16.07.2014: Im April dieses Jahres hatte der brasilianische Ex-Präsident Luiz Inácio 'Lula' da Silva seinen politischen Freunden in Venezuela angesichts der eskalierenden Konflikte des Landes zur Gründung einer breiten politischen Koalition geraten. Uruguays Präsident José 'Pepe' Mujica fügte dem hinzu, dass die aktuelle gesellschaftliche Polarisierung auf kurz oder lang wohl keines der beiden verfeindeten Lager "regieren" lasse. Zuletzt war auch Ecuadors Rafael Correa in den Chor der "pragmatischen Linken" Lateinamerikas eingesprungen und hatte neben Kritik an der venezolanischen Wirtschaftspolitik einerseits und an den gewalttätigen Aktionen eines Teils der Opposition andererseits, die Wichtigkeit eines Dialogs beider Seiten in Venezuela bekräftigt.
Analysen
Eine Fußball-WM, die nicht alle Brasilianer in Taumel versetzt ...
09.06.2014: Es ist wenig wahrscheinlich, dass die Brasilianer der dreisten Parole folgen, die Michel Platini – ehemals ein großer Fußballer und heute Präsident der Europäischen Fußballliga (UEFA) – am vergangenen 26. April ausgab: "Strengt euch an, unterlasst soziale Aufstände und haltet einen Monat Ruhe." Die Fußballweltmeisterschaft beginnt am 12. Juni in Sao Paulo, um am 13. Juli in Rio de Janeiro zu enden. Und es besteht tatsächlich Besorgnis. Nicht nur in den internationalen Sportgremien, sondern auch innerhalb der Regierung von Dilma Rouseffs selbst, wegen der Proteste, die sich während des Sportereignisses intensivieren könnten.
Das dicke teure Ende der Atomwirtschaft
20.05.2014: Mitte Mai wurde bekannt, dass die drei Atomstromkonzerne Eon, RWE und EnBW (der vierte Atomstromkonzern Vattenfall ist hier nicht mit dabei) der Bundesregierung die Schaffung einer öffentlich-rechtlichen Stiftung anbieten wollen, in die sie alle ihre AKWs einbringen würden, daneben auch ihre Rückstellungen für die Ausstiegskosten aus der Atomenergie, und zudem würden sie ihre Schadensersatzklagen wegen des Atomausstiegs von 2011 zurück ziehen. Dafür soll der verbleibende Betrieb der AKWs und alle mit der Abwicklung der Atomenergie zusammen hängenden Fragen und Kosten in die Verantwortung der Stiftung fallen, d.h. also dem Steuerzahler auferlegt werden. Was ist von dem Vorschlag zu halten, der spontan weitgehend auf verbale Ablehnung stieß?
Süd-Ost-Ukraine: Die Logik des Aufstands
Von Boris Kagarlitzki, Direktor des „Instituts für Erforschung der Globalisierung und sozialen Bewegungen“ in Moskau.
13.05.2014: Die russischen Bürokraten waren sehr erstaunt über die Reaktionen des offiziellen Westens. Solch eine Entrüstung und einmütige Verurteilung hatten sie nicht erwartet. Europäische Politiker sind heftig erzürnt. Die Mainstream-Presse erzählt den LeserInnen fürchterliche Geschichten über die russische Aggression gegen die Ukraine. Das Fernsehen zeigt Interviews mit Kiewer Ministern und Abgeordneten, die mit Tränen in den Augen Europa anflehen, ihr Land vor dem grimmigen Bären zu retten.
Venezuelas Gewaltproteste - ein ökonomischer Blick in die Tiefe
21.04.2014: Seit zig Wochen wird Venezuela von gewaltsamen Protesten oppositioneller Kräfte in Unruhe und Schrecken versetzt. Dabei sind in keinem Land Lateinamerikas die sozialen Unterschiede geringer, in keinem ist die sozio-ökonomische Lage großer Teile der Bevölkerung besser als in Venezuela. Die Armutsquote wurde in den letzten 15 Jahren auf ca. 19% gesenkt, ein achtbarer Erfolg. Und doch - selbst wenn die Behauptung der Opposition der Regierung Maduro zuträfe, dass sie keinen Wirtschaftskrieg betreibt - das Land hat mit erheblichen wirtschaftlichen Problemen zu schaffen, die seine Führung ohne Zweifel in den Griff bekommen muss, um das Land zu befrieden. Ein Blick in die Tiefe zeigt aber, dass das keine leichte Aufgabe ist und weit zurückreichende Wurzeln hat:
isw-report 96 erschienen: WIDERSTAND - Kapitalismus oder Demokratie
01.04.2014: Kapitalismus und Demokratie streben immer weiter auseinander. Die „Märkte“ erzwingen eine Politik, die sich „nach den Wünschen der Anleger“ richtet, so der damalige Chef der Deutschen Bank, Rolf Breuer. Bundeskanzlerin Merkel hat das so übersetzt, dass die Politik „marktkonform“ zu geschehen hat. Die Imperative von US-Präsident Lincoln von 1863: Demokratie sei „Regierung des Volkes, durch das Volk, für das Volk“, geltenlängst nicht mehr. Aus der „Volksherrschaft“ wurde ein Regeln-Verfahren, in dem die Eliten von Kapital und Politik, von Medien und Kultur die Regeln für Politik und Ökonomie vorgeben. Frank Schirrmacher, Mit-Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, spricht von einem „Kurssturz des Republikanischen“. Der britische Soziologe Colin Crouch von „Postdemokratie“, wo „sich politische Verfahren und die Regierungen zunehmend in eine Richtung zurück entwickeln, die typisch war für vordemokratische Zeiten: der Einfluss privilegierter Eliten nimmt zu, in der Folge ist das egalitäre Projekt zunehmend mit der eigenen Ohnmacht konfrontiert“.
Steuer-Paradies Deutschland
28.03.2014: Fast zwei Drittel der Deutschen – 64 Prozent – sind nach einer Allensbach-Umfrage der Ansicht, dass es im Lande immer ungerechter zugehe; die soziale Gerechtigkeit habe in den vergangenen drei bis vier Jahren abgenommen. Sogar eine Mehrheit der deutschen Topmanager (59 %) gesteht ein zunehmendes soziales Gefälle ein (HB, 15.7.13). Der Grund ist vor allem die sich zuspitzende Einkommens- und Vermögensungleichheit.
Die neue oppositionelle Gewalt in Venezuela
22.03.2014: Venezuela hat in den vergangenen Wochen Schlagzeilen gemacht. Es war rund um den Globus Thema in sozialen Netzwerken, und eine ganze Reihe von Berühmtheiten und Stars aus Kunst, Film, Sport und Politik hielten es für angebracht, sich betroffen zu Wort zu melden. Doch was ist jenseits dieses in Venezuela als "Photoshop-Frühling" bezeichneten Trends im Land wirklich geschehen? Seit Nicolás Maduro im April 2013 einen äußerst knappen Wahlsieg davontrug, versucht die Opposition, sich rund um die Idee zu konsolidieren, dass der Chavismus sich als politische Kraft im Niedergang befindet – ohne allzu großen Erfolg. Dabei sind zwei Flügel sichtbar geworden: derjenige um Henrique Capriles Radonski und der um Leopoldo López und María Corina Machado von der Partei Voluntad Popular.