21.11.2013: Die Süddeutsche Zeitung hat zusammen mit dem Norddeutschen Rundfunk aufgedeckt, wie konkret das läuft: Deutschland befindet sich im Krieg. Und im Konflikt mit seinem eigenen Grundgesetz. Mit der Charta der Vereinten Nationen, Völkerrecht und Menschenrechten. In Afrika, in Afghanistan, in Pakistan, überall werden gezielt Menschenleben ausgelöscht in blutiger Serie, kommandiert aus dem Weißen Haus. Teils gesteuert aus Stuttgart, wo EUCOM und AFRICOM ihre Hauptquartiere unterhalten, jene exterritorialen Mördergruben des militärisch stärksten und skrupelloseseten Verbündeten, den Deutschland je hatte, der die gesamte Welt aushorcht und sie mit über 300 Stützpunkten rund um den Globus unter Kontrolle zu zwingen sucht, dort gilt der Artikel 26 GG nicht. Das generelle Verbot deutscher Beteiligung an Angriffskriegen und allein schon der Vorbereitung zum Angriffskrieg hat sich in den rechtsfreien Raum einer Nord-Atlantischen Terror-Organisation verflüchtigt.
Deren Hauptmacht lässt foltern in ebenso exterritorialen "Verhörzentren", auf Cuba, in Marokko, in osteuropäischen Staaten. Der Unrechtsstaat wurde einfach ausgelagert, und schon seien die USA wieder ein "Rechtsstaat". So möchte es am liebsten die Bundesregierung sehen. Alles andere gilt ihr als "unerhört". Sie will es nicht hören, nicht sehen, nicht aussprechen, nicht einmal denken. Am Grundgesetz werden sich die Füße abgetreten, am Angriffskriegs-Verbot klebt inzwischen der Rotz von SPD und Grünen, FDP, CDU und CSU. "Alles vom Tisch", meinten die Regierenden zum NSA-Skandal, als wollten sie sämtliche US-Regierungsverbrechen pauschal leugnen und dennoch vorsichtshalber gleichzeitigen Generalpardon erteilen. Jeder "Verdacht" hat sich ihnen völlig entkräftet verflüchtigt. Sie inszenierten sich als oberste Nichtwissenwollender der Nation. "Nichtwisser" gab es in Deutschland zu Zeiten zuhauf, vor allem im Wissen um die Verbrechen der eigenen Nation.
Vergessen sind die Zeiten, als das Land in Trümmern lag, als die deutsche Generalität am Ende war mit ihrem mörderischen Deutsch und Dönitz die bedingungslose Kapitulation unterzeichnen musste am 8. Mai 1945, und gleich einen Tag später noch einmal zur Sicherheit in Karlshorst bei Berlin, dem Hauptquartier der sowjetischen Roten Armee. Dann endlich war Frieden, nein: Waffenstillstand. 55 Millionen Menschen hatte der Zweite Weltkrieg das Leben gekostet in sechs Jahren. Vergessen?
Von Deutschland sollte nie wieder Krieg ausgehen, das war der hehre Vorsatz. Er ist zu Makulatur verkommen, seit es den Warschauer Vertrag nicht mehr gibt. Allein die Existenz dieses Gegenentwurfs zur NATO hinderte den Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches sich an Kriegshandlungen offen zu beteiligen oder selber welche vom Zaum zu brechen. Mit dem Anschluss der DDR und dem Wegfall der Sowjetunion war es vorbei mit der erzwungenen Waffenruhe. Auch wenn viele es immer noch nicht wahrhaben wollen: Der Ostblock wirkte als Friedensmacht, selbst wenn er in sich nicht gewaltfrei war.
Den deutschen Imperialismus im Westen hat es immer gestört, dass er nicht so konnte wie er wollte. Darum das KPD-Verbot wegen des Widerstands gegen die Wiederbewaffnung, deswegen die Geheimorganisation "Gladio", die die Bombe für das Oktoberfestattentat 1980 beisteuerte, als Franz Josef Strauß zum Bundeskanzler kandidierte. Sie sollte die Sehnsucht nach dem "Starken Mann" herbeizwingen vor der Wahl. Ein blutiger Fehlschlag: 13 Tote, über 200 Verletzte. Schon vergessen? Es war die westeuropaweit agierende NATO-Subversions- und Sabotage-Abteilung unter Zuhilfenahme westdeutscher Neonazis.
