Der Kommentar

alt28.04.2014: Eines gleich vorweg: Es gab sicherlich absolut nachvollziehbare Gründe, dass viele Menschen in der Ukraine mit der korrupten Regierung von Wiktor Janukowitsch unzufrieden waren und gegen sie auf die Straße gingen. Und auch der bislang letzte Akt in diesem Drama, die russische Annexion der Krim-Halbinsel, stellt einen klaren Bruch des Völkerrechts dar, der nicht einfach kritiklos hingenommen werden sollte. Deshalb darf aber noch lange nicht der Fehler begangen werden, Aktion und Reaktion zu verwechseln: Schließlich war es der Westen, der mit seiner aggressiven Expansionspolitik nach Osten in Russland verständliche Einkreisungsängste schürte. Vor allem aber die amerikanisch-europäische Politik in der Ukraine selbst musste in Moskau sämtliche Alarmglocken angehen lassen – schließlich haben westliche Geopolitiker das Land schon lange als Schlüsselstaat auserkoren, dessen Kontrolle als ein wichtiger Baustein zur dauerhaften Schwächung Russlands gilt.

Im Zentrum der Auseinandersetzung steht das Assoziationsabkommen zwischen der Ukraine und der Europäischen Union. Offiziell sollen damit Freiheit, Demokratie und Marktwirtschaft gefördert werden. Tatsächlich wird damit aber darauf abgezielt, neoliberale „Reformen“ und die Integration in den westlichen Block zu forcieren: „Die Assoziationsabkommen, welche die EU im postsowjetischen Raum vorantreibt, sind ein Schlüsselelement bei der Ausweitung der EU-Einflusssphäre nach Osten“, urteilt etwa Joachim Becker, Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien. Es war die Entscheidung von Janukowitsch im November 2013, die Verhandlungen um dieses Abkommen auf Eis zu legen, die dann zu einer Eskalationsspirale und zu einer der schwersten Krisen im westlich-russischen Verhältnis seit dem Ende des Kalten Krieges führte.

Dabei waren die Bedenken der Janukowitsch-Regierung absolut nachvollziehbar: Das Abkommen würde von der Ukraine verlangen, nahezu sämtliche Schutzmaßnahmen abzuschaffen, wodurch die heimischen Unternehmen der übermächtigen europäischen Konkurrenz weitgehend schutzlos ausgeliefert wären. Versuche, bessere Bedingungen auszuhandeln, wurden von der EU kategorisch abgelehnt, während Russland beträchtliche Vergünstigungen in Aussicht stellte, was die damalige ukrainische Regierung dann dazu veranlasste, den Verhandlungsprozess abzubrechen. Die anschließend einsetzenden Proteste wurden maßgeblich von einer „Zivilgesellschaft“ in Gang gesetzt, die seit Jahren mit dicken Schecks aus Washington und Brüssel (und natürlich aus Berlin) angefüttert wurde. Vor allem riss dann aber schnell ein Dreierbündnis die Führung der Maidan-Proteste an sich, das mit jeglicher fortschrittlichen Perspektive für das Land vollkommen unvereinbar ist.

Von den USA wird dabei vorrangig die Partei Julia Timoschenkos („Batkiwschtschina“) unterstützt (und finanziert), während sich Deutschland in Form der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung insbesondere um „Udar“, die Partei des ehemaligen Box-Weltmeisters Witali Klitschko, „verdient“ gemacht hat. Beide Parteien haben eine dezidiert pro-europäische Ausrichtung und sind assoziierte Mitglieder der Europäischen Volkspartei (EVP), dem Zusammenschluss der konservativen Parteien auf EU-Ebene. Die dritte Partei im Bunde war die rechtsradikale „Swoboda“ mit Oleg Tjagnibok an der Spitze, die im Mai 2013 vom Jüdischen Weltkongress als neonazistisch eingestuft wurde. Zusammen mit dem sogenannten „Rechten Sektor“ stellten diese Kräfte die Speerspitze der militanten Proteste, ohne die der Sturz Janukowitschs wohl undenkbar gewesen wäre. Und hier liegt wohl auch der Grund dafür, dass sich westliche Politiker ohne mit der Wimper zu zucken zur Unterstützung der Proteste mit den Anführern aller drei Parteien ablichten ließen und somit bewusst auch die Faschisten hofierten.

