13.11.2024: Schwere Krise, aber nicht der von Miami angekündigte "Zusammenbruch". Die Insel blickt sorgenvoll auf die nächsten vier Jahre. Und Putin bietet seine wohlwollende Hilfe an
Von Roberto Livi (Havanna)
Ende Oktober und Anfang November wurde Kuba von zwei starken Wirbelstürmen und einem politischen Sturm - der Wahl von Donald Trump - heimgesucht, dessen Auswirkungen in den nächsten vier Jahren noch nachwirken werden.
Die Insel hat auf die Verwüstungen durch die beiden Wirbelstürme Oscar (21.10.) und Rafael (6.11.) mit großer Widerstandsfähigkeit reagiert. Es gab nur - wenn auch schmerzliche - sieben Todesopfer (bei Oscar), und das Strom- und Wasserversorgungssystem wurde weitgehend wiederhergestellt. Mehr als 70 Prozent der Bevölkerung erhalten nun Licht und Wasser, die Evakuierten wurden wieder eingegliedert, und die Reparaturarbeiten an den betroffenen Gebäuden haben begonnen. Eine außergewöhnliche Leistung, wenn man bedenkt, dass die Opposition in Miami verkündet hatte, dass das sozialistische Kuba "kollabiert".
Tatsächlich befindet sich die Insel seit Monaten in einer beispiellosen Wirtschaftskrise mit praktisch leeren Regalen, einer anhaltenden Inflation im zweistelligen Bereich, einem Produktionsrückgang in allen Sektoren und der Notwendigkeit, 80 Prozent der verbrauchten Lebensmittel zu kaufen. Mitte Oktober wurde die gesamte Insel von einer Reihe von Pannen im Stromerzeugungssystem heimgesucht, das aus veralteten thermoelektrischen Kraftwerken besteht und unter einem akuten Brennstoffmangel leidet. Die beiden Wirbelstürme wüteten gegen einen Stromversorger, der versuchte, seine thermoelektrischen Anlagen wieder in Gang zu bringen. Am Sonntag kamen die Schäden durch ein Erdbeben der Stärke 6 in der östlichen Region Granma hinzu.
Vor diesem dramatischen Hintergrund erscheint es noch schwieriger, mit den Folgen des Sturms Trump umzugehen. In seiner ersten Amtszeit - 2016-2020 - hatte er mehr als 200 präsidiale Maßnahmen in das Gesetzeswerk des Bloqueo (Helms-Burton-Bundesgesetz) aufgenommen, um Kubas Wirtschaft zu strangulieren und Hunger und Verzweiflung zu verursachen, damit sich die Bevölkerung erhebt (das erklärte Ziel des Embargos). Unter anderem hatte Trump eine Art Seeblockade der Insel angeordnet, um Öllieferungen zu verhindern, und inmitten von Covid ein chinesisches Schiff blockiert, das Spritzen für die Injektion kubanischer Impfstoffe (Abdala und Soberana2) und Masken geladen hatte. Bidens demokratische Regierung hielt an den von Trump verhängten Ausnahmemaßnahmen rücksichtslos fest, darunter der Aufnahme Kubas auf die Liste der Länder, die den Terrorismus begünstigen.
Die Folgen für die Bevölkerung sind schwerwiegend: Das Durchschnittsgehalt von etwa 5.000 Pesos pro Monat (ca. 15 Euro zum Schwarzmarktkurs) reicht nicht aus, um einen einzelne Person zu ernähren, geschweige denn eine ganze Familie. Am härtesten trifft es die Rentner, von denen einige an den Rand des Verhungerns gedrängt werden. Im Grunde genommen gibt es neben der Wirtschaftskrise auch eine noch nie dagewesene soziale Krise: Anders als in der Vergangenheit glaubt ein großer Teil der Bevölkerung nicht an die Wirksamkeit der von der Regierung durchgeführten Maßnahmen.