Kollateralschäden nennen das die regierungsamtlichen Mörder von heute, wenn sie neben oder statt der "Zielperson" auch noch eine Dorfgemeinschaft, eine Hochzeitsgesellschaft oder einen Bauarbeitertrupp eliminieren. Der Drohnenkrieg macht möglich, wovon Geheimdienste immer geträumt haben: Operationen ohne Eigengefährdung, ferngesteuert über Kontinente hinweg. Die Bundesrepublik Deutschland leistet Kriegsbeihilfe, gewährt Überflugrechte, duldet Spionagezentralen und Kommando-Einrichtungen auf ihrem Territorium. Der Hehler ist nicht besser als der Stehler. Im Zivilleben würde er genauso bestraft. Im internationalen Rahmen, sagt das Bundesverfassungsgericht, sind das "Bündnisverpflichtungen".
Aber was, wenn es sich in Wahrheit um eine Art Räuberbande handelt? Eine kriminelle Vereinigung zur Sicherung von Rohstoffquellen, für globale Freibeuterei, zur Kontrolle freier Verkehrwege für Markteroberungen und Ressourcen-Ausbeute? Eine bewaffnete Agentur des westlichen Kapitals zur Wahrung seiner geostrategischen Interessen? Die NATO wird von den USA dominiert, die genauso mit Despoten und Diktatoren paktieren wie auch mit Al Qaida, wo nötig, mit Mudschahedin und Taliban, solange und soweit sie ihnen zu nutzen scheinen. Um sie ebenso eiskalt fallen zu lassen und abzuservieren, sobald sie ihren schmutzigen Zweck erfüllt haben. Die letzten US-Regierungen bedienten sich bedenkenlos solcher Zweckbündnisse.
Mal angenommen, die Mafia würde im "Ländle" eine Zentrale eröffnen, in die keine deutsche Autorität Zutritt hätte, in der die Gesetze der Omertà gälten und die Gebräuche der "ehrenwerten Gesellschaft", nicht aber die des Gastlandes, was würde passieren? Schwer bewaffnete Sondereinsatzkommandos würden das Gelände stürmen und alle "Mitarbeiter" verhaften und vor Gericht zerren. Und nur, weil die Mafia zwar ein "Staat im Staate" sein mag, aber Sizilien eben kein eigenständiger Staat.
Hätte der KGB eine entsprechende Dependance eingerichtet, aus der heraus etwa antikoloniale Befreiungskriege in Afrika gesteuert worden wären, hätte es nicht lange gedauert, und sie wäre ebenfalls schnell aufgerollt und dicht gemacht gewesen. Zwar war die SU ein souveräner Staat, aber eben ein "feindlicher". Mit den USA verhält sich alles ganz anders, denn die USA sind nach Meinung der Bundesregierung (längst nicht mehr der Bevölkerung) "Freunde", mindestens engste Verbündete, die quasi Narrenfreiheit genießen und von deutschem Boden aus morden und totschlagen dürfen, putschen und Krieg führen.
Der (Anti)Terrorkrieg wurde von Bush jun. auf 100 Jahre veranschlagt, mehr als dreimal der Dreißigjährige Krieg. Wie Deutschland danach aussah, lässt sich in Geschichtsbüchern nachlesen. Wie Afghanistan, Libyen, Irak heute schon aussehen, können wir den Zeitungen und Fernsehnachrichten entnehmen. In einer globalisierten Welt bleibt der Krieg nicht lange weit weg. Er könnte schon morgen (und durchaus im Einklang mit dem Kriegsvölkerrecht) auch wieder zu seinem Ausgangspunkt zurück finden. Nirgendwo steht geschrieben, wie "asymmetrische Kriege" zu führen sind und geführt werden.
