05.07.2024: Die Bundesregierung ist konsequent bei ihrer Unterstützung des israelischen Völkermordes an den Palästinenser:innen. Sie liefert nicht nur Waffen, mit denen die Menschen in Gaza massakriert werden, sie verweigert auch die medizinische Behandlung schwerverletzter Kinder in Deutschland.
"Pingpong bis zum Tod" titelt die Süddeutsche Zeitung am 2. Juli einen Bericht, in dem geschildert wird, wie das von Annalena Baerbock (Grüne) geleitete Bundesaußenministerium und das Bundesinnenministerium von Nancy Faeser (SPD) die Behandlung von schwerverletzten Kindern aus Gaza in deutschen Krankenhäusern verhindern.[1]
Mehrere Kliniken hatten sich dazu bereit erklärt, die Kosten für Behandlungen in Deutschland zu übernehmen. Doch die Bundesregierung blockierte die Einreise. In der Bundespressekonferenz vom 3. Juli lehnte Bundesinnenministerin Nancy Faeser jede Verantwortung ab und erklärt kaltschnäuzig, Deutschland habe sich schließlich bei der Aufnahme von Kindern aus Afghanistan engagiert, bei Gaza seien jetzt andere Länder an der Reihe.[2]
In dem Artikel der Süddeutschen Zeitung wird detailliert dargelegt, wie es der Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, Kerstin van Ark, gelungen war, innerhalb weniger Wochen Klinikbetten für schwerverletzte Kinder aus Gaza zu organisieren. 40 Chefärzte und Chirurgen in ganz Deutschland hatten sich bis März 2024 bereit erklärt, insgesamt 40 Kinder aufzunehmen und kostenlos zu behandeln. Für alle Kinder ist ein Platz in einem deutschen Krankenhaus und die Kostenübernahme für Behandlung und Flug garantiert.
Der Bericht der SZ führt weiter aus, dass die 32 für die Behandlung in Deutschland ausgewählten Kinder (Stand März 2024) "so gravierende Verletzungen (haben), dass es primär um lebensrettende Maßnahmen geht, etwa bei Verletzungen des Zwerchfells oder der Eingeweide". Ein Großteil der Verletzungen seien durch Explosionen entstanden, die sowohl zu Verbrennungswunden als auch zu ausgeprägten Schäden an Weichteilgeweben, inneren Organen oder zu Verletzungen der Gliedmaßen führen, bei denen nur noch bei zeitnaher Behandlung außerhalb von Gaza Arme und Beine gerettet werden könnten.
Zunächst suchen die Organisatoren der Rettungsaktion das Gespräch mit der deutschen Botschaft in Kairo, da die Kinder über Ägypten ausgeflogen werden sollen. Mehrfach sei das Thema nach Informationen der SZ auch zwischen Kabinettsmitgliedern der Ampel diskutiert worden – ergebnislos. Das Auswärtige Amt rät, die schwerverletzten Kinder ohne familiäre Begleitperson auszufliegen.
Als sie in Erwägung ziehen, die Kinder tatsächlich ohne Begleitpersonen auszufliegen, es zumindest mit einem oder zweien zu probieren, rät Sally Becker von "Save a Child“, ihrer Partnerhilfsorganisation in Großbritannien, vehement davon ab. (*) Die betroffenen Kinder seien akut traumatisiert, es müssten lebensverändernde medizinische Entscheidungen getroffen werden, für die nur Familienangehörige die Verantwortung übernehmen könnten. Auch der Chirurg an der Uniklinik Bonn, Jan Wynands, betont in einem Interview mit dem WDR Morgenmagazin, dass die Kinder traumatisiert seien und deshalb eine Begleitperson unbedingt erforderlich sei. Jan Wynands hat selbst in einem Krankenhaus in Gaza gearbeitet. [3]
https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-1354956.html
Auch erfahrene Kinderärzte wie etwa die stellvertretende Chefärztin der Kinderchirurgie in Hannover, Mechthild Sinnig, teilen diese Einschätzung:
"Wir halten es für unabdingbar, dass die schwer verletzten Kinder mit einer Begleitperson ausgeflogen werden, unabhängig vom Alter. Wir haben es in der Vergangenheit immer wieder erlebt, dass über andere Hilfsorganisationen Kinder ohne einen Angehörigen in ein deutsches Krankenhaus verbracht wurden und dort maximal sekundär traumatisiert wurden (bedingt durch Heimweh, Kulturschocks und Einsamkeit).
"Ich dachte, wir leben in einem humanitären Land."
Kerstin van Ark, Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie
Drei Monate nach Beginn der geplanten Rettungsaktion, am 10. Juni, räumt ihnen das Bundesinnenministerium erstmals ein Gespräch ein. Die Organisatoren hoffen endlich auf einen Durchbruch in der Visa-Frage. Doch es kommt anders. Das Ergebnis schildert die SZ als "niederschmetternd" und führt weiter aus:
"Die Position des Ministeriums bleibt hart: Man müsse Sicherheitsrisiken bei Begleitpersonen beachten, hinzu käme eine unklare Rückkehrperspektive – man fürchtet also, Terroristen oder Asylbewerber ins Land zu holen. Auf Anfrage der SZ schreiben Innen- und Außenministerium, eine Einreise von Kindern unter zwölf Jahren zur Behandlung sei "grundsätzlich möglich". Im Weiteren seien die Häuser in Abstimmung, "unter welchen Voraussetzungen die Einreise von Begleitpersonen realisiert werden kann, die für die Heilungsprozesse der schwer verletzten Kinder wichtig" sind. Die Abstimmung dauert offensichtlich immer noch an."
"Wie kann es sein, dass derweil über 100 Kinder nach Italien, mehrere verletzte Kinder in die USA, nach Abu Dhabi, Algerien, Oman und Kuwait verbracht wurden und es nicht gelingt, die Einreise nach Deutschland zu ermöglichen, wo doch alles organisiert ist."
Frank Peter, Gründer der an der Aktion beteiligten Organisation Placet, die mittels Einsatz von plastischen Chirurgen weltweiten Terror- und Gewaltopfern hilft.
Die Chirurgen sind fassungslos, auch deshalb wenden sie sich jetzt an die Öffentlichkeit. Kerstin van Ark meint, sie sei eher maßlos enttäuscht als wütend. "Ich dachte, wir leben in einem humanitären Land. Deshalb haben wir auch nicht aufgegeben." Sie könne es nicht nachvollziehen, dass man in schwer verletzten Kindern ein Sicherheitsrisiko sehen kann. "Es ist ein bisschen so, als würden die Pingpong mit einem spielen. Manchmal hat man den Eindruck, dass sie einen so lange von Behörde zu Behörde schicken, bis sich das Problem von allein gelöst hat – und alle verstorben sind."
Mittlerweile sind von den 32 Kindern, die bis März auf der Rettungsliste für die Notfall-Behandlung in Deutschland standen, ein Großteil in andere Länder verteilt, manche sind verschollen oder verstorben, einige warten weiterhin auf Versorgung.
Ein Krieg gegen Kinder
Im Gazastreifen sind nach Angaben der Gesundheitsbehörde (Stand 4. Juli 2024) seit Anfang Oktober mindestens 38.011 Menschen, davon fast 16.000 Kinder und über 10.500 Frauen durch die israelische Armee ermordet worden. 87.445 Palästinenser:innen wurden verletzt. Die wirklichen Zahlen liegen noch höher, da viele Menschen vermisst werden und zahlreiche Tote unter den Trümmern zerstörter Häuser begraben liegen.
Das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) erklärte, dass mehr als 50.000 Kinder im Gazastreifen sofortige medizinische Behandlung wegen akuter Unterernährung benötigen. Nach Angaben von Save the Children haben seit Beginn des israelischen Vernichtungskrieges gegen die Palästinenser:innen in Gaza täglich 10 Kinder ein oder beide Beine verloren.
"Es ist ein Krieg gegen Kinder. Die Kinder in Gaza sind die großen Opfer des israelischen Völkermords in Gaza"
Khaled Quzmar, Generaldirektor der Kinderrechtsorganisation Defense for Children International Palestine
Deutschland, Komplize bei Völkermord und ethnischer Säuberung
Deutschland gewährt der militant-zionistischen, ultrarechten Netanjahu-Regierung nicht nur bedingungslos politische und diplomatische Unterstützung, sondern ist auch nach den USA der zweitgrößte Lieferant von Rüstungsgütern – von Panzerfäusten für den Häuserkampf, Schnellfeuergewehren, Munition bis zu Motoren für die israelischen Merkava-Panzer. Dass die Netanjahu-Regierung einen Hungerkrieg gegen die "menschlichen Tiere" in Gaza führt, so Israels Kriegsminister Yoav Gallant, die völkerrechtlich verbindlichen Anordnungen des Internationalen Gerichtshofes ignoriert, Waffenstillstandsverhandlungen hintertreibt sowie palästinensisches Land im Westjordanland konfisziert und damit jeglichen Ansatz für eine Zwei-Staatenlösung unmöglich macht – all das hindert die Bundesregierung nicht, "unverrückbar" an der Seite Israels zu stehen. Auch wenn Israel durch diese Regierung zu einem international geächteten Schurkenstaat gemacht wurde. Jüngst setzte die UN Israel auf die schwarze Liste der Kindermörder. (siehe kommunisten.de, 16.6.2024: UN setzt Israel auf die Schwarze Liste der Kindermörder)
Insofern handelt die Bundesregierung konsequent. Wieso sollte kriegsverletzten Kindern das Leben gerettet werden, wenn man vorher die Waffen schickt, mit denen Israel einen Völkermord und eine ethnische Säuberung begeht.
Korrektur:
In einer früheren Version des Artikels wurde als Partnerorganisation der Initiatve deutscher Ärzt:innen irrtümlich "Save the Children" genannt. Richtig it "Save a Child“. Außerdem ist ein Großteil der für die Behandlung in Deutschland ausgewählten Kinder glücklicherweise nicht tot, sondern sie wurden in andere Länder verteilt, manche sind verschollen oder verstorben, einige warten weiterhin auf Versorgung.
Anmerkungen
[1] Süddeutsche Zeitung, 2. Juli 2024: Pingpong bis zum Tod
https://www.sueddeutsche.de/kultur/baerbock-gaza-kinder-feministische-aussenpolitik-verwaltung-lux.SANzjYPuwjd1j1fndrtsM6
[2] Nachdenkseiten
https://www.nachdenkseiten.de/?p=117588
[3] Morgenmagazin, 03.07.2024: Video "Kritik am deutschen Umgang mit verletzten Kindern aus Gaza"
https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-1354956.html
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Wortlaut der einstweiligen Maßnahmen in deutscher Übersetzung ++ Vortrag des Urteils durch die Oberste Richterin Joan Donoghue in Stichpunkten ++ Video des Vortrags ++ vollständiger Text des Urteils in englischer Sprache - Südafrika beschuldigt Israel vor dem Internationalen Gerichtshof des "Völkermords" in Gaza
in einem 84-seitigen Dokument werden der Vorwurf akribisch begründet - UN-Berichterstatterin: Völkermord in Gaza - Interview mit Francesca Albanese
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