21.11.2018: Der Onlineriese Amazon verwehrt der Gewerkschaft ver.di was eigentlich selbstverständlich ist: Streikposten vor dem Betriebseingang ++ Das Bundesarbeitsgericht stärkt das Streikrecht.
Streikposten hatten auf dem Parkplatz am Amazon-Standort Pforzheim Flugblätter verteilt und andere Beschäftigte aufgefordert, sich an dem Arbeitskampf zu beteiligen. Amazon hat den Parkplatz angemietet und erklärt, dass dieser zum Betriebsgelände gehöre und die Streikposten das Areal verlassen müssten.
Ver.di befürchtete zu Recht: "Wenn das Besitzrecht des Unternehmens stärker wiegt als das Streikrecht, könnte jedes Unternehmen eine Fläche vor seinem Betriebsgelände anmieten und damit das Streikrecht ins Leere laufen lassen." Für einen Streik sei es wichtig, dass die Gewerkschaft alle Beschäftigten, Gewerkschafts- wie Nichtgewerkschaftsmitglieder, erreichen könne.
Ver.di ruft seit Jahren bei Amazon immer wieder zum Streik auf. Damit sollen Verhandlungen über einen Tarifvertrag erzwungen werden. Der weltweit größte Online-Händler ist bekannt für seine grundsätzliche Verweigerungshaltung gegenüber Tarifverträgen. So hat auch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg festgestellt, dass es Amazon um die Verhinderung von jeglichem gewerkschaftlichen Einfluss geht.
Aus diesem Grund hat Amazon mittlerweile 12 Eil- und Klageverfahren vor vier Arbeitsgerichten und vier Landesarbeitsgerichten angestrengt, um zu verhindern, dass ver.di die Amazon-Beschäftigten im Streik ansprechen und informieren kann.
Bundesarbeitsgericht erlaubt Streik auf Firmengelände
Das Bundesarbeitsgericht hat nun mit seinem Urteil das Streikrecht gestärkt: Unter bestimmten Bedingungen, so das Urteil, dürfen Gewerkschaften auf dem Betriebsgelände des Tarifgegners streiken und Beschäftigte ansprechen. "Mit der Entscheidung hat das BAG anerkannt, dass dem verfassungsrechtlich verbrieften Streikrecht Vorrang gegenüber dem Besitzrecht an einem Betriebsparkplatz gebühren kann", sagte ver.di Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger.
Vorangegangen waren die Entscheidungen von zwei Landesarbeitsgerichte , die zu unterschiedlichen Entscheidungen gekommen waren: Das Landesarbeitsgericht (LArbG) Rheinland-Pfalz (vom 31. August 2016 – 4 Sa 512/15) entschied, dass Amazon nicht verpflichtet sei, Streikmaßnahmen auf seinem Betriebsgelände zu dulden. Das LArbG Berlin-Brandenburg (vom 29. März 2017 – 24 Sa 979/16) kam hingegen zu dem Ergebnis, dass Amazon von ver.di nicht grundsätzlich die Unterlassung von Streikpostenaktivitäten auf dem Betriebsparkplatz der Klägerin verlangen könne.
Nun hat das Bundesarbeitsgericht mit seinem Urteil die Rechte von Streikenden gestärkt. Sie dürfen unter bestimmten Umständen auch auf dem Firmengelände zum Ausstand aufrufen. Amazon muss die "kurzzeitige, situative Beeinträchtigung ihres Besitzes hinnehmen", da die Gewerkschaft "angesichts der örtlichen Verhältnisse" nur auf dem Firmenparkplatz mit den Beschäftigten Kontakt aufnehmen könne, so die Arbeitsrichter in ihrem Urteil.
foto: Hubert Thiermeyer auf Facebook
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