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28.04.2025: Eine weiße Marmortafel mit der einzigen Inschrift "Franciscus" beendet das Pontifikat von Papst Bergoglio. Er war ein Papst, der klar Stellung bezog – gegen Krieg, gegen Ausbeutung und Armut.

 

 

Am Samstag ist der Sarg mit dem Leichnam des am Ostermontag verstorbenen Papstes nach der Totenmesse in der Petersbasilika etwa sechs Kilometer durch die römische Innenstadt zum Begräbnisort, der römischen Marienbasilika "Santa Maria Maggiore" überführt worden. Eine schlichte, weiße Marmortafel mit der einzigen Inschrift "Franciscus" beendet das Pontifikat von Papst Bergoglio. Papst Franziskus ist seit mehr als einem Jahrhundert der erste Papst, der außerhalb der Vatikanmauern beigesetzt wurde.

Etwas mehr als zwölf Jahre, vom 13. März 2013 bis zum 21. April 2025, brachte er frischen Wind in die katholische Kirche. Er war ein Papst, der klar Stellung bezog – gegen Krieg, gegen Ausbeutung und Armut.

Die Entscheidung, den Namen Franziskus anzunehmen, erschien sofort als die Wahl eines Programms und eines Stils, auf den er sein Pontifikat ausrichten wollte, wobei er sich vom Geist des heiligen Franz von Assisi inspirieren ließ.

"Brücken bauen und keine Mauern" ist eine Ermahnung, die er immer wieder ausgesprochen hat. Bezeichnend dafür ist, dass ihn seine erste Reise nach Lampedusa führte, der Insel, die zum Symbol für das Drama der Migration geworden ist, bei dem Tausende von Menschen im Meer ertrunken sind und immer noch ertrinken.

In die gleiche Richtung ging auch seine Reise nach Lesbos zusammen mit dem Ökumenischen Patriarchen und dem Erzbischof von Athen sowie die Feier einer Messe an der Grenze zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten anlässlich seiner Mexiko-Reise.

"Keine Familie ohne Dach über dem Kopf! Kein Bauer ohne Land! Kein Arbeiter ohne Rechte! Kein Mensch ohne die Würde, die das Arbeiten verleiht!"

Leitmotiv seiner Mission war auch die Überzeugung, dass die Kirche ein Haus für alle ist, ein Haus mit immer offenen Türen. So hatten die sozialen Bewegungen einen zuverlässigen Ansprechpartner und Freund im Vatikan. Er lud sogar die Volksbewegungen zu ihrem Welttreffen in den Vatikan ein. Für den Papst sind diese Aktivist:innen eine "Armee der Solidarität, Hoffnung und des Gemeinschaftssinns“ sowie "wahre soziale Poeten, die mit kreativer Kraft menschenwürdige Lösungen für die drängendsten Probleme der Ausgeschlossenen erdenken und umsetzen, die bis in die vergessenen Randgebiete unserer Gesellschaft hineinreichen".

"Diese Wirtschaft tötet"

Heftige Reaktionen rief er mit seinem Apostolischen Schreiben "Evangelii gaudium" hervor, mit dem er die profitgetriebene Wirtschaft kritisierte: "Wir dürfen nicht mehr auf die blinden Kräfte und die unsichtbare Hand des Marktes vertrauen. ... Diese Wirtschaft tötet. ... Man muss kämpfen, um zu leben – und oft auch nur, um ein wenig würdevoll zu leben."

Als "Vulgärmarxismus" kanzelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung die Enzyklika "Fratelli Tutti" ab.

Die Theologen Kuno Füssel und Michael Ramminger schrieben dazu: Während die katholische Soziallehre nur für die "Zähmung des Raubtieres" eintrete, aber nicht sehe, dass dies auf Dauer nicht gelingen kann, weil sie dem Wesen der kapitalistischen Wirtschaftsweise widerspricht, bringe es der Papst hingegen auf den Punkt: "Diese Wirtschaft tötet".

