Wirtschaft

11.05.2023: Aktionärsversammlung von Rheinmetall ++ "Rekordjahr mit hoher Rendite und stark wachsenden Auftragsvolumina" ++ Gewinn nach Steuern: +61 Prozent ++ glänzenden Geschäftsaussichten: Aufrüstung der Bundeswehr, Krieg um die Ukraine und zunehmende militärische Konflikte in aller Welt

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba schwärmt in höchsten Tönen für Rheinmetall, als "eine Art Titan der Rüstungsindustrie in Europa und wahrscheinlich in der Welt". Rheinmetall wiederum ist von der Ukraine begeistert. Was die Corona-Pandemie für Pfizer und BioNTech war, ist der Krieg um die Ukraine für Rheinmetall.

Auf überquellende Auftragsbücher und einen raketenartig abgehobenen Aktienkurs konnte Rheinmetall-Chef Armin Papperger am Dienstag (9.5.) in Düsseldorf bei der Hauptversammlung verweisen. "Als führender Ausrüster der Bundeswehr, als verlässlicher Lieferant für die NATO-Verbündeten Deutschlands und natürlich als Unterstützer der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen die russische Aggression" könne Rheinmetall im Geschäftsjahr 2022 "einen erfolgreichen Zuwachs bei den Aufträgen für modernste Verteidigungstechnologie verzeichnen", so Papperger in seiner Rede an die Aktionäre.[1]

"2022 war für Rheinmetall ein Rekordjahr mit hoher Rendite und stark wachsenden Auftragsvolumina."
Armin Papperger, Rede zur HV, 9.5.2023

Jetzt zahlt sich aus, dass Papperger unmittelbar nach der "Zeitenwende"-Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 27. Februar 2022 einen milliardenschweren Angebotskatalog vorgelegt: Panzer, Artillerie, Flugabwehr, Munition, Truppentransporter, Militär-LKW, Ausrüstung für die Infanterie – wir liefern alles, damit es auf dem Schlachtfeld kracht. So darf Rheinmetall mit einer Beute von 38 Milliarden Euro aus dem 100-Milliarden-Aufrüstungsprogramm der Bundesregierung in den nächsten Jahren rechnen.

Gewinn nach Steuern: +61 Prozent

Schon im vergangenen Jahr stieg der Konzernumsatz von 5.658 Mio. EUR im Jahr 2021 auf 6.410 Mio. Euro. Beim operativen Ergebnis konnte eine Steigerung um 27% auf einen Rekordwert von 754 Mio. EUR erzielt werden. "Der höchste Ergebniswert in der jüngeren Unternehmensgeschichte", verkündete Papperger stolz.

"Die Dividenden steigen, und die Proletarier fallen."
Rosa Luxemburg, Die Krise der Sozialdemokratie

Der Wert der Rheinmetall-Aktie hat sich seit der "Zeitenwende“-Rede des Bundeskanzlers fast verdreifacht. Dümpelte der Aktienkurs bei der Hauptversammlung im Mai 2020 noch bei 61,12 Euro, so stieg er über 85,56 Euro im Mai 2021 und 181,90 Euro zur Hauptversammlung im Mai 2022 auf 266,60 Euro am 9. Mai 2023.

Rheinmetall Aktienkurs 2023 05 10


Als Papperger dann den Gewinn nach Steuern verkündete, war das Musik in den Ohren der Aktionäre, die zu 69% aus institutionellen Anlegern bestehen und zu 40% in den USA und Kanada sitzen: Dieser explodierte von 332 Mio. EUR (2021) um 61% auf nunmehr 535 Mio. EUR.

Kein Wunder, dass der Vorschlag Pappergers, die Ausschüttungsquote von bisher 30% bis 35% auf über 40% anzuheben und eine Dividende von 4,30 EUR je Aktie (Vorjahr 3,30 Euro) auszuschütten, mit 99,8% angenommen wurde.

Krieg und Leichen – die Profite der Reichen

98,66% der Aktionärsstimmen waren zufrieden mit der Arbeit des Vorstandes. Noch dazu wo die Profitkurve bei Rheinmetall weiter steil nach oben gehen dürfte. 2023 könnte, sagte Papperger in Düsseldorf, das beste Jahr der Firmengeschichte in puncto Auftragseingänge werden. Dass er den Jahresumsatz von 6,4 Milliarden Euro in diesem Jahr auf bis zu 7,6 Milliarden Euro steigern will, liegt vor allem an den glänzenden Geschäftsaussichten: Aufrüstung der Bundeswehr, Krieg um die Ukraine und zunehmende militärische Konflikte in aller Welt.