Nach dem Sturz von Janukowitsch bildete sich eine Übergangsregierung, die weitgehend von der Timoschenko-Partei kontrolliert wird, aber auch zahlreiche Ministerposten an Mitglieder der rechtsradikalen „Swoboda“ vergab. „Udar“ blieb dagegen außen vor, was darauf hindeutet, dass sich die USA im internen westlichen Duell gegen Deutschland vorläufig durchsetzen konnten. Nachdem Witali Klitschko bekanntgab, doch nicht bei den vorgezogenen Präsidentschaftswahlen am 25. Mai 2014 kandidieren zu wollen, ist weiterhin noch Julia Timoschenko im Rennen, die durch regelrechte Hasstiraden gegen Russland von sich reden gemacht hatte. Aussichtsreicher scheint aber aktuell der steinreiche „Schokoladenkönig“ Petro Poroschenko zu sein, der die Proteste als einziger Oligarch von Anfang an unterstützt hatte. Auch er spart nicht mit scharfen Worten gegenüber Russland und sprach sich etwa für einen NATO-Beitritt seines Landes aus.

Absehbar ist somit schon jetzt, dass der von der Übergangsregierung eingeschlagene Westkurs auch nach den Wahlen fortgesetzt werden dürfte. Die Mehrheit in den eher pro-russisch geprägten östlichen Landesteilen dürfte sich kaum mit einer dauerhaften Integration des Landes in die westliche Einflusssphäre abfinden. Schon jetzt kommt es zu zahlreichen, auch gewaltsamen Protesten in vielen Städten der Region. Von einer – auch von Moskau wohl befürworteten – Neutralität und einer Föderalisierung des Landes will man im Westen und in der ukrainischen „Regierung“ aktuell aber nichts wissen.

Gleichzeitig sollen „schmerzhafte Eingriffe“ – Rentenkürzungen, drastische Erhöhungen der Energiepreise etc. – zulasten der armen Bevölkerungsschritte vorgenommen werden, um den Haushalt zu konsolidieren. Damit wird weiter Öl in eine ohnehin brandgefährliche Situation gegossen. Denn es besteht die Gefahr, dass der absehbare Sozialkahlschlag den rechtsradikalen Kräften, die ihre starke Stellung bei den Maidan-Protesten genutzt haben, um neue Mitglieder zu rekrutieren und ihre „Schlagkraft“ auszubauen, weiter in die Hände spielen könnte. Die Geister, die der Westen rief, dürfte er womöglich nicht so schnell wieder loswerden, wie es ihm eigentlich wohl lieb wäre. Dass der Westen aus geostrategischen Überlegungen bereit war, mit derlei Kräften zusammenzuarbeiten, ist ein Skandal, der nicht scharf genug kritisiert werden kann. Selbst Teile des Establishments fühlen sich angesichts dessen augenscheinlich zunehmend unbehaglich, wenn etwa der ehemalige EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen die Ereignisse folgendermaßen kommentiert: „Was die jetzige Situation so schwierig macht und auch das Gespräch [mit Russland] so schwierig macht, hat ja eine Ursache auch in Kiew selber, nämlich die Tatsache, dass dort ein fataler Tabubruch begangen worden ist, dem wir auch noch applaudieren, der Tabubruch nämlich, zum ersten Mal in diesem Jahrhundert völkische Ideologen, richtige Faschisten in eine Regierung zu lassen, und das ist ein Schritt zu weit.“

 

Zur Person:
Sabine Lösing ist seit 2009 Mitglied des Europäischen Parlaments und der Konföderalen Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke (GUE/NGL). Sie kandidiert für die Europawahl 2014 auf Platz 5 der Liste der Partei DIE LINKE.

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