"Dieses System mit seiner unerbittlichen Profitlogik entzieht sich jeder menschlichen Kontrolle. Es ist an der Zeit, die Lokomotive zu bremsen, die auf den Abgrund zurast."
Papst Franziskus, 16.10.2021

Der Papst positionierte sich gegen die weit verbreitete Illusion, dass ein florierender Kapitalismus auch den Armen helfen würde: "Das Versprechen lautete: Sobald das Glas voll ist, würde es überlaufen und den Armen nützen. In Wirklichkeit aber geschieht etwas anderes: Sobald das Glas voll ist, wird das Gefäß auf irgendeine magische Weise größer. Daher springt für die Armen nie etwas heraus", sagte Papst Franziskus in einem Interview mit der Zeitung La Stampa am 14. Dezember 2013.

Waren frühere Päpste durch ihren tiefsitzenden Antikommunismus daran gehindert, marxistische Kategorien zur Analyse der Gesellschaft anzuwenden, würde Franziskus mit seiner "Kapitalismusanalyse bis zum Geheimnis des Fetischcharakters von Ware und Kapital" vordringen, schrieben die beiden Theologen Kuno Füssel und Michael Ramminger.

Im Gegensatz zu dem, was er als "Wegwerfkultur" bezeichnet hat, sprach Franziskus von einer Kultur der Begegnung und der Solidarität.

"Es gibt welche, die Sie einen Kommunisten oder einen Marxisten nennen", wird er in einem Interview mit der US-amerikanischen Jesuitenzeitschrift America gefragt. "Ich versuche, dem Evangelium zu folgen", lautet die Antwort. Aber dann fügt Bergoglio ein zusätzliches Element hinzu.

"Das Problem, das dahinter steckt und das Sie zu Recht angesprochen haben, ist die gesellschaftspolitische Verkürzung der Botschaft des Evangeliums. Wenn ich das Evangelium nur soziologisch sehe, ja, dann bin ich Kommunist, und Jesus ist es auch. … Die Kommunisten haben einige unserer christlichen Werte übernommen. [lacht] Aus einigen anderen haben sie eine Katastrophe gemacht."

"Damit das System fortbestehen kann, müssen Kriege geführt werden"

Unermüdlich setzte sich Franziskus gegen Aufrüstung und Krieg ein. Ob in der Ukraine, in Gaza oder anderswo: Für ihn war klar, "Krieg ist immer eine Niederlage." Denn Krieg, so sagte er, bedeute nur den Tod von Menschen, die Zerstörung von Häusern, Krankenhäusern und Schulen. Krieg hinterlässt die Welt immer schlechter als zuvor: Er ist für alle immer eine schmerzhafte und tragische Niederlage.

Das globale Wirtschaftssystem führt zur "Barbarei", es braucht den Krieg, und es stellt das Geld und nicht den Menschen in den Mittelpunkt, kritisierte er den Kapitalismus. "Damit das System fortbestehen kann, müssen Kriege geführt werden, wie es die großen Imperien immer getan haben. Einen Dritten Weltkrieg kann man jedoch nicht führen, und so greift man eben zu regionalen Kriegen", sagte er.

Dies ist ein "Weltkrieg" zwischen "Imperialismen", sagte er zu dem Krieg um die Ukraine. "In jedem Konflikt sind die einfachen Menschen die wahren Opfer, die für die Torheiten des Krieges mit ihrer eigenen Haut bezahlen." Immer wieder erklärte seine Bereitschaft, ein Treffen zwischen den Führern Russlands und der Ukraine im Vatikan auszurichten, um Friedensgespräche aufzunehmen.

