zum Kotau vor Kaiser Wilhelm und der Unterstützung seiner Kriegspolitik unter Bruch der Beschlüsse der sozialistischen Internationale. Kaum ein Wort zu ihrer Rolle in der Novemberrevolution 1918 und natürlich nicht zur Rolle von SPD-Führern, die diese bei der Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg spielten.
Zum 80. Jahrestag der “Bücherverbrennung”
14.05.2013: „Es ist nicht! langsam gut mit Auschwitz“ - diese Aussage von Esther Bejerano während der Talkrunde „Kölner Treff“ macht deutlich, warum am 1. Mai mehr Menschen auf die Straße gingen als in den Vorjahren, warum Veranstaltungen zum 80. Jahrestag der „Bücherverbrennung“ gut angenommen wurden. Warum immer mehr Menschen bereit sind, mit einer Vielzahl von Aktionen die Aussage „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“ zu untermauern.
Alle Veranstaltungen am 1. Mai 2013 in Frankfurt am Main standen unter dem gleichen Motto: „Frankfurt nazifrei“. Das ging vom Stadtteilfrühstück über Maikundgebung bis zur Gleisblockade. Für alle, egal wo sie engagiert waren, war es ein erfolgreicher Tag, denn die Nazis konnten in Frankfurt nicht demonstrieren.