Trotz der massiven Propaganda der Anti-Castro-Opposition in Miami gibt es jedoch keine Anzeichen einer Revolte. Die seit Wochen andauernden Proteste zielen auf ein ganz konkretes Ziel ab: die Wiederherstellung von Wasser und/oder Strom. Ein klares Zeichen dafür, dass die Gegenparolen nicht ankommen.
Die konkreteste und massivste Form des Protests ist die Auswanderung, die vor allem unter jungen Menschen die Dimension einer Massenflucht hat. In den letzten zwei Jahren sind schätzungsweise 1,8 Millionen Kubaner ausgewandert. Das sind etwa 15% der Bevölkerung.
Die republikanische Falken drohen nun damit, dieses kubanische Überdruckventil zu schließen. Der Kampf gegen die illegale Einwanderung wird rücksichtslos sein, Millionen illegaler Einwanderer werden abgeschoben, droht Trump. Ein fremdenfeindliches Rezept, das nach Ansicht verschiedener Analysten nicht die gewünschten Folgen haben wird.
In der Tat ist die Mehrheit der kubanischen Bevölkerung pragmatisch, sie glaubt nicht im Geringsten, dass die Versprechen von Freiheit und Demokratie, die von den USA gemacht werden, ihre Probleme lösen können: Essen in die Kantinen und Licht in die Häuser zu bringen, zum Beispiel. Niemand glaubt, dass der Tycoon Musk bereit ist - wie er es für Trumps Präsidentschaftskampagne getan hat - die vielen hundert Millionen zu verschenken, die nötig wären, um Kubas thermoelektrische Kraftwerke zu modernisieren, geschweige denn in die landwirtschaftliche Produktion zu investieren oder, ganz einfach, die maroden Straßen der Insel zu reparieren.
Derjenige, der sofort reagierte, war der russische Präsident Wladimir Putin. Letzte Woche traf Vizepremier Dmitri Tschernyschenko an der Spitze einer Delegation der russisch-kubanischen Regierungskommission in Havanna ein und wurde von Präsident Díaz-Canel begrüßt. Der stellvertretende Ministerpräsident kündigte an, Kuba (auf Kredit) 800.000 Tonnen Diesel für die thermoelektrischen Kraftwerke der Insel zu schicken sowie eine Reihe von dringend benötigten Ersatzteilen im Wert von zwei Millionen Dollar zu schenken.
Zuvor, Mitte Oktober, hatte Putin bereits einen wichtigen Schritt getan: Auf seine Vermittlung hin wurde Kuba auf dem Gipfel in Kazan als assoziiertes Land in den BRICS-Block aufgenommen. Damit öffnete sich für Havanna eine wichtige Tür, die nicht nur beweist, dass Kuba nicht international isoliert ist, wie es die Miami Contra seit Wochen propagiert. Es würde der Insel auch die Möglichkeit geben, ihre Produkte auf Märkte zu exportieren, die weniger durch das US-Embargo bedroht sind, und für ihren Handel eine andere Währung als den Dollar zu verwenden (der ebenfalls durch die US-Blockade behindert wird).
In der ausgestreckten Hand Putins steckt wenig Ideologisches (Rettung des Sozialismus), sondern viel Geostrategisches. Moskau hat nicht die Absicht, einen potenziell wertvollen und auf jeden Fall wichtigen Verbündeten im Stich zu lassen, wenn es darum geht, den lateinamerikanischen Subkontinent in die nun offene Herausforderung des BRICS-Blocks an das krisengeschüttelte US-Imperium einzubinden.
Doch erst nach Trumps Amtsantritt im kommenden Januar wird sich beurteilen lassen, welches geostrategische Gewicht Kuba in Putins Augen, v.a. in Hinsicht auf den Krieg in der Ukraine, hat.
übernommen von il manifesto, 12.11.2024
https://ilmanifesto.it/su-cuba-due-uragani-e-la-tempesta-del-voto-usa
eigene Übersetzung
Bilder von kommunisten.de eingefügt