04.08.2020: Mehrere linke und kommunistische Parteien sowie Gewerkschaften der Großregion Lothringen, Luxemburg, Wallonie und Saarland haben in einer gemeinsamen Erklärung den Umgang des Daimler-Konzerns mit den Beschäftigten des Smart-Werkes im lothringischen Hambach scharf kritisiert. Dort heißt es: "Die Entscheidung des Daimler-Konzerns, seinen Standort in Hambach zu verkaufen, ist ein schwerer Schlag für eine ganze Region. Der Konzern kündigte bereits im April 2019 eine Verlagerung der Produktion nach China an. Dies zeugt von einem Managementmodell, das Mitarbeiter und Bevölkerung dem alleinigen Interesse der Aktionäre opfert. Wir lehnen diese destruktive Logik ab."
Erklärung:
Forderung nach einem neuen Modell der industriellen Zusammenarbeit
Die Entscheidung des Daimler-Konzerns, seinen Standort in Hambach zu verkaufen, ist ein schwerer Schlag für eine ganze Region. Der Konzern kündigte bereits im April 2019 eine Verlagerung der Produktion nach China an. Dies zeugt von einem Managementmodell, das Mitarbeiter und Bevölkerung dem alleinigen Interesse der Aktionäre opfert. Wir lehnen diese destruktive Logik ab.
Die Art und Weise der Entscheidung des Konzerns, der Standort des Werkes, wie auch die starke Resonanz dieses Industrieprojekts, das 1997 von Helmut Kohl und Jacques Chirac mit großem Pomp eröffnet wurde, verleihen diesem sozialen Erdbeben eine deutsch-französische und europäische Dimension. Dieses Werk ist eine moderne industrielle Errungenschaft, größtenteils finanziert durch öffentliche Beiträge. Und das seit seiner Gründung. Damit kann man zumindest von einer "public private partnership" ausgehen!
Die fortschrittlichen politischen und gewerkschaftlichen Kräfte, Frauen und Männer der Linken und Umweltschützer müssen auf eine solche Situation reagieren. Zuallererst bezeugen wir unsere volle Solidarität mit den Beschäftigten, die ihre Arbeitsplätze verteidigen. Wir fordern die jeweiligen Regierungen auf, den Verkauf des Werkes zu verhindern.
In einer schweren sozialen, wirtschaftlichen und politischen Krise schadet die Entscheidung des Daimler-Konzerns nicht nur den Beschäftigten und der davon betroffenen Bevölkerung, sondern auch den deutsch-französischen Beziehungen und dem europäischen Gedanken. Die Verlagerung der Produktion, die Ingangsetzung einer Konkurrenz unter den Beschäftigten über die Grenze hinweg trägt zur Ablehnung von Politik, von Europa bei und fördert den Aufstieg nationalistischer Ideen. Ebenso tragen sie zur Verarmung der Bevölkerung und zu sozialem Rückschritt bei.
Daniel Muller, Bürgermeister im 3.000-Einwohner-Ort Hambach, sieht eine Gefahr für die Zukunft. "Es ist eine soziale und ökonomische Katastrophe. Wir haben hier im gemeinsamen Verbund mit Saargemünd viel investiert, auch in die Infrastruktur und in dem Gewerbegebiet Europol, wo Mercedes sitzt. Diese Investitionen werden sich dann nicht wirklich auszahlen." Der britische Chemiekonzern Ineos ist am Kauf des Werks interessiert. Das Unternehmen will angeblich ein Land-Rover-Modell nachbauen. Am 24. Juli demonstrierten rund 1.500 Beschäftigte, Gewerkschaftsvertreter*innen und Politiker*innen in Saargemünd. Ihre Forderung: Die 1.600 Arbeitsplätze im Smart-Werk und bei den Zulieferern müssen erhalten bleiben. An der Demonstration beteiligten sich auch IG Metall-Mitglieder von Daimler in Sindelfingen. Nicole Trisse, Abgeordnete in der französischen Nationalversammlung für den Wahlkreis Saargemünd, betonte, die Bedeutung von Smartville für die Region sei enorm. Smart sei das Herzstück des Arbeitsmarktes und hochmodern. Ein Vertreter der französischen Gewerkschaft CGT sagte, Daimler habe mit dem »Pakt 2020« langfristige Arbeitsplatzgarantien für den Standort gegeben. Ein möglicher Käufer müsse diesen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen übernehmen. Bisher gebe es zu wenige Informationen über den möglichen Käufer Ineos. Es sei unklar, ob das Unternehmen 1.600 Jobs am Standort sicheren könne. |
Die Zukunft des Automobils in Europa ist eine strategische Frage. Dies erfordert neue Antworten, die soziale und ökologische Anforderungen miteinander verbinden. Das stellt die alleinigen Forderungen der Aktionäre in Frage. Auf europäischer Ebene sind neue Kooperationen und neue Managementmethoden erforderlich, bei denen die öffentlichen Instanzen und Arbeitnehmervertreter in strategische Entscheidungen einbezogen werden. Wir müssen die Logik des Finanzmanagements verlassen, um uns den neuen Herausforderungen zu stellen. Die Mobilisierung von Ressourcen im Dienste eines saubereren und sparsameren Fahrzeugs (thermischer oder elektrischer Motor) muss mit einer Rückverlagerung der Produktion und einer Verkürzung der Arbeitszeit (32 Stunden-Woche, Rente mit 60) einhergehen.
Die Coronavirus-Krise hat die Brüchigkeit des aktuellen Modells wirtschaftlicher Entwicklung und die Dringlichkeit einer Abkehr von der neoliberalen Politik deutlich gemacht. Die Unterzeichnerparteien und -organisationen und die Bürgerinnen und Bürger fordern die französische und deutsche Regierung sowie die europäischen Instanzen auf, Daimler zu zwingen, den Verkaufsprozess einzustellen.
Die politischen Instanzen der Staaten und Europas müssen sich im Spiel der großen Automobilkonzerne durchsetzen, damit diese ihre Strategien neu ausrichten, um den sozialen und ökologischen Anforderungen Rechnung zu tragen und über freien Wettbewerb hinausgehen.
Wir wollen ein Europa, das die Zusammenarbeit fördert und den Wettbewerb verringert, der sowohl den Mitarbeitern als auch dem sozialen Fortschritt schadet.
24. Juli 2020
Quelle: DKP Saarland http://www.sozialismuss.de/dkp/