01.06.2021: Parlamentswahlen in Zypern: Die Disy des konservativen Präsidenten Anastasiades bleibt trotz Skandalen die stärkste Partei ++ Ultrarechte gestärkt ++ Verluste für die Linken ++ Kommunisten kommen "nur" auf 22,3 %, für AKEL das schlechteste Ergebnis seit der Unabhängigkeit Zyperns 1960.
Alle Vorhersagen besagten, dass die Disy-Partei des Präsidenten der Republik Zypern Nikos Anastasiades hart abgestraft werden würde. Der Skandal um die zypriotischen (und damit europäischen) Staatsbürgerschaften, die jahrelang von Anwaltskanzleien, die eng mit dem regierenden rechten Lager verbunden sind, an zweifelhafte Personen verkauft wurden, ist noch frisch. Der Skandal führte zum Rücktritt des Parlamentspräsidenten (Disy), aber Anastasiades schaffte es, den Rückgang der Wählerstimmen auf nur 2,8% einzudämmen, so dass die zypriotische Rechte mit 27,7% weiterhin die führende Partei der Insel ist.
Die Verluste auf der rechten Seite gingen auf direktem Weg zu Elam, der neofaschistischen Partei, die als zypriotischer Ableger der griechischen Goldenen Morgenröte entstanden ist. Nach der Verurteilung der Nazis in Athen setzte Elam alles daran, sich von den Kumpanen in Griechenland unabhängig zu machen. Offensichtlich ist es gelungen: Elam erreichte beunruhigende 6,7%. Mit diesen Stimmen scheinen die zypriotischen Faschisten einen festen Platz im politischen System der Insel gewonnen zu haben.
Unerwartete 6% erreichte eine neue Formation, Dipa, die aus Splittern der Mitte-Links-Partei Diko entstand und generös von der Rechten unterstützt wurde. Die Dipa zeichnet sich dadurch aus, dass sie eine Partei der Honoratioren ist, die kein eigenes Programm und keine eigene Politik hat, sondern bereit ist, klientelistische Forderungen zu erfüllen.
Die Parteien der Linken sind die großen Verlierer. Die kommunistische Akel hoffte, die Proteststimme gegen Anastasiades zu bekommen. Stattdessen stürzte sie auf den niedrigsten Stand aller Zeiten, "nur" 22,3 Prozent. Die zypriotischen Wähler*innen sind immer noch enttäuscht von der schlechten Regierungsführung des kommunistischen Präsidenten Dimitris Christofias", kommentierte ein zypriotischer Diplomat. Die von Dimitris Christofias geführte Regierung (Februar 2008 bis Februar 2013) war mit der Finanz- und Bankenkrise konfrontiert und musste auf Druck der Europäischen Union die Kund*innen von Banken - von den Normalverdier*innen über die alleinerziehende Mutter, die Rentner*innen und die mittellosen Student*innen - für die Rettung der Banken bezahlen lassen und staatliche Firmen und Dienstleistungen privatisieren. Außerdem wurde ihm die schwere Munitionsexplosion auf der Marinebasis Evangelos Florakis im Juli 2011 zur Last gelegt.
"Das Wahlergebnis ist für AKEL sehr schlecht. … Unabhängig vom Wahlergebnis werden wir jedoch weiterhin mit derselben Konsequenz alles verteidigen, was unsere ideologische und parteipolitische DNA ausmacht: die Rechte der Arbeiter zu verteidigen, der institutionellen Korruption zu widerstehen, die das Markenzeichen der Regierung Anastasiades-Syarmos ist, und mit Hingabe dem Ziel einer Regelung der Zypernfrage zu dienen."
Erklärung von AKEL
Aber auch die anderen linken Gruppen in Zypern verloren stark: Diko erreichte 11,4%, die Sozialistische Partei Edek 6,7% und die Ökologen 4,4%.
Zypern ist eine Präsidialrepublik und Parlamentswahlen haben keine unmittelbaren Konsequenzen für die Regierung. Anastasiades' zweite Präsidentschaft wird im Februar 2023 auslaufen.
Der zypriotische Präsident Nikos Anastasiades kann sich durch den Wahlausgang gestärkt fühlen, vor allem im schwierigen Ringen mit Ankara um den Abzug der Truppen aus dem Norden der Insel, wo sie seit der Invasion 1974 stationiert sind. Erdogan und sein Mann in den besetzten Gebieten, der türkisch-zypriotische Ersin Tatar (verurteilt wegen Finanzverbrechen in London), lehnen jeden Vorschlag einer Wiedervereinigung der Insel ab und setzen auf die internationale Anerkennung des türkisch-zypriotischen Marionettenstaats. Die Vereinten Nationen, die seit einem halben Jahrhundert vermitteln, drängen auf eine föderative Lösung.