09.03.2012: Mit dem Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in den USA, seinem und dem Auftritt von US-Präsident Barack Obama auf dem Jahreskongress der größten und mächtigen pro-israelischen Lobby-Organisation AIPAC sowie einigen Erklärungen beider Politiker im Zusammenhang mit der angeblichen "Bedrohung durch den Iran", erreichte eine mediale Kampagne und propagandistische Flutwelle zweier Pole ihren vorläufigen Höhepunkt. Einerseits erklären hochrangige Persönlichkeiten und Staatsführer Israels einen Angriff auf den Iran als dringend und warum die USA diesen (gemeinsam mit Israel) jetzt führen müssten.
Andererseits versucht die Führung der Obama-Regierung und insbesondere Obama selbst jeden Eindruck zu vermeiden, dass die USA Israel nicht gegen jeden Angriff von außen schützen würden. "Alle Optionen liegen auf dem Tisch", verkündete Obama lautstark. Man werde nicht zulassen, dass der Iran Atomwaffen herstelle. Aber - noch sei es ja nicht so weit gekommen. Die politischen Führer der Republikaner benutzen im angelaufenen Wahlkampf der US-Präsidentschaftswahlen im November des Jahres, mit chauvinistischem, blindwütigem Trommeln für eine kriegerische Auseinandersetzung mit dem Iran Einfluss zu gewinnen. Netanjahu versucht, diese politischen Kräfte für seine Zwecke einzuspannen.
Obama dagegen hat offensichtlich keine Lust, seine Wiederwahl zum jetzigen Zeitpunkt durch neue Kriegsabenteuer zu gefährden. Höhnisch forderte er die Hardliner der Republikaner an der Seite Netanjahus auf, doch genau zu erklären, mit welchen Finanzmitteln (Kosten) und personellen Ressourcen sie einen Krieg gegen den Iran denn betreiben möchten.
In einem Interview setzte sich der us-amerikanische politische Analyst Glenn Greenwald in dieser Woche in 'AlterNet Radio Hour' (ARH) mit zentralen Gesichtspunkten der us-amerikanischen Debatte über den Konflikt auseinander. Nachstehend die von AlterNet veröffentlichte Textversion in eigener Übersetzung:
ARH: Sehen wir im Moment die gleichen Vorfeldarbeiten für einen Krieg gegen den Iran, wie wir sie im Jahre 2003 bei der Vorbereitung des Irak-Krieges sahen?
Glenn Greenwald: Es gibt offensichtliche Ähnlichkeiten. Die Vorwürfe sind im Grunde die gleichen. Der Hauptvorwurf im Vorfeld des Irak-Krieges war, dass der Irak Massenvernichtungswaffen, insbesondere Atomwaffen entwickle. Diese Behauptung war wahrscheinlich diejenige, die die meisten Menschen dazu brachte, den Krieg zu unterstützen. Jetzt wird der gleiche Vorwurf dem Iran gegenüber gemacht - dass man dort ebenfalls Atomwaffen entwickle. Obwohl sogar die us-amerikanischen Geheimdienste und praktisch alle - einschließlich des israelischen Geheimdienstes - sagen, dass es keine Beweise dafür gibt, dass der Iran gegenwärtig entschieden hat, Atomwaffen zu bauen. Das Atomprogramm allein schon wird benutzt, um Sorgen zu verbreiten.
Ich denke, dass die zentrale Ähnlichkeit darin liegt, dass wir über eine Nation reden, die keine andere Nation angegriffen hat und die auch keine andere Nation mit einem Angriff bedroht. Es geht also nicht um einen 'zuvorkommenden Krieg', sondern um einen 'vorbeugenden Krieg'. So war es beim Krieg gegen den Irak, so wäre es auch bei einem Krieg gegen den Iran.
Der große Unterschied aber ist der, dass die Vorbereitungen zum Angriff auf den Irak damals wirklich von der US-Regierung betrieben wurden. Die Bush-Regierung konzipierte den Krieg, entschied sich für die Durchführung und schob ihn allseits an. Die Obama-Regierung würde sich nur ungern in einen Krieg mit Iran ziehen lassen. Aber verschiedene pro-israelische Fraktionen und neo-konservative Kräfte der USA versuchen, die Regierung in diesen Krieg zu drängen. Das ist ein ziemlicher Unterschied. Die US-Regierung steht derzeit nicht an der Spitze der Kriegswilligen, beim Schlagen der Kriegstrommeln.
ARH: Um einige Fakten zu Grunde zu legen: der Iran ist ein Unterzeichner des Nichtverbreitungsvertrages von Atomwaffen (NPT) und dessen Aufsichtsbehörde, die IAEA, hat sein Recht zur Uran-Verarbeitung ausgesetzt - allerdings nur hinsichtlich bestimmter ihrer Überprüfungen, die noch ausstehen. Es gibt ungelöste Fragen. Was ist die derzeitige Lage?
Glenn Greenwald: Es stimmt, dass der Iran ein Unterzeichnerstaat des NPT ist. Eine der wichtigsten Bestimmungen des Vertrages, die so viele Staaten veranlasst hat, ihn zu unterschreiben, war die uneingeschränkte Ermächtigung zur Entwicklung von Atomenergie und für andere zivile Zwecke. Teil der Verpflichtungen der Vertragsmitglieder ist die Selbstverpflichtung auf Kontrollen durch die IAEA, um sicherzustellen, dass jedwede Atomforschung bei ihnen nicht auf die Entwicklung von Atomwaffen ausgerichtet ist.
Das ist nun die wichtigste Wahrheit über den Iran. Denn der Iran hat alle seine Atomanlagen der IAEA [für Kontrollen] geöffnet. Es befinden sich auf dem Boden jeder dieser Atomanlagen Inspektoren und es ist deswegen für den Iran unmöglich, Atomwaffen zu entwickeln, ohne dass es sofort den Inspektoren vor Ort auffallen würde. Die IAEA arbeitet durchaus sorgfältig, um sicher zu stellen, dass nicht irgendwelche Prozesse in Richtung der Uran- bzw. Plutoniumanreicherung bestehen, die als Zeichen für eine atomare Waffenherstellung des Irans gelten könnten.
ARH: Ich möchte auch gerne nach dem Ausgang eines Angriffs auf den Iran sprechen, sei es von Seiten der israelischen Luftwaffe allein oder sei es mit der Unterstützung der USA. Ich habe den Eindruck, dass in unseren [US-]Diskussionen unterstellt wird, bei unserer und Israels technologischen Überlegenheit könne man deren nukleare Anlagen einfach ausradieren, so wie man es 1981 im Irak einmal machte.
Ephraim Halevy, seit 2002 Direktor des Mossad [israelischer Geheimdienst], sagte kürzlich: "Ein Angriff auf den Iran würde nicht nur auf Israel, sondern auf die ganze Region für 100 Jahre Auswirkungen haben." Er sagte zudem, man solle natürlich den Iran davon abhalten, eine Atommacht zur werden, aber seine Fähigkeiten dazu seien "weit von einer existenziellen Bedrohung entfernt". Sein Nachfolger, Meir Dagan, sagte: "Ein militärischer Angriff wird den Iranern das bestes Argument für ein atomares Wettrennen sein." Er nannte mögliche Luftangriffe Israels auf die iranischen Atomanlagen "das Dümmste, was ich je gehört habe".
Ist das nicht ein riesiges Auseinanderklaffen dieser Überzeugungen von den Ausmalungen der voraussichtlichen Ergebnisse [eines Angriffs auf den Iran] in unseren Medien? Erhalten wir eine Vorstellung davon, welche Risiken diesbezüglich bestehen?
Glenn Greenwald: Was immer wieder traditionell in den politischen Debatten der USA geschieht, ist die Darstellung des Krieges als einer sehr klinischen, sauberen und einfachen Mission. Der Grund dafür, dass man das den Menschen in unserem Lande so verkaufen kann, besteht darin, dass nur ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung irgendwelche Erfahrungen mit Krieg hat. Denn die Kriege Amerikas werden derzeit so organisiert, dass nur ein ganz kleiner Teil der Bevölkerung mit den Kriegsschauplätzen in Berührung kommt. Ich glaube, dass die US-Amerikaner ein Bild vom Krieg als etwas haben, bei dem man Drohnenflugzeuge entsendet oder man wirft mit bemannten Flugzeugen ein paar Bomben über dem Iran ab - und damit hätte man dann das Atomprogramm dort zerstört. Wie die von Ihnen zitierten Mossad-Aussagen zeigen, wird die Realität sehr verschieden von solchen Vorstellungen sein.
Es gibt einen interessanten Gastkommentar von Colin Kahl in der Washington Post. Kahl ist ein ehemaliger Beamter des Pentagons in der Obama-Regierung. Der wies darauf hin, dass der Angriff Israels auf irakische Atomanlagen im Jahre 1981 - die Iraker erklärten, es handle sich um eine Anlage für lediglich zivile Zwecke; die Israelis behaupteten, es wären Anlagen zum Bau von Atomwaffen - tatsächlich 'nach hinten losging'. Es zeigte sich nämlich, dass Saddam Hussein nirgendwo nah am Bau einer Atombombe war, als Israel den Irak 1981 angriff und die irakischen Atomanlagen bombardierte. Aber es war genau dieser Angriff, der ihm bewusst machte, dass er in der Weltpolitik nur Achtung durch den Bau einer Atomwaffe erlangen könne. Im Jahre 1991 nach der Vertreibung der irakischen Armee aus Kuwait und der Niederlage Iraks konnten die USA einige solcher Entwicklungslabore betreten und waren erschreckt, wie nahe der Irak damals am Bau einer Atomwaffe war. Gegenwärtig machen wir wieder so etwas. Durch unsere Aggression, unsere ständigen Drohungen, geben wir diesen Staaten viel Antrieb und Anlass, Atomwaffen zu entwickeln.
Der Angriff der Israelis im Jahre 1981 war bereits ein sehr schwieriger Auftrag: in den Irak fliegen und die Atomanlage zerstören. So etwas im Iran durchzuführen ist unendlich viel schwieriger. Die Entfernung ist viel größer, es überfordert die Betankungsfähigkeiten israelischer Düsenflugzeuge. Es gibt nicht nur eine einzige Anlage, sondern eine Vielzahl, verteilt über das ganze Land. Einige von ihnen befinden sich in Gebirgsregionen tief unter Bergen. Das würde ungeheuer große Explosivkraft erfordern. Der Ausgang eines Angriffs unter solchen Bedingungen ist ganz unvorhersehbar, das genau schreckt die militärischen Planer und Mossad-Beamte ab. Und der Iran hat eine größere Vergeltungskapazität, als sie die Iraker jemals hatten.
Worüber man also redet, wäre ein gewaltiger Großangriff, der einen großumfänglichen Einsatz von Bodentruppen und der Luftwaffe erfordern würde. Und selbst das wäre kein Garant für ein Auslöschen des iranischen Atomprogramms. Es könnte - siehe Beispiel Irak - den genau gegenteiligen Effekt haben.
ARH: Das würde wohl auch das Land einigen und um die iranische Führung scharen, oder?
Glenn Greenwald: Das ist vermutlich eine der schlimmsten Auswirkungen. Vielfach beschreiben wir in den medialen Diskussionen der USA die iranische Opposition als pro-westlich und liberale politische Fraktionen oder als Reformer - bis zu einem gewissen Grad stimmt das auch. Aber eine Tatsache ist auch, dass alle politischen Kräfte standhaft zur Fortsetzung des iranischen Atomprogramms mit der Begründung stehen, dass der Iran das uneingeschränkte Recht auf ein Programm zur Entwicklung der Atomenergie habe. Und Regierungen in aller Welt stimmen dem Iran darin zu.
Sie müssen nur einmal auf das schauen, was bei dem Angriff am 11.9.2001 ablief, einem Eintages-Ereignis, durch nicht-staatliche Organisation ausgeführt. Das ganze Land, darunter eine Vielzahl von Menschen, denen vorher George W. Bush und die Republikanische Partei maximal missfallen hatten, scharten sich jetzt vereint um die Regierung und ihre Führung, um Bush, Dick Cheney und die Republikanische Partei. So etwas ähnliches passiert immer, wenn eine Nation durch externe Kräfte angegriffen wird. Daher könnte für einen streng konservativen Mullah und die herrschende Elite im Iran ja nicht besseres geschehen, als dass sie in irgendeiner Gemeinschaftsaktion Israels und der USA angegriffen würde. Das würde sie vollständig vor der wachsenden Unzufriedenheit der Bürger über die wirtschaftliche Lage und über andere Dinge bewahren und diese Bürger zudem um ihre konservativen Führer zusammenschließen. Und das nicht nur im Iran, sondern ähnlich in der ganzen arabischen Welt.
ARH: Es ist eine gewisse Übereinstimmung in Geheimdienstkreisen der USA und Israels, dass der Iran nicht versucht, Atomwaffen herzustellen. Die meisten Analysten dieser Kreise glauben, dass der Iran nur versucht, die sogenannte "Durchbruch-Fähigkeit" zu erreichen, welche ermöglicht, Atomwaffen zu produzieren, wenn man denn dazu eine Entscheidung gefällt hätte. Doch ich habe viele Nachrichtenberichte in den us-amerikanischen Medien gesehen, die es als gegeben sehen, dass der Iran bereits verdeckt Atomwaffen produziert.
Ich will das noch etwas hinterfragen. Sie zitierten einmal einen Artikel in der New York Times im Januar. Der israelische Journalist Roland Bergmann schrieb dort: "Die Iraner sind im Grunde doch eine Nation, deren Führer sich das strategische Ziel der Auslöschung Israels gestellt haben." Dies scheint mir ein zentraler Punkt in der Stoßrichtung der Propaganda zu sein. Dahinter steht der Gedanke, dass im Gegensatz zum Kalten Krieg, die beiderseitig sichere Zerstörung bei diesen "verrückten Mullahs" keine effektive Abschreckung sichert, denn letztere machten sich nichts aus einem Märtyrertod bei einem israelischen atomaren Vergeltