29.08.2019: Ein Forschungsteam mit Benjamin Ferschli, Daniel Grabner und Hendrik Theine von der Wirtschaftsuniversität Wien und der Universität Linz hat die Eigentumsstrukturen und die daraus ableitbare Verfügungsgewalt der Medien untersucht. "Die Konzentration der Medien (Tageszeitung, Fernsehen, Online) hat in den letzten dreißig Jahren kontinuierlich zugenommen, es sind gerade mal eine Handvoll Verleger, die den Medienmarkt in Deutschland kontrollieren", stellen sie im jetzt veröffentlichten isw-report Nr.118 fest.
Die ökonomische Fundierung deutscher Medienunternehmen auf Privateigentum habe sich in Form der Eigentumskonzentration und der sich ergebenden Machtverhältnisse im Medienbereich über Jahrzehnte etabliert und kontinuierlich fortgesetzt, heißt es weiter. Diese Konzentration zeige sich im Wirken der Medien, politischen Einfluss auszuüben und das in der Öffentlichkeit vorherrschende Meinungsspektrum zu bestimmen. Die Autoren belegen mit Beispielen, "wie Medienunternehmen mit ihrer Einflussnahme den ideologischen Unterbau für eine liberale Wirtschaftsordnung liefern".
In ihren Recherchen stellen die Autoren einen radikalen Umbruch des deutschen Mediensystems fest, der sich am massiven Aufkommen von Digitalisierung und Internet, neuer Akteure und Großunternehmen erkennen lässt. Neue Geschäftspraktiken, die gesellschaftlichen Veränderungen und die Dauerkrise im Finanz- und Wirtschaftssektor bestimmen die ambivalente Entwicklung im Mediensystem. Die Autoren verweisen auf die Kosteneinsparungen in den Medienhäusern, die neben den Kürzungen redaktioneller Ressourcen und dem Abbau von Stellen auch Einfluss auf die Arbeit der Journalist*innen hat: sie sind mehr und mehr dazu angehalten, ständig und möglichst schnell Inhalte zu verfassen und zu publizieren, eigenständige Recherchen werden schwieriger, die Arbeitsbelastung steigt.
Aus gewerkschaftlicher Sicht ergänzt der Gastautor Holger Artus in seinem Beitrag die Veränderungen in der Druckindustrie, die sich in einem Rückgang von Produktionsmenge und -wert bei Zeitungen, Zeitschriften und Anzeigenblättern zeigen und geht auf die sich verändernden Arbeitsbedingungen in der Druckindustrie ein.
Die Autoren verweisen auf die idealisierte, widersprüchliche Rolle der Medienindustrie als demokratische Institution und auf ihre Doppelrolle: Einerseits ist sie Bestandteil des wirtschaftlichen Gesamtprozesses und formt diesen mit ihrem enormen Machteinfluss mit, andererseits hat sie die in vielen Ländern in der Verfassung festgeschriebene, demokratische Rolle in der Bereitstellung von Information für Bürger*innen und der öffentlichen Kontrolle von Staatsorganen.
Die Analyseergebnisse entsprechen der grundlegenden Annahme der Kritischen Politischen Ökonomie der Medien, dass kommerzielle Medienunternehmen weit mehr geneigt sind, ihre Rolle als profitgetriebene Unternehmen im Rahmen der kapitalistischen Produktionsweise nachzugehen, als ihrer Rolle als demokratische Grundinstitution nachzukommen.
Zur Politischen Ökonomie der Medien in Deutschland
isw-report 118, 23. August 2019
Autoren: Benjamin Ferschli, Daniel Grabner, Hendrik Theine & Holger Artus (Gastautor)
40 Seiten, 4,00 Euro zzgl. Versand
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