17.09.2016: „Der Erich-Mühsam-Preis wird in diesem Jahr verliehen an Konstantin Wecker, Liedermacher, Poet, philosophierender Musiker, musizierender Philosoph, Aktivist, Anarchist“, so heißt es u.a. in der Begründung der in Lübeck ansässigen Erich-Mühsam-Gesellschaft. „Wecker ist ein Anarchist im Sinne Mühsams. Er rüttelt die Menschen auf und prangert Missstände in der Gesellschaft. Damit soll sein Eintreten für Frieden, Menschenrechte und gegen Fremdenhass gewürdigt werden“, sagte der Vorsitzende der Erich-Mühsam-Gesellschaft, Lienhard Böhning.
Die Auszeichnung wird seit 1993 alle drei Jahre vergeben. Damit soll das Andenken an den in Lübeck aufgewachsenen Schriftsteller Erich Mühsam (1878-1934) geehrt werden, der sich zeitlebens für Frieden, Menschenwürde und soziale Gerechtigkeit eingesetzt hat. Mühsam war 1918 maßgeblich an der Ausrufung der Münchner Räterepublik beteiligt. Im Juli 1934 wurde er im KZ Oranienburg ermordet.
Zu früheren Preisträgern des Preises gehören u.a. der Kabarettist Dietrich Kittner (1999), der afroamerikanische Journalist Mumia Abu-Jamal (2001), die Tageszeitung „Junge Welt“ (2003) und der Initiator der Aktion „Stolpersteine“, Gunter Demnig (2009).
„Sich fügen heißt lügen“
„Ich will die Feigheit brennen sehen, man muss sich wehren solang man kann. Denn wer sich fügt, der fängt bereits ganz insgeheim zu lügen an.“ So Konstantin Wecker 1978 in seinem Klassiker „Wer nicht genießt, ist ungenießbar“. Angelehnt war dieser einprägsame Vers an einen Spruch Erich Mühsams: „Sich fügen heißt lügen“.
Anlässlich der Preisverleihung schreibt Konstantin Wecker:
„Liebe Freunde,
was für eine Ehre und große Freude: Die Erich Mühsam-Gesellschaft hat mir den Erich-Mühsam-Preis verliehen, der alle drei Jahre vergeben wird.
Ich liebe Mühsam seit ich Gedichte zu lesen begann, ich war und bin erschüttert über all das, was dieser aufrechte und liebenswerte Anarchist erdulden musste.
Gefängnis und Folter konnten ihn nicht brechen, und als seine Folterknechte im KZ Oranienburg seinen Selbstmord verlangten, weigerte er sich. Sie haben ihn zu Tode gequält und dann aufgehängt.
Er verkörperte all das, was den Nazis zuwider war: er war Jude, Anarchosyndikalist, Freigeist und vor allem war er ein warmherziger Mensch.
Dieser mutige Mann wurde als Schüler wegen „sozialdemokratischer Umtriebe“ der Schule verwiesen – ach wären die Sozialdemokraten doch wieder umtriebig -, er war in der Roten Hilfe tätig, er hat sich nie verbiegen lassen.
Zusammen mit Ernst Toller und Gustav Landauer gehörte er zu den Initiatoren und Anführern der ersten Phase der Münchner Räterepublik ab dem 7. April 1919.
Bereits am 13. April 1919 wurde er deswegen verhaftet.
„Sich fügen heißt lügen“ war sein Lebensmotto.
Erich Mühsam hat sich sein Leben lang nicht gefügt. Schon früh hatte er eindringlich vor der unheilbringenden Gefahr des Faschismus gewarnt und gehörte zu den ersten und bekanntesten Opfern. Am 10. Juli 1934 wurde er im KZ Oranienburg ermordet. Sein Name wurde zum Synonym für Menschlichkeit, Würde und Widerstand gegen Unrecht.
Wenn die Erich-Mühsam-Gesellschaft schreibt, ich sei in seinem Sinne ein Anarchist, der weiterhin an eine herrschaftsfreie Gesellschaft glaubt, dann fühle ich mich sehr geehrt.“
Die öffentliche Preisverleihung findet statt am Freitag, den 14. Oktober 2016 um 18.00 Uhr
in der Musik- und Kongresshalle Lübeck (MuK),Willy-Brandt-Allee 10 statt. Eintritt frei (Einlass ab 17.30 Uhr ).
Im Anschluss daran wird Konstantin Wecker in der Musik- und Kongresshalle ein Konzert geben.
Text: gst Foto: Metropolico.org