Nun prahlen die USA genau damit, das verhindern zu wollen. Es lässt sich aber nicht verhindern, zumal es oft gar nicht verhindert werden soll. Ohne Vorwand kein Krieg, ohne Kriegslügen kein Massaker. Weder hat die CIA trotz all ihrer Kenntnisse von einzelnen Nine-Eleven-Attentätern etwas verhindert, sondern geschehen lassen, noch haben deutsche Geheimdienstler den Nationalsozialistischen Untergrund trockengelegt. Offenbar gehören Mord und Totschlag, Chaos-Stiften und Konflikte-Eskalieren zum operativen Geschäft von "Nachrichtendiensten". Notfalls "richten" sie sogar ein bisschen "nach", wenn es klemmt und hapert. So vermittelte ein Agent des Verfassungsschutzes Bombenmaterial an die neonazistische "Kameradschaft Süd" zur Sprengung der Grundsteinlegung für das Jüdische Gemeindezentrum am Jakobsplatz in München. Klar, dass man dann ruhmreich aufdecken kann, was man selbst eingefädelt hat. Längst vergessen!?
Von deutschem Boden soll nie wieder Krieg ausgehen. Dieser Satz muss wieder Gültigkeit erlangen, sonst ist die gesamte Verfasstheit dieses Staates die eines vorsätzlichen Kollaborateurs mit den Kriegsverbrechen seines Hauptverbündeten. Die eigenen Kriegsverbrechen haben ihm ein halbes Jahrhundert Zwangspause im Kriegführen auferlegt. Kein Vergessen!
Nun gilt es, den "Pakt mit dem Guten" zu lösen, denn es gibt keinen "guten Krieg", kein "humanes Morden", kein "gerechtes Foltern", kein "demokratisches Wahlfälschen", weder zu einem "löblichen" noch zu einem verwerflichen Zweck. Schon gar nicht im imperialen Eigeninteresse, auch nicht aus noch so langjähriger Verbundenheit und tiefster Dankbarkeit. Falsche Loyalität mit kriminellen Machenschaften wird zur Komplizenschaft. Was die Siegermächte gegen Hitler-Deutschland einst mühsam nieder gerungen haben, darf nie wieder erstehen und geduldet werden: Organisierter Staatsterror weltweit.
Wo er bereits wütet, muss er umgehend gestoppt werden. Die Agenturen des (Gegen-)Terrors müssen sofort geschlossen werden. Auch und zu allererst hierzulande. Noch gilt es, das eherne Verbot von Angriffskriegen, als eine der wenigen Lehren aus dem Faschismus. Oder etwa nicht? Sie sollten es offen zugeben und sich als freche Grundgesetzbrecher outen, die Verfassungsfeinde im Nadelstreifen und im Tarnfleck, die gegenteiliger Meinung sind! Und beschämt zurücktreten!
Auch wenn klare Distanzierung und Abschottung notwendig sind, die Konfrontation läuft nicht zuvörderst zwischen BRD und USA, noch weniger zwischen den Bevölkerungen beider Staaten, sondern zwischen Demokratie und Sicherheitsdiktatur. Da helfen weder nationalistische noch antiamerikanische Ressentiments, sondern nur konsquenter Kampf um die Bürgerrechte in beiden Ländern und auf allen Kontinenten. Denn die NSA-Aktivitäten, die dahinter steckenden Weltherrschafts-Ambitionen bedrohen die gesamte Menschheit, auch und besonders die Patriot-Act-geknebelten Bewohner der USA, der stärksten Militärmacht der Erde. Mit dieser "vertrauensvoll" zu kooperieren läuft nach hiesiger Gesetzeslage auf Hochverrat hinaus.
Und jenseits aller Gesetzlichkeit bedeutet dieser umfassende Terrorkrieg einen fundamentalen Angriff gegen die Integrität aller Menschen und Institutionen, die dem ausgeliefert sind oder sich dem zähneknirschend ausliefern. Mag Frau Merkel dem "Großen Bruder" noch trauen, die große Mehrheit tut es nicht. Sie will weder Krieg noch Überwachungsstaat. Und auch keine dubiosen bilateralen Abkommen, die den groß angelegten Anschlag auf die Demokratie "legalisieren" hüben wie drüben.
Text: Wolfgang Blaschka Foto: mami (Afghanistan-Demo, Berlin, 2010)