14.10.2012: Zu ihrem 100. Geburtstag hatten die Münchner Kammerspiele eine tolle Idee. Sie luden an diesem Sonntag die MünchnerInnen ein zu einer großen Bürgerversammlung auf der Maximilianstraße, um an 100 Tischen zu diskutieren. In der Einladung erklärten Direktion und Ensemble, worum es geht: „Die Münchner Kammerspiele sind „Das Theater der Stadt“. Sie sollen und wollen ein Ort der Kunst und der Debatte sein, ein Ort für die Öffentlichkeit. Dieses Angebot nimmt jedoch nur ein Teil der Stadtbevölkerung wahr. Eintrittsgelder, Sprache oder kulturelle Codes können Barrieren vor dem Theaterbesuch bilden. Auch die Lage der Kammerspiele erschwert den Zugang. In der Luxusboutique Maximilianstraße ist Zusehen gestattet, Teilhabe nur für die richtig Reichen realisierbar. Zum 100. Geburtstag der Kammerspiele wollen wir deshalb die Maximilianstraße, und damit den Eingangsbereich der Kammerspiele, temporär umwidmen. Einen Tag lang sollen Straße und Theater zum Ort einer großen Bürgerversammlung werden, zum Zentrum einer öffentlichen Debatte, die fragt: Was bedeutet arm und reich in München? Wie und auf wessen Kosten verteilen sich Wohlstand und Ressourcen in Bildung, Politik und Kultur? Was gibt es für Möglichkeiten der öffentlichen Beteiligung und Einflussnahme für eine gerechtere Zukunft?"
Mehr als die erwarteten 600 Besucher kamen und diskutierten heftig an ihren Tischen. Auch wenn die vorgegebenen Themen spezifiziert waren, - so gab es einen Tisch "Geld für Kultur" - , so wurden doch durchweg alle heißen Themen in München angesprochen: warum z,.B. ein Bolzplatz einem Mietshaus weichen soll, warum es keine bezahlbaren Wohnungen für StudentInnen gibt, - und überhaupt - , warum muss man in einem reichen Bundesland wie Bayern Studiengebühren zahlen? Diese kommen sowieso nicht zu den bedürftigen Stellen. Mitsprache darüber, wie sie verteilt werden gibt es schon gar nicht. Und bei allen Themen, wie auch über bezahlbaren Wohnraum, kam immer wieder die große Politik ins Spiel. Klar wurde in allen Bereichen: da wo in einer Gesellschaft der Profit im Vordergrund steht, bleiben die Bedürfnisse der Menschen auf der Strecke. Einig war man sich darin, dass Wohnungen für die Bedürfnisse der Menschen gebaut werden müssen, und nicht um Profit zu generieren.
Nach einer Stunde wurden die Tischdiskussionen unterbrochen und aus der Mitte des Bereichs wurde von Schauspielern vorgetragen, was zwischenzeitlich von den einzelnen Tischen an Vorschlägen und Wünschen vorgelegt wurde. Aus allen Bereichen des städtischen Lebens war zu hören, dass das "große Geld" an den Wünschen und Notwendigkeiten der Menschen vorbei wirtschaftet und dabei sehr viel Urbanität, Lebensqualität und Solidarität auf der Strecke bleibt. Dass dies geändert werden muss, war allgemeiner Konsens. Konkret wurde das allerdings wahrscheinlich nur an einigen Tischen thematisiert: wir brauchen eine andere Gesellschaft, in der der Mensch im Mittelpunkt steht.
Ein gelungener Anfang für eine umfassende Diskussion. Der Dank an die Kammerspiele war deutlich und auch der Wunsch nach Fortsetzung: Occupy Maximilianstraße!
Text und Fotos: SoSch