26.05.2011/31.05.2011: Am 15. und 16. Mai wählten die ItalienerInnen in 1.200 der 8.000 Gemeinden, in elf Landkreisen und in einer Region ihre parlamentarischen Vertretungen. Berlusconi hatte die Kommunalwahl, und vor allem das Votum in seiner Heimatstadt Mailand, zu einer Abstimmung über sich und seine Politik erklärt. Giovanna Capelli von der Partito della Rifondazione Comunista in Mailand gibt für www.kommunisten.de einen Kommentar zum Wahlergebnis:
Was ist geschehen bei den italienischen Lokalwahlen, bei denen 13 Millionen von Bürgerinnen und Bürgern ihre VertreterInnen in den Provinzen und in den Gemeinden erneuert haben? Etwas unerwartetes, das niemand vorhergesehen hatte: die Parteien der Rechtsregierung, die sogenannte Partei der Freiheit PDL (Popolo della Libertà, die Partei von Berlusconi) und die Lega Nord (die Partei des regionalen Egoismus und der Diskriminierung von MigrantInnen, Sinti und Romas) verlieren Hunderttausende Stimmen; und zwar ausgerechnet in jenen Orten, wo die Wurzeln und die Hochburgen ihrer Macht waren: im Veneto und in der Lombardei.
Das Symbol dieser tiefen Wandlung des Volkswillens sind die Ergebnisse der Wahlen in Mailand und in Neapel. Mailand wurde seit 20 Jahren von der Lega Nord und der Partei Berlusconis regiert. Die Verfallszeichen dieser europäischen Metropole sind augenfällig: zügelloser Luxus auf der einen Seite, auf der anderen Arbeitslosigkeit, Armut, Zerstörung des Sozialstaates, Privatisierung der Sozialdienste, des Unterrichts und der Universität, für die Jungen und die Frauen nur unsichere Arbeit oder Schwarzarbeit. In dieser früher für Kunst, Forschung und Technik berühmten Stadt ist das Leben für immer mehr Menschen sehr schwer, weil die lokale Politik von den Banken, der Finanz- und Bauspekulation und auch der Verbindung von Wirtschaft und Mafia beherrscht wird. Berlusconi hatte vor der ersten Runde gesagt: "Es ist undenkbar, dass eine Stadt wie Mailand nicht von uns regiert wird."
Aber gegen die Bürgermeisterin Letizia Moratti, die von Berlusconi persönlich unterstützt wurde, hat der Genosse Giuliano Pisapia und seine Koalition im ersten Durchgang mit 48 Prozent deutlich mehr Stimmen erreicht als die bisherige Amtsinhaberin von der PDL. Kommenden Sonntag wird in der Stichwahl die endgültige Entscheidung fallen.
Auch in der Stadt Neapel signalisiert die Wahl ein beginnendes politisches Erdeben: im ersten Wahldurchgang liegt ein Kandidat, De Magistris, in Führung, der die Rechtsparteien, aber auch die historischen Linksparteien besiegt hat. In der von der Macht der Mafia, von Jugendarbeitslosigkeit (30%), von der schlechten Abfallbeseitigung verwundeten Stadt wächst eine neue demokratische Koalition, die den Mut hat, mit der Vergangenheit zu brechen.
Wenn bei den Stichwahlen am kommenden Wochenende die Zustimmung für die Linke bestätigt wird, und wenn im Juni bei den drei Volksabstimmung - gegen den Bau von Atomkraftwerken, für die Gleichheit der BürgerInnen vor dem Gesetz, gegen die Privatisierung des Wassers - der Berlusconi-Regierung eine Niederlage bereitet wird, dann wird die ganze italienische politische Lage in Bewegung kommen und der Untergang der Berlusconi-Phase beginnen.
Rifondazione Comunista hat mit der Föderation der Linken ziemlich gute Ergebnisse erzielt, besonders dort wo wir uns nicht nur gegen die Rechtspolitik verpflichtet, sondern uns auch zu einer Kraft gegen den Neoliberalismus entwickelt haben.
Wir erwarten die Ergebnisse der Stichwahl, um dann wirklich zu feiern.
Redaktioneller Nachtrag am 31.05.2011: Nach der Stichwahl am 29. und 30.5. muss die Berlusconi-Partei die Bürgermeisterämter in Mailand und Neapel räumen. In Mailand siegte der Kandidta der Mitte-Links-Koalition Guiseppe Pisapia mit 551, Prozent der Stimmen. In Neapel siegte Luigi De Magistris von der Bürgerrechtspartei IDV mit 65,4 Prozent.