Alle mit Franziskus

Die Menschenmenge, die am Freitag die Via della Conciliazione und die Piazza San Pietro füllte, um Abschied von Franziskus zu nehmen, repräsentierte diese reale Welt, die mit Franziskus in den Marmor des Vatikans eingedrungen ist. Und so nickten Pfadfinder, Pilger, Laien und Ordensleute, als Kardinal Giovanni Battista Re in seiner Predigt an an den Weg des Papstes erinnerte, der ihn von Buenos Aires nach Rom geführt hat, im Zeichen einer Kirche, die "in der Lage ist, sich über jeden Menschen zu beugen, unabhängig von seinem Glauben und seiner Überzeugung". Langer Applaus brandete auf, als der Kardinal an die Reise des Papstes nach Lampedusa und das Grauen der im Meer ums Leben gekommenen Migranten erinnert. Dann folgt eine subtilere Anspielung, die die Menschen auf dem Platz sofort verstehen und mit erneutem Applaus begrüßen: die Erinnerung an die Messe an der Grenze zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten. "Er hat die äußerste Peripherie der Welt erreicht", sagt der Kardinal in seiner Predigt, bevor er unter erneutem Applaus an das Engagement für den Frieden erinnert und die Schlüsselwörter der Botschaft von Franziskus wiederholt: "Niemand wird allein gerettet."

Die mörderische Heuchelei der Mächtigen

Nicht nur die Gläubigen und Armen waren zur Beisetzung von Franziskus nach Rom gekommen. Fast alle westlichen Staats- und Regierungschefs hatten sich im Vatikan versammelt. Alle gaben tränenreiche Erklärungen über den Verstorbenen und sein Werk ab und sprechen vom Papst der Armen, der sich den Schwachen zuwandte, der den Menschen in den Mittelpunkt stellte, all diejenigen, die vertrieben, verjagt und ermordet werden.

Es sind dieselben Politiker:innen, die das genozidale Regime Netanjahu politisch. diplomatisch und sogar mit Waffen unterstützen. Es sind dieselben Führer, die die geplante, absichtliche Aushungerung von zwei Millionen Palästinensern im Gazastreifen unterstützen, die der Staat Israel verhängt hat, wie die UNO anprangert.

Die Heuchelei des Westens ist mörderisch. Rhetorisch lobt er den Verstorbenen, in der Tat schändet er sein Andenken und alles, was er für die Schwachen dieser Welt zu erreichen versucht hat.

Israel löscht Tweet mit Beileidsbekundung für Papst

Während weltweit führende Politiker den verstorbene Papst würdigen - teils aufrichtig, meist heuchlerisch – hüllt sich Israel in Schweigen. Mehr noch.

Beileidsbekundungen, die von israelischen Botschaften im Ausland gepostet wurden, mussten auf Anordnung aus Tel Aviv umgehend gelöscht werden. Die inzwischen gelöschten Beiträge der Botschaften waren einfach und respektvoll. "Ruhe in Frieden, Papst Franziskus. Möge seine Erinnerung ein Segen sein", lauteten sie. Aber diese Worte gingen offenbar zu weit für die politische Führung um Premierminister Netanjahu und Außenminister Gideon Sa'ar.

Der Grund ist kein Geheimnis. In den letzten Monaten haben die Äußerungen von Papst Franziskus zum Konflikt in Gaza einen Nerv der israelischen Regierung getroffen. Er bezeichnete die Gewalt nicht als Krieg, sondern als "Grausamkeit" und warf den israelischen Streitkräften so schwere Taten wie das "Niedermähen von Kindern mit Maschinengewehren" vor. Seine Osteransprache "Urbi et Orbi" vertiefte die Kluft noch, indem er die Lage in Gaza als "beschämend" bezeichnete und einen sofortigen Waffenstillstand forderte.

Er wird fehlen

Franziskus setzte sich für Flüchtlinge und Unterdrückte ein, und gegen Armut und Kriege. Er kritisierte die Auswüchse eines entfesselten Kapitalismus, den Umgang der reichen Industrieländer des Nordens mit den Verzweifelten an ihren Grenzen und Israels Kriegsführung in Gaza, die längst jedes Maß verloren hat. Damit stand er quer zum politischen Mainstream in Europa und den USA.

Seine erste Reise unternahm er nach Lampedusa, um den ertrunkenen Flüchtlingen zu gedenken, seine letzte Rede hielt er gegen den Krieg in Gaza. Seine Stimme wird fehlen.

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