21.01.2025: In seiner Rede zur Amtseinführung greift Trump die Regierung Biden an. Seine Anhänger:innen antworten: "Amen". ++ Techno-Oligarchen in der ersten Reihe: Elon Musk, Tim Cook, Sundar Pichai, Jeff Bezos, Mark Zuckerberg ++ An seinem ersten Tag im Amt unterzeichnet Trump eine regelrechte Lawine an Dekreten.
In seiner gestrigen Antrittsrede versprach Trump, "das Land zu vereinen". Doch schnell änderte sich der Ton. Massiv griff er den hinter ihm sitzenden scheidenden Präsidenten Joe Biden an.
"Bis heute hatten wir eine Regierung, die unfähig ist, eine innenpolitische Krise zu bewältigen, während sie Kriminelle und Geisteskranke schützt, die aus der ganzen Welt zu uns gekommen sind. Und sie weigert sich, Amerikas Grenzen oder, was noch wichtiger ist, sein Volk zu verteidigen. Das Goldene Zeitalter beginnt jetzt, unser Land wird aufblühen, und ich werde Amerika immer an die erste Stelle setzen". "Heute ist der Tag der Befreiung. Heute beginnt eine neue Ära, heute endet der Niedergang Amerikas", sagte er. "Sie werden der Regierung wieder vertrauen können."
Es waren 2.000 Menschen im Kapitol, die ihrem Anführer zuhörten, der Großteil der Basis war draußen und versuchte, in die Capitol One Arena zu gelangen, oder hielt sich in Bars auf, um im Fernsehen das zu verfolgen, weshalb sie nach Washington gekommen waren, um es live zu erleben. Als Trump den Slogan "Make America Great Again" skandierte, ertönte in den Bars zusätzlich zum Applaus der Ruf "fight fight fight". In den Pausen, die Trump immer einstreute, um Wirkung zu erzielen, ertönte der Refrain "Amen", was die Atmosphäre der Anbetung um den Tycoon unterstrich.
"Wohlstand, Sicherheit, Frieden und Freiheit für alle", versprach Trump, "dieser 20. Januar wird als Tag der Befreiung in Erinnerung bleiben.
Schon in den Stunden zuvor hatten seine Mitarbeiter damit gerechnet, dass der Präsident während seiner Rede den nationalen Notstand an der Grenze zu Mexiko ausrufen würde, und das tat er auch: Jetzt kann er mehr Personal und sogar die Armee schicken. Und das ist noch nicht alles: Er erklärte den "Krieg gegen kriminelle Banden", dass er dem in der Verfassung verankerten "ius soli", das den Erwerb der Staatsangehörigkeit mit dem Geburtsort verknüpft, ein Ende setzen werde, dass er grünes Licht für ungezügelte Bohrungen nach fossilen Brennstoffen geben werde: "Drill baby drill" (und hier brandete ein weiteres "Amen" auf).
Er versprach, "den Green New Deal und die Anreize für Elektroautos zu beenden. Sie können die Autos kaufen, die Sie wollen".
Er versprach auch, den Golf von Mexiko in Golf von Amerika umzubenennen und den Panamakanal wieder in Besitz zu nehmen. "Eigentlich kontrolliert China den Kanal, aber wir haben ihn nicht an China zurückgegeben. Und jetzt werden wir ihn uns zurückholen", sagte Trump über die einst von den USA gebaute Wasserstraße zwischen Atlantik und Pazifik. Wie die Übernahme des Kanals vonstatten gehen soll, führte Trump in seiner Rede nicht aus. Vor einigen Tagen hatte er sogar ein militärisches Vorgehen zur Übernahme der Kontrolle über den Kanal nicht ausgeschlossen. (siehe kommunisten.de, 10.1.2025: Sheinbaum antwortet Trump: "Mexikanisch-Amerika klingt schön.")
Trump versprach auch, es nicht bei diesen irdischen Eroberungen zu belassen, sondern die us-amerikanische Flagge auf dem Mars zu pflanzen, was Elon Musk ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Dieser saß in den ersten Reihen saß, zusammen mit den so genannten Techno-Oligarchen: Jeff Bezos (Amazon), Mark Zuckerberg (Meta Platforms, Facebook), Tim Cook (Apple) und Sundar Pichai (Google LLC, Alphabet Inc.).
"Viele hielten meine Rückkehr für unmöglich", sagte Trump schadenfroh. "Nun, wie Sie sehen, bin ich hier: Das amerikanische Volk hat gesprochen. Ich stehe hier, um zu beweisen, dass das Unmögliche das ist, was wir Amerikaner am besten können. Gemeinsam werden wir das Land, das wir so sehr lieben, wiederherstellen. Ich werde für Sie kämpfen und gewinnen".
Er kündigte den Erlass von "100 Dekreten"an, um eine imperiale Präsidentschaft einzuleiten. Darunter auch jenes, das die Entlastung hunderter potenzieller Putschisten vom 6. Januar 2021 durch den ersten Präsidenten vorsieht, der sein Amt als verurteilter Verbrecher antritt. Nachdem er die ungerechte Verfolgung von Menschen überlebt habe, so Trump, sei er auch den Kugeln eines Attentäters entkommen, "von Gott gerettet, um die Vereinigten Staaten groß zu machen".
Trump bekräftigte, dass die neue amerikanische Wirtschaft auf "flüssigem Gold unter unseren Füßen" beruhen wird. Das Land wird also zur Ausbeutung seiner eigenen Energieressourcen zurückkehren, eine Aussage, die eklatant die Tatsache ignoriert, dass die USA bereits der weltweit führende Ölproduzent und der führende Exporteur von Erdgas sind.
Für die Europäer kündigt eine Passage in Donald Trumps Erklärung eine Attacke an, auch wenn die Kommission auf eine "enge Zusammenarbeit“ bei "globalen Herausforderungen“ hofft: Der 47. US-Präsident bestätigte, dass es "Zölle“ für "ausländische Länder“ geben wird, um die USA zu "bereichern“. Das ist die Ankündigung eines Wirtschaftskrieges auch gegen die EU, die eine weitgehend positive Bilanz aufweist (rund 150 Milliarden).
Universelle Zölle, die als Instrument eingesetzt werden sollen, um "einen massiven Strom ausländischer Gelder in die Staatskasse" zu generieren, sind ein Eckpfeiler des Plans von Trump. Zu diesem Zweck kündigte Trump eine Abteilung für "Auslandseinnahmen" (External Revenue Service) an, die die vom Fiskus erhobenen Steuern (Internal Revenue Service) außer Kraft setzen soll - eine Theorie, die von Wirtschaftswissenschaftlern als bizarr und potenziell destabilisierend angesehen wird.
Trump erwähnte die Automobilindustrie und bekräftigte, dass er die Produktion in die USA zurückholen wolle. Ein Schlag für Deutschland, das in die USA exportiert und das Trump bereits als Feind identifiziert hatte: "Zu viele deutsche Autos in Manhattan“.
Zwischen China und Donald Trump scheint eine unwahrscheinliche Liebesbeziehung ausgebrochen zu sein - von den Drohungen des Jahres 2017 zu den "riesigen Räumen für die Zusammenarbeit" im Jahr 2025. Am 20. Januar vor acht Jahren war nur Botschafter Cui Tiankai anwesend, um Trumps Einzug ins Weiße Haus zu feiern. Diesmal war Vizepräsident Han Zheng dabei, der ranghöchste Beamte, der je aus Peking entsandt wurde.
Dieser beispiellose Schritt kam nicht zufällig zustande, sondern nachdem Trump sogar Xi Jinping eingeladen hatte. Der chinesische Präsident lehnte erwartungsgemäß ab, aber die Entsendung von Han bedeutet eine Öffnung für den Dialog und ist ein Zeichen der gegenseitigen Bereitschaft, die Möglichkeiten der Zusammenarbeit auszuloten, die Han bei seinen Treffen mit JD Vance, Elon Musk und US-Unternehmern ansprach. Es überrascht nicht, dass die chinesischen Börsen gestern im Plus schlossen, was den Optimismus über die, wie Xi es nannte, "wichtigste bilaterale Beziehung der Welt“ zeigt.
Ebenfalls per Dekret wird, wie allgemein erwartet, die Abteilung für Regierungseffizienz (DoGE), das für die Senkung der öffentlichen Ausgaben zuständige Schattenministerium, unter dem Vorsitz von Elon Musk eingerichtet werden.
Die USA werden zu einer Militärmachtzurückkehren, erklärte Trump erneut, um "mit neuer Kraft und neuem Mut die Macht der größten Zivilisation des Planeten zu demonstrieren". Zu diesem Zweck kündigte er einen neuen "Wiederaufbau des Militärs" an. Tatsächlich belaufen sich die Militärausgaben des Landes bereits auf eine Rekordsumme von 820 Milliarden Dollar pro Jahr (3,5 Prozent des BIP und 13 Prozent der Staatsausgaben). Die militärische Macht bleibt ein zentraler Aspekt der Pax Trumpian "der gewonnenen Kriege, der beendeten Kriege und der verhinderten Kriege", sagte er gestern.
Die Ukraine erwähnte Trump in seiner Antrittsrede nicht und erwähnte auch nicht Grönland, das er in den letzten Wochen als mögliche Beute der USA angegriffen hatte.
Der Widerhall dieser Versprechen lag noch in der Luft, als wenige Minuten nach Trumps Vereidigung eine Klage eingereicht wurde, in der behauptet wird, dass Elon Musks "Department of Government Efficiency" (DoGE) gegen bundesstaatliche Transparenzvorschriften verstößt, und damit ein Rechtsstreit über einen zentralen Aspekt der Agenda der neuen Regierung eingeleitet wurde.
Die 30-seitige Klageschrift stammt von der Anwaltskanzlei National Security Counselors und wirft dem nichtstaatlichen Ausschuss DoGE vor, gegen ein Gesetz aus dem Jahr 1972 zu verstoßen, das vorsieht, dass beratende Ausschüsse der Exekutive bestimmte Regeln in Bezug auf Offenlegung, Einstellung und andere Praktiken einhalten müssen: alles Punkte, die DoGE nicht unternommen haben soll.
Erste Dekrete
An seinem ersten Tag im Amt unterzeichnete Trump eine regelrechte Lawine an Dekreten, zudem sollen mindestens 1.000 Mitarbeitende gefeuert werden.
- Noch am Montag wenige Stunden nach seiner Vereidigung kündigte Trump den Austritt der USA aus der Weltgesundheitsorganisation WHO an.
- Er unterzeichnete ein Schreiben an die Vereinten Nationen zur Kündigung des Pariser Klimaschutzabkommens zur Begrenzung der Erderwärmung. Der Austritt wird wie bei der WHO laut Vertrag nach einem Jahr wirksam.
- Trump hebt Sanktionen gegen gewalttätige israelische Siedler im Westjordanland auf.
- Kuba ist wieder auf US-Terrorliste
Vor wenigen Tagen erst strich Trumps Vorgänger Joe Biden den Karibikstaat Kuba von der US-Terrorliste. Der frisch vereidigte Trump hat das nun wieder rückgängig gemacht. - Trump hat den nationalen Notstand an der Südgrenze verhängt und dem Verteidigungsminister die Befugnis erteilt, Soldaten zu entsenden, um diesem Notstand zu begegnen. Es soll keine illegale Zuwanderung mehr über die Südgrenze in die USA geben, so das erklärte Ziel.
- Er hat den Ausbau von Grenzbefestigungen zu Mexiko angeordnet.
- Die mexikanischen Drogenkartelle werden zu "terroristischen Organisationen" erklärt, eine Bezeichnung, die militärische und geheime Operationen auf mexikanischem Gebiet erlaubt.
- Das Heimatschutzministerium wurde angewiesen, alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um Zugewanderte ohne Bleiberecht abzuschieben. Nicht registrierte Personen sollen identifiziert werden.
- Das Recht von in den USA geborenen Kindern von Migrant:innen ohne Aufenthaltsstatus, automatisch die Staatsbürgerschaft zu bekommen, wird abgeschafft.
- Es wird überprüft, ob sich China an das 2020 geschlossene Handelsabkommen hält. Behörden sollen die Handelspraktiken von Partnern unter die Lupe nehmen, um gegebenenfalls Zölle oder andere Maßnahmen zu verhängen. Auch das Freihandelsabkommen mit Mexiko und Kanada lässt er überprüfen.
- Im Fall von Kanada und Mexiko kündigte er an, Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Produkte aus diesen Ländern ab 1. Februar verhängen zu wollen.
- Trump hat einen nationalen Energienotstand erklärt. Das soll die Nutzung natürlicher Ressourcen wie Öl, Gas, aber auch von Uran, Kohle und kritischen Rohstoffen vereinfachen und Genehmigungsverfahren beschleunigen, etwa für den Bau von Pipelines.
- Er hat angeordnet, die Förderung und Produktion natürlicher Vorkommen wie Öl und Gas in Alaska zu "maximieren" und Projekte schneller zu genehmigen.
- Der Video-App TikTok wurde ein Aufschub gewährt, um die Eigentümerstruktur neu zu organisieren. Trumps Plan ist, dass die USA einen Anteil von 50 Prozent an der App bekommen sollen.
- Auf seiner Plattform Truth Social hat Trump die Entlassung von mehr als 1.000 ranghohen Mitarbeiter:innen und Berater:innenn der Regierung angekündigt, die von seinem Vorgänger Joe Biden ernannt worden waren. In Großbuchstaben schrieb Trump am Ende des Postings: "YOU'RE FIRED" (deutsch: "Ihr seid gefeuert").
Insgesamt ein Programm, das unweigerlich gerichtliche Anfechtungen nach sich ziehen wird, aber für die Trump'sche Präsidentschaft bezeichnend ist: Ein Plan für absolute plutokratische Macht (der gestern von den Techno-Oligarchen in der ersten Reihe verdeutlicht wurde), der auf der Rückkehr zu einem vereinfachten Konzept eines hegemonialen und kulturell reaktionären Amerikas beruht, in dem die triumphalistische Rhetorik der Dreh- und Angelpunkt der Konsensbildung in einem autoritären Regime sein soll und sich auf ein neues "manifestes Schicksal" stützt. Es wird die USA, so Trump, dazu bringen, "die Sternenflagge auf dem Mars zu pflanzen".