Interview mit dem neuen griechischen Arbeitsminister Georgios Katrougalos
"Wir werden arbeiten unter Respektierung der der Bevölkerung gemachten Versprechen", sagt der neue Arbeitsminister Giorgos Katrougalos, bislang Vize-Innenminister Griechenlands und zuständig für die Reform der Verwaltung. Auch Katrougalos hält die Kürzungspolitik eigentlich für die falsche Antwort auf die Krise. Nun muss er genau diese Politik exekutieren. Er hält aber daran fest, dass er "ein Arbeiterminister der Linken sein werde" und er "die Sprache dieses Abkommens, das vollkommen auslegbar ist" zugunsten der Bevölkerung nutzen werde.Er ist sich sicher, dass Syriza "vereint bleiben" wird.
Frage: Fürchten sie nach dem Austausch der Minister nicht, dass sich innerhalb von Syriza eine unwiderrufliche Kluft geöffnet hat?
Georgios Katrougalos: Ich glaube nicht, dass die politischen Differenzen, die in den letzten Tagen in Syriza aufgetreten sind, unüberwindliche Spannungen in unserer Partei erzeugen. Persönlich verstehe ich völlig die Entscheidung meiner Genossen, aber ich glaube auch, dass man seine Verantwortung wahrnehmen muss und dafür die Umbesetzung obligatorisch war. Doch trotz der politischen Differenzen, die unsere Partei umtreiben – und es hat sie immer gegeben innerhalb von Syriza – bin ich sicher, dass wir vereint bleiben werden.
Frage: Nachdem Sie in der ersten Regierung Tsipras den Schlüsselposten des Ministeriums für den Öffentlichen Dienst innehatten, stehen Sie jetzt an der Spitze des Arbeitsministeriums, einen weiteren Posten mit hohen Risiken. Über welche Manövrierräume verfügen Sie noch im Gefolge des letzten mit der Troika abgeschlossenen Abkommens?
Georgios Katrougalos: Praktisch gesprochen, gehen die Verhandlungen weiter. Und die erste Sache, die ich sagen will, ist, dass ich ein Arbeiterminister der Linken sein werde. Ich bestehe auf diesem Punkt. Wir haben sicherlich Einschränkungen in manchen Bereichen, aber wir sind und bleiben eine Regierung der Linken. Zum Beispiel die erste Maßnahme, die ich ergriffen habe, war der sofortige Stopp der kollektiven Entlassungen, die für die Beschäftigten der Metro von Thessaloniki angekündigt worden waren. Wir werden auch unser Bestes tun bei den nicht bezahlten Löhnen, damit sie nicht verloren sind. Wir werden arbeiten unter Respektierung der der Bevölkerung gemachten Versprechen. Was für uns in dieser neuen Periode günstig ist, das ist die Sprache dieses Abkommens, das vollkommen auslegbar ist. Die Gläubiger sagen uns: jetzt muss sich das Weiterverhandeln in der Praxis vollziehen. Nehmen wir sie beim Wort. Stützen wir uns auf das, was ist, und handeln wir! Auf des europäische Sozialmodell zum Beispiel, das zu den neoliberalen Vorschlägen im Gegensatz steht, die dieses Abkommen durchsetzen möchte. Das wir für die Gelegenheit sein, weiter unsere linken Ideen zu befördern und sie mit denen zu konfrontieren, die in den letzten fünf Jahren Gesetze gegen die Arbeiter hervorgebracht und das Land in die Armut geworfen haben. Es muss also weiter an einem finalen Kompromiss gearbeitet werden, der Ende August – Anfang September zu Tage treten müsste. Man muss die verbleibenden Verhandlungsspielräume ausschöpfen. Es wird keine Ferien geben. Diese Woche werden in Brüssel neue technische Angelegenheiten wieder auf den Tisch kommen.
Frage: Sie haben es gerade gesagt, es gibt in diesem Abkommen zahlreiche antisoziale Aussagen. Besonders wird der Gedanke einer Überprüfung der Gewerkschaftstätigkeit erwähnt. Sind heute in Griechenland die gewerkschaftlichen Rechte bedroht?
Georgios Katrougalos: Es gibt politische Kräfte in Europa, die unter Nutzung dieser Verhandlungen jedes soziale Recht in Griechenland kassieren möchten. Aber wir werden einer solchen Erpressung nicht nachgeben. Wir haben über unsere Verteidigung bei diesem Thema nachgedacht. Und diese Verteidigung – das sind einfach die europäischen Normen. Bis zum Beweis des Gegenteils schützen sie weiterhin das Bestehen gewerkschaftlicher Rechte. Das europäische Sozialrecht ist die beste Verteidigung. Was die kollektiven Entlassungen angeht, werden wir uns auch das stützen, was vorhanden ist. Wir werden methodisch zur Überprüfung der verschiedenen Gesetze zu dieser Angelegenheit in jedem der Länder der Eurozone übergehen, und dann werden wir uns an das oder die halten, die unseren Werten am nächsten liegen, um einen Text abzustimmen, den zurückzuweisen Europa sich schwer tun wird.
Frage: Sie haben das griechische Ministerium für Öffentliche Verwaltung geleitet, was wird mit ERT (öffentliches Fernsehen) geschehen, das im Gefolge dieses neuen Abkommens erneut bedroht ist?
Georgios Katrougalos: Weder das griechische öffentliche Fernsehen noch die Putzfrauen, die im Finanzministerium wiedereingestellt worden sind, noch alle jene, die in den letzten zehn Monaten im Öffentlichen Dienst eingestellt worden sind, laufen Gefahr, sich in der Arbeitslosigkeit wiederzufinden. Auch da werden wir uns auf Abkommen stützen, die schon existieren zwischen Brüssel und Griechenland. Wir werden auf einen Text zurückgreifen, der daran erinnert, dass es im Haushalt der Regierung Samaras eine Möglichkeit gab, 15.000 Staatsbedienstete wiedereinzustellen. Wir haben davon 5.000 wieder übernommen. Es bleiben 10.000 Stellen zu besetzen. Wir haben übrigens schon die Prioritäten festgelegt im Bereich des Gesundheitswesens, der Bildung und des Mechanismus zur Steuerkontrolle. Dazu haben wir überkreuzte Kontrollen bei den Bankkonten und den Steuererklärungen eingeführt. Wir haben ein vor seiner Endfassung stehendes Abkommen mit der Schweizer Regierung, damit man erfahren kann, welche superreichen Bewohner Griechenlands Konten in der Schweiz besitzen. Das ist einer der seltenen Punkte, bei denen wir mit den Deutschen einig sind, die auf gleiche Weise mit Bern operieren.
aus „Humanité“, 20. Juli 2015
Übersetzung: Georg Polikeit
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