Panzerfabrik in der Ukraine

Deutschlands größter Rüstungskonzern liefert nicht nur Panzer und Munition für den Krieg in die Ukraine, sondern sieht sich auch auf gutem Weg, um in der Ukraine selbst künftig Panzer, Flugabwehr und Munition herstellen zu können. Man versuche, in den nächsten Wochen einige Kooperationen und Gemeinschaftsunternehmen mit ukrainischen Firmen abzuschließen, sagte Vorstandschef Armin Papperger am Dienstag in Düsseldorf auf der Hauptversammlung. Es gehe um Gemeinschaftsunternehmen für Fahrzeugsysteme, Air Defence und Munition. "Damit befähigen wir mittelfristig und langfristig die Ukraine, sich selbst verteidigen zu können." Die Investitionen in neue Werke kämen vom ukrainischen Staat. Woher der Pleitestaat die Gelder bekommt, ließ Papperger offen.

Als konkretes Beispiel ging er auf das seit zwei Monaten bekannte Vorhaben ein, in der Ukraine Kampfpanzer vom Typus Panther bauen zu wollen. In den nächsten zehn Jahren werde die Nachfrage von der Ukraine sehr hoch sein, vermutet Papperger und hofft auf einen jahrelangen Krieg. In der ukrainischen Panzerfabrik könnten jährlich bis zu 400 Kampfpanzer vom Typ "Panther" produziert werden, so Papperger. Der "Panther" wurde 2022 vorgestellt und zählt zu den modernsten Waffensystemen der Welt. Bisher nutzt ihn nach Berichten mehrerer Medien keine Armee, die Ukraine wäre der erste Kunde. "Ein Schutz der Fabrik durch Flugabwehr wäre nicht schwierig", meint der Rüstungsmanager und denkt dabei wohl an Flugabwehrsystem aus dem eigenen Hause. Die Bundesregierung hat aber trotzdem schon mal vorsorglich angekündigt, dass im Fall einer kriegerischen Zerstörung der Fabrik, der deutsche Steuerzahler einspringen wird.

50 weitere "Puma"-Panzer für die Bundeswehr

Einen Tag nach der Aktionärsversammlung von Rheinmetall ist der Haushaltsausschuss des Bundestages dem Werben von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) nachgekommen und hat dem Kauf von 50 weiteren, von Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und Rheinmetall hergestellten Schützenpanzern vom Typ "Puma" für die Bundeswehr zugestimmt. Zwar sind im Dezember alle 18 Puma-Panzer bei einer Übung ausgefallen und die Hersteller haben den Preis um 12,8% erhöht, aber die Bundesregierung will trotzdem rund 1,5 Milliarden Euro für diese 50 Panzer ausgeben.

Außerdem sieht der Rahmenvertrag die Option für eine Anschaffung von bis zu 179 weiteren Fahrzeugen vor und kommt so auf ein Gesamtvolumen von knapp 4,8 Milliarden Euro. Das Geld stammt aus dem 100-Milliarden-Euro-"Sondervermögen" (Sonderschulden) für die Bundeswehr.

Europäische Union finanziert Rüstung aus Sozialfonds

Ebenso setzt Rheinmetall auf die Europäische Union. Zwar untersagt der Artikel 41.2 des EU-Vertrags die Verwendung von Haushaltsmitteln für Ausgaben im Zusammenhang mit militärischen oder verteidigungspolitischen Maßnahmen, aber das hindert EU-Kommission und Parlament nicht, Milliarden für Rüstung und Kriegsgüter für die Ukraine auszugeben.

Die EU-Kommission hatte vergangene Woche Vorschläge präsentiert, wonach die europäische Rüstungsindustrie mit finanziellen Anreizen in Milliardenhöhe zu einem schnellen Ausbau der Kapazitäten zur Herstellung von Panzer- und Artilleriemunition bewegt werden soll. Demnach sollen bis Mitte 2025 bis zu 500 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt zur Verfügung gestellt werden. Weitere 500 Millionen Euro sollen den Planungen zufolge als Kofinanzierung von den Mitgliedstaaten kommen. Ziel ist, die Produktionskapazitäten in Europa innerhalb von zwölf Monaten auf eine Million Schuss pro Jahr zu steigern. Rheinmetall steht mit seinen erweiterten Munitionsfabriken bereit.

Das EU-Parlament wird einen Plan für deutlich mehr Munitionslieferungen an die Ukraine in einem Dringlichkeitsverfahren behandeln. Dies beschlossen die EU-Abgeordneten am 9. Mai während Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Kiew den Europatag mit Staatspräsident Wolodymyr Zelenski feierte. Der Text erlaubt es den Mitgliedstaaten unter anderem, Mittel aus dem sozialen Kohäsionsfonds und der Recovery and Resilience Facility (Finanzfonds zur wirtschaftlichen Stabilisierung nach der Corona-Pandemie) für die Unterstützung der Rüstungsindustrie zu verwenden.

Ruestung sitzt am Tisch


Gegen den von den Konservativen eingebrachten Antrag stimmten lediglich die Abgeordneten der Linksfraktion (The Left), zwei Abweichler der italienische sozialdemokratischen PD und die Abgeordneten der italienischen Fünf-Sterne-Bewegung. Die Tatsache, dass der Antrag in einem Dringlichkeitsverfahren angenommen wurde, schließt die Möglichkeit aus, dass der Rechtsakt mit Änderungsanträgen zur Abstimmung gestellt wird, die von der Kommission nicht ausdrücklich akzeptiert werden.

Rheinmetall: Kooperationspartner beim US-Kampfjet F-35

"Wir dürfen stolz darauf sein, als bevorzugter Partner von Lockheed Martin und Northrop Grumman künftig in Deutschland ein wichtiger Hersteller im Bereich der Luftfahrtindustrie zu werden. In der Kooperation mit den US-Herstellern werden wir künftig Rumpfmittelteile für den F35-Tarnkappen-Kampfjet produzieren, für dessen Beschaffung sich Deutschland entschieden hat. Die Vorbereitungen zur Schaffung der integrierten Montagelinie laufen auf Hochtouren … Rheinmetall wird damit zu einem der 5 großen Produzenten des F-35 mit signifikanter Beteiligung am Bau des 5th Generation Fighters", sagte Papperger am Dienstag bei der Hauptversammlung.

Mitte Dezember vergangene Jahres hatte der Haushaltsausschuss des Bundestages dem Kauf von 35 der hochmodernen Kampfflugzeuge für einen Betrag von fast zehn Mrd. Euro zugestimmt. (siehe kommunisten.de, 16.12.2022: "Bundestag gibt grünes Licht für Kauf von F-35 Tarnkappenbombern") Erste Maschinen sollen 2028 in Dienst gestellt werden. Die F-35 werden dann die modernisierten US-Atombomben B61-12 transportieren, die am Atomwaffenstandort Büchel stationiert werden. (siehe kommunisten.de, 13.1.2021: "Bald neueste Atombomben in Deutschland")

IPPNW: "Abrüsten fürs Klima!"

Die Vorsitzende der Ärzt:innenorganisation IPPNW, Angelika Claußen, dazu:
"Schon bei der Produktion der F-35 Kampfjets werden enorme Mengen an Treibhausgasen ausgestoßen. In Betrieb steigt der CO2-Ausstoß exorbitant: 6000 Liter Kerosin verbraucht der F-35 Kampfjet in nur einer Flugstunde! Eine Tankladung (ein Einsatz) produziert 28 Tonnen CO2 Äquivalente. Der Kauf und die Beteiligung an der Produktion der Atombomber widerspricht damit massiv den Klimazielen, die sich die Bundesregierung gesetzt hat.“

Die Einhaltung der planetaren Belastungsgrenzen in allen Politikfeldern, also auch in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik, müsse jetzt eingeleitet werden, so Claußen weiter in einer Presserklärung der IPPNW zur Hauptversammlung von Rheinmetall.[2] "Statt massiver Aufrüstung brauchen wir einen Paradigmenwechsel in der Sicherheitspolitik, um das 1,5-Grad-Limit überhaupt noch erreichen zu können. Übergeordnete Leit-Prinzipien müssen sein: Kooperation, gemeinsame Sicherheit und Abrüstung statt Konkurrenz und Konfrontation", so Claußen weiter.

 

Anmerkungen:

[1] Rede von Armin Papperger, Vorsitzender des Vorstands der Rheinmetall AG, zur Hauptversammlung 2023 am 9. Mai 2023
https://ir.rheinmetall.com/media/document/b9251df4-c395-4db7-a316-aea161ef2d26/assets/HV-Rede_Herr_Papperger_09_05_2023.pdf

[2] IPPNW-Pressemitteilung vom 08. Mai 2023: Massive Aufrüstung steht im Widerspruch zu Klimazielen. IPPNW fordert "Abrüsten fürs Klima!"
https://www.ippnw.de/startseite/artikel/de/massive-aufruestung-steht-im-widerspr.html


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