24.10.2015: Seit fünf Jahr arbeitet die Gruppe „Kinder des Widerstandes“. Die Gruppe entstand auf Initiative von vier Frauen, alle vier Töchter von Widerstandskämpfern und -kämpferinnen. Das sind Alice Czyborra (Gingold), Traute Sander (Burmester), Inge Trambowsky (Kutz) und Klara Tuchscherer (Schabrod). Sie wurden unterstützt von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschist/innen. Der Name der Gruppe ist Programm: „Kinder des Widerstandes“ wollen dem antifaschistischen Kampf ein persönliches Gesicht geben, zeigen was Widerstand, Verfolgung, Inhaftierung, Folter und Terror für den einzelnen Menschen und dessen Familien bedeutete. Und zwar vor wie nach 1945. Jetzt ist die Broschüre dazu erschienen.
Aus dem Vorwort von Florence Hervé
Acht Kinder von Verfolgten des Naziregimes und WiderstandskämpferInnen, melden sich zu Wort und erzählen die Geschichte ihrer Eltern.
Sie kommen aus kommunistischen, zwei aus jüdischen Familien. Sie sind Nachkriegskinder, haben die Nazizeit und den Widerstand der Eltern nicht unmittelbar miterlebt, und wenn, versteckt oder im Kinderheim.
Sie haben allerdings erlebt, wie die westdeutsche Nachkriegsjustiz die Verfolgung der Naziverbrecher nur widerwillig und nachlässig betrieb. Sie haben die Konflikte der Eltern mit der Adenauer-Justiz in den Zeiten des Kalten Kriegs (Inge Trambowsky) erfahren: Hausdurchsuchungen, die Nicht-Anerkennung der deutschen Staatsbürgerschaft, die Verweigerung eines Passes. Manche wurden gar Opfer des sog. Radikalenerlasses und mit Berufsverbot belegt.
Sie haben auch das Engagement der Eltern erlebt, damit nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg stattfindet. Sie haben viele Ereignisse mitbekommen, manchmal ohne zu begreifen (Christa Broecher), und von den Eltern vermittelt bekommen: „Man muss sich einmischen“ (Margret Rest).
Viele der „Kinder“ haben sich auch selber gegen Wiederaufrüstung für Frieden engagiert, waren bei den Protesten gegen Nazis, bei Ostermärschen, beim „Kampf dem Atomtod“ dabei.
Die „Kinder des Widerstands“ stehen in der Nachfolge von wunderbaren Menschen. Heute sehen sie sich mit der Frage konfrontiert, wie die Gesellschaft damit umgeht. Und sie stellen sich selber der Frage, wie sie mit dem Schicksal der Eltern umgehen sollen: „Wie kann ich die Kraft aufbringen, dieses geistige, kulturelle, soziale und politische Erbe meiner Eltern anzutreten und ihm gerecht zu werden?“ (Gert Lévy)
Was wollen sie?
Erinnern an den Widerstand und die Verfolgung der Eltern und Großeltern – auch sie würdigen (Alice Czyborra). Erfahrungen weitergeben. Sie wollen, dass die Erlebnisse der Eltern nicht vergessen, diese rehabilitiert (Traute Sander) und als Verfolgte anerkannt werden. Es geht um deren Würde und die Anerkennung des politischen Widerstands jedes Einzelnen. Sie sind zu Recht stolz, denn ihre Eltern haben sich dem Faschismus nicht gebeugt, sie waren unangepasst und leisteten Widerstand.
Die Nachgeborenen wollen zeigen, was Widerstand, Verfolgung, Inhaftierungen, Folter und Terror für den Einzelnen und dessen Familien bedeutet (Barbara Simoleit).
Sie verstehen Antifaschismus als Aufgabe, sich gegen Geschichtsfälschung zu wehren und gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit etwas zu tun.
Es geht eben nicht nur um die Erinnerung an die Vergangenheit und die ungesühnten Opfer. „Nicht die Asche, die Flamme sollten wir weitertragen“, zitiert Klara Tuchscherer ihren Vater Karl Schabrod.
Es geht darum, der Verharmlosung des Faschismus entgegenzutreten, und rechtsextremistische Umtriebe zu bekämpfen. Es geht darum, sich gegen menschenunwürdige Zustände zu wehren, und für eine andere Welt zu streiten.
Die meisten WiderstandskämpferInnen – ZeitzeugInnen - sind heute tot. Die Ewiggestrigen, und Leugner der Naziverbrechen gibt es heute noch immer. Umso wichtiger ist es, diese lange verborgene Geschichte zu vermitteln und dem Widerstand ein Gesicht zu geben.
Diese Erinnerung führt zur Hoffnung auf eine humane, friedvolle und solidarische Welt. Es ist eine Erinnerung für die Zukunft.
Es ist zu hoffen, dass viele weitere Geschichten folgen und die Kinder des Widerstands Gehör finden.
siehe auch: Aufruf der Kinder des Widerstandes
Die Broschüre kostet 6,-- Euro (inclusive Versandkosten)
Sie kann bestellt werden bei:
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA)
Landesvereinigung Nordrhein-Westfalen
Büro Gathe 55, 42107 Wuppertal
Tel. 0202 45 06 29 - Fax 0202 25 49 836 oder 0231 80 41 000
Mail:
Konto Postbank
IBAN DE 03 3601 0043 0028 2124 35
BIC PBNKDEFF