von Sabine Leidig
17.01.2019: Nachdem vor wenigen Wochen der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn-AG mit einem Brandbrief an die eigenen Führungskräfte öffentlich Wirbel machte, wirken die Zuständigen im Verkehrsministerium überrascht und noch planloser als zuvor. Dabei war diese Krise des größten öffentlichen Unternehmens längst vorhergesehen, beschrieben, in ihren Ursachen begründet und detailreich dokumentiert: nicht von den hochdotierten Ministerialbeamten, sondern von einer Handvoll hochkompetenter, ehrenamtlich engagierter Menschen aus dem Bündnis "Bahn für Alle" dem Expertennetzwerk "Bürgerbahn statt Börsenbahn" und immer wieder auch von der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag. Wer den "alternativen Geschäftsbericht" zur Bilanzpresskonferenz der DB-AG, der seit einem Jahrzehnt erscheint, gelesen hätte - was zumindest jede*r Verkehrspolitiker*in deutschen Bundestag hätte tun sollen - konnte wissen, wie die wirkliche Lage ist.
Dass inzwischen nur noch ein Bruchteil aller ICE-Züge ohne Mängel an den Start gehen, weil die Wartungskapazitäten und Reserven sträflich gekürzt wurden, ist ein Ausdruck des Desasters. Und ein Ausdruck des Scheiterns der herrschenden Verkehrspolitik. Die hat das Unternehmen, das wesentliches Rückgrat der sozialökologischen Verkehrsende sein müsste, wie einen DAX-Konzern aufgestellt und einen "Global Player" entstehen lassen, statt es als ein gemeinwohlorientiertes Unternehmen zu führen. Die hat zugelassen, dass Infrastruktur, Bahnangebote und zigtausende Bahnbeschäftigte abgebaut und ausgemustert wurden. Statt auf gute Erfahrungen zu setzen, wurden hochbezahlte Spitzenmanager eingekauft, die mit dem System Eisenbahn praktisch nichts zu tun hatten. Damit muss Schluss sein.
Die vielen engagierten Männer und Frauen, die bei der Bahn arbeiten, müssen wertgeschätzt und ermächtigt werden. Ihre Bahn-Verbundenheit ist ein Schatz, der zerstört wird, wenn Abläufe und Strukturen immer wieder über deren Köpfe hinweg entschieden werden. Wir brauchen eine "Bescheidwissenschaft" der Beschäftigten, die sehr viel mehr Kompetenz in Sachen Bahn versammeln, als die Vielflieger und Dienstwagenfahrer, die heute noch die Verkehrspolitik dominieren.
Im Nachbarland Schweiz ist zu besichtigen, wie auch die Beteiligung der Bürger*innen in direktdemokratischen Verfahren die Bahn voran bringt: immer wieder wurde dort mit großer Mehrheit für den flächendeckenden Ausbau gestimmt. Und für große Investitionen, damit der Güterverkehr konsequent von der Straße auf die Schiene verlagert wird.
Die Deutsche Bahn befindet sich 25 Jahre nach ihrer Gründung in einer tiefen Krise. Die Bahnreform von 1994 ist gescheitert, ohne ein deutliches Gegensteuern droht ein Kollaps der Bahn. DIE LINKE fordert zur Lösung der Bahn-Krise eine echte Bahnreform mit einer Demokratisierung des Unternehmens und einer massiven Umverteilung von Mitteln von der Straße zur Schiene. Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag.
Sabine Leidig ist Sprecherin für Bahnpolitik der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag und Vorstandsmitglied von marxistische linke