"Der grosse Kanton: Rise & Fall of the BRD" war eine interdisziplinäre Konferenz, die am 5. und 6. Dezember in Zürich stattfand. Die Konferenz setzte sich kritisch mit der bundesrepublikanischen Gesellschaft, Erinnerungskultur und Staatsräson auseinander.
Die Nachkriegszeit ist endgültig zu Ende gegangen. Die Erfolgsgeschichte der BRD, die "Wiedergutwerdung der Deutschen", schien weltweit Orientierung zu bieten für eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der eigenen Gewaltgeschichte. Historische Aufarbeitung, kritischer Diskurs und weltoffene Kulturinstitutionen (wie u.a. die Documenta in Kassel) sollten dazu beitragen, dass die BRD international als Modell auftreten konnte im Streben nach Freiheit und Demokratie.
Die Ära der BRD endet nicht mit ihrer Auflösung, sondern, indem lange ausgehandelte Normen ausgehöhlt werden und der erinnerungspolitische Konsens zerbricht. Das Bekenntnis zur eigenen Gewaltgeschichte als Voraussetzung für ein offenes, dem Nationalismus endgültig abschwörendes und einwanderungsfreundliches Deutschland verschmilzt mit einer zunehmenden Ressentimentproduktion gegen Zuwander:innen – ihnen wird nun die Schuld an allem zugeschoben, was dem Selbstbild einer geläuterten Nation widerspricht. Gesellschaftlichem Dissens wird mit zunehmend autoritären Mitteln begegnet, als liesse sich eine liberale Demokratie auf illiberale Weise schützen und verteidigen. Das Völker- und das Menschenrecht, das aus den Ruinen des Weltkriegs, als Lehre von Auschwitz sowie der Entkolonisierung entstand, wird politischem Kalkül unterworfen. Die pluralistische Kultur des Landes wird einer sogenannten Staatsräson geopfert, die das postnazistische Selbstverständnis erschüttert und die bundesrepublikanische Gesellschaft tief spaltet.
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