08.11.2012: US-Präsident Obama hat es erneut geschafft, die Wahlen zu gewinnen. Er ist der Mann des sozialdemokratischen, bürgerlich-liberalen Spektrums. Er wurde unterstützt von Gewerkschaftern, Linken, Mitstreitern aus progressiven Bewegungen und fortschrittlichen Kulturschaffenden.
Romney steht für reaktionäre Sozialpolitik (Rücknahme der gesundheitspolitischen Maßnahmen der Obama-Regierung), unbedingte Kriegspolitik gegen den Iran und Syrien, Frauendiskriminierung und religiösen Fundamentalismus.
Es ging im Wesentlichen um zwei Varianten bürgerlicher Politik, die in vielen Problemfeldern ähnliche Sichtweisen haben. Wenn Obamas Wiederwahl trotzdem eher positiv gegenüber einer Romney-Wahl zu bewerten ist, dann hat dies vor allem folgende Gründe:
- US-Präsident Obama ist „druckempfindlicher“, wenn es zu umfassenden sozialen Bewegungen in den nächsten Jahren kommen sollte. Politische Veränderungen sind nur durch eine starke außerparlamentarische Bewegung denkbar.
- Obama muss Antworten auf die jetzigen und kommenden Herausforderungen geben. Das gilt sowohl für Initiativen zur Beendigung jetzt geführter Kriege und für die Gefahren durch neue Kriege, aber auch für Antworten auf die sozialen Forderungen in großen Teilen der US-Bevölkerung. „Yes, we can“ wird einen Praxistest durchlaufen.
- International werden die Voraussetzungen zumindest nicht schlechter, gravierende Probleme anders zu lösen als bisher. Es lohnt sich, den internationalen Druck zu verstärken, z. B. sich verstärkt für die Freilassung der seit 15 Jahren unrechtmäßig in den USA inhaftierten fünf Kubaner und für die Aufhebung der Blockade gegen Kuba zu engagieren.
- Das Wahlergebnis ist eine Niederlage für die international vernetzte reaktionär-konservative Fraktion des Kapitals. Sie kann mit ihrer Demagogie und ihren Versprechungen auch in dieser „Großen Krise“ oft keine Mehrheiten erringen.
Allerdings bedeuten diese Feststellungen nicht, dass wir in irgendeiner Form Illusionen haben oder solche zuzulassen. Große Erwartungen, die nicht wenige Obama-Wählerinnen und -Wähler nach den letzten Präsidentschaftswahlen hatten, sind nicht erfüllt worden. Gerade die Menschen, die in schwierigen sozialen Verhältnissen leben müssen und die wegen ihrer Herkunft diskriminiert werden, bleiben enttäuscht von dieser Politik.
Auch in Europa wäre es zu wünschen, dass endlich mehr Menschen sich ihrer eigenen Kraft besinnen, die Lage erkennen, daraus Schlussfolgerungen ziehen und mehr als bisher kämpfen.
Wir wünschen unseren Genossinnen und Genossen der KP der USA und den vielen Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern, den Occupy-Bewegten und vielen anderen bei der Organisierung dieser notwendigen Auseinandersetzung viel Erfolg!
Bettina Jürgensen, Vorsitzende der DKP