Der Kommentar

Oskar LafontaineEin Kommentar von Janis Ehling   

"Wer will eigentlich Krieg? Ich bin ganz sicher, dass kein sibirischer Bauer mit einem Bauer in der Ukraine Krieg führen will. Es sind nicht die Völker der Welt, die Krieg wollen. Es ist immer eine Minderheit, die Krieg will", sagte Oskar Lafontaine am Mittwoch in seiner letzten Rede im Saarbrücker Landtag. Langer Beifall dankte für eine ungewöhnliche Karriere.
Einen Tag später erklärte er seinen Austritt aus der Partei DIE LINKE. Zehn Tage vor der Landtagswahl im Saarland, wo DIE LINKE um den Wiedereinzug in den Landtag bangt.

 

Janis Ehling*) zum Parteiaustritt von Oskar Lafontaine:
18.03.2022

Mit Oskar Lafontaine verlässt einer der Gründerväter unsere Partei. Oskar Lafontaine war in den letzten 25 Jahren nichts weniger als einer der wichtigsten Streiter gegen den Neoliberalismus in Deutschland. Egal, wie man zu ihm stehen mag, er war damit einer der wichtigsten Linken im Land, erst als Parteivorsitzender der SPD und dann als Führungsfigur der LINKEN.

Oskar Lafontaine ist einer der ganz wenigen linken Volkstribunen des 21. Jahrhunderts gewesen. Wenn er redete, hörten andere zu, ob sie wollten oder nicht. Die Meisten wollten. Er war nicht nur ein begnadeter Redner, sondern auch einer der einfache Deutungsmuster stricken konnte - ein Populist im besten Sinne des Wortes populär - beliebt beim populus (lat. "Volk"). Anders als viele andere hatte er nicht nur auf der Bühne die Tuchfühlung zum Publikum, sondern auch auf der Straße.

Seiner Abkehr von der LINKEN ging ein längerer Entfremdungsprozess voraus. Schon vor ein paar Jahren bedauerte er hin und wieder die Abspaltung der LINKEN von der SPD und bezeichnete sie als Fehler. Er schlug sogar eine Wiedervereinigung mit der SPD vor. DIE LINKE war ihm, dem großen Volkstribunen, der nur noch seiner Partei im Saarland vorstand, zu klein.

Er, der es gewohnt war, sich mit den ganz Großen zu messen. Er, der große Kontrahent des neoliberalen Kanzlers Gerhard Schröder, musste sich jetzt mit seinem ehemaligen Mitarbeiter als Hauptgegner im Saarland rumschlagen. Zu Recht kritisierte er seit Jahren die Zustände der saarländischen LINKEN. Nur waren die Zustände von ihm mitgemacht. Die Schattenseite seines Volkstribunentums war immer die Organisation. Ein Volkstribun führt und gibt die Richtung vor, der Rest folgt. Als Anführer des linken Flügels und als Bundesfinanzminister die SPD aus Protest gegen die neoliberale Wende von Schröder verließ, stand der linke Flügel der SPD nackt und wehrlos dar in einer Situation als er am dringendsten Stärke und Wortgewaltigkeit brauchte.

Im Saarland konnte er bis zuletzt die Marktplätze füllen. Die Zustimmung, die Begeisterung der Menge war sein Element. Die Partei interessierte ihn nur für Zustimmung, nötig waren lediglich Mehrheiten. Das System der LINKEN Saar, dass darauf beruht mit Busladungen Mehrheiten zu organisieren, war auch sein System. Sein innerparteilicher Konkurrent hatte schon als sein Mitarbeiter genau das organisiert. So lange die Mehrheiten, seine Mehrheiten, stimmten, gab es kein Problem. Das es bei Grünen, FDP und AfD im Saarland ähnliche Zustände gibt, macht es nicht besser. Der ganz Große "Napoleon von der Saar" wie er von innerparteilichen Konkurrenten spöttisch und ehrfürchtig zugleich genannt wurde, stürzte über das ganz Kleine an der Saar, nicht an der Spree.

Aber das ist nicht wie Oskar Lafontaine in Erinnerung bleiben sollte. Er war ein großer Erzähler und Deutungsgeber. Als die deutsche Gesellschaft Ende der 90er markttrunken die Daseinsvorsorge privatisierte, die Steuern für Reiche senkte, "weil der Staat ineffizienter als der Markt sei", stellte sich Lafontaine dem ebenso stimmgewaltig entgegen wie gegen die Kriege im Irak und in Afghanistan. Unermüdlich wies er auf die Bedeutung des Sozialstaates und friedlicher Konfliktlösung hin.

Im letzten Jahrzehnt wendete sich dann seine alte Partei, die alte Tante SPD, von ihrem vormals marktradikalen Kurs etwas ab. Lafontaines hatte damit schlussendlich Erfolg. Sein großes Projekt mit der Partei DIE LINKE war es immer die Sozialdemokratie und die Gesamtgesellschaft zu einer Kurskorrektur vom Neoliberalismus zu bewegen. Im Rückblick ist das wohl - auch - sein großes Verdienst.

Das Ziel der Partei DIE LINKE war damit für ihn eigentlich erreicht.

Nur hat sich Oskar Lafontaine dagegen entschieden, daraus eine Erfolgserzählung zu machen. In zunehmender Bitterkeit beklagte er die Abkehr der LINKEN von ihren sozialen und friedenspolitischen Positionen. Dem wohnt eine gewisse Tragik inne. Die Konflikte in der LINKEN kreisten ja nicht um soziale oder friedenspolitische Positionen, sondern um die Fragen der Migration, der Ökologie und der Emanzipation gesellschaftlicher Gruppen. Sein untrüglicher Instinkt für gesellschaftliche Stimmungen trog ihn zuletzt immer wieder - wie exemplarisch sein beständiges Schüren der Impfskepsis zeigte. Wo er in den Debatten um Migration zumindest einen Teil der Linken hinter sich hatte, verprellte er hier gerade die sozialdemokratischen Milieus, die auf einen starken Staat in der Krise setzten.

Obwohl er zuletzt immer wieder daneben lag, vermochte er nichtsdestotrotz seine Positionen stimmgewaltig mit dem sicheren Gespür für die notwendige Provokation und Opposition zu formulieren, die ihm seit Ende der 70er die Notizblöcke der Journalistinnen und Journalisten öffnete.

Mit dem Ukraine-Krieg und dem riesigen 100-Milliarden-Aufrüstungspaket wäre das Feld für ihn als Volkstribun heute wieder bereitet - allein, er wollte es nicht mehr bestellen. Statt der einzigen Partei im Land gegen Aufrüstung und Militarisierung auf Kosten sozialer Investitionen beizustehen, verlässt er sie und lässt die eigene Bitterkeit obsiegen. 10 Tage vor der Wahl im Saarland versucht er in dieser Situation seiner eigenen Partei noch maximal zu schaden. So stellt er die eigene Person vor die Sache und sein Anliegen. Dieser Abgang ist seiner Größe und Bedeutung eigentlich nicht würdig und mehr als bedauerlich, aber nur die Großen können auch groß irren.

*)
Janis Ehling
ist Mitglied im Parteivorstand DIE LINKE und Mitglied der marxistischen linken

   
  Rede von Oskar Lafontaine im Landtag Saarland am 16.3.2022  

Wir sprechen über Palästina

Gazakrieg Grafik Totoe 2024 04 07

mit Rihm Miriam Hamdan von "Palästina spricht"

Wir unterhalten uns über den israelischen Vernichtungskrieg, die Rolle Deutschlands (am 8. und 9. April findet beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag die Anhörung über die Klage Nicaraguas gegen Deutschland wegen Beihilfe zum Völkermord statt), die Situation in Gaza und dem Westjordanland und den "Tag danach".

Onlineveranstaltung der marxistischen linken
Donnerstag, 18. April, 19 Uhr

https://us02web.zoom.us/j/82064720080
Meeting-ID: 820 6472 0080


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Logo Ratschlag marxistische Politik

Ratschlag marxistische Politik:

Gewerkschaften zwischen Integration und Klassenkampf

Samstag, 20. April 2024, 11:00 Uhr bis 16:30 Uhr
in Frankfurt am Main

Es referieren:
Nicole Mayer-Ahuja, Professorin für Soziologie, Uni Göttingen
Frank Deppe, emer. Professor für Politikwissenschaft, Marburg

Zu diesem Ratschlag laden ein:
Bettina Jürgensen, Frank Deppe, Heinz Bierbaum, Heinz Stehr, Ingar Solty

Anmeldung aufgrund begrenzter Raumkapazität bis spätestens 13.04.24 erforderlich unter:
marxlink-muc@t-online.de


 

Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
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UNRWA Gazakrieg Essenausgabe

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Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
Zivilisten sterben, während die Welt zusieht. Die Luftangriffe gehen weiter. Familien werden massenweise vertrieben. Lebensrettende Hilfsgüter gehen zur Neige. Der Zugang für humanitäre Hilfe wird nach wie vor verweigert.
Unter diesen Umständen sind Hunderttausende von Vertriebenen in UNRWA-Schulen untergebracht. Tausende unserer humanitären Helfer sind vor Ort, um Hilfe zu leisten, aber Nahrungsmittel, Wasser und andere lebenswichtige Güter werden bald aufgebraucht sein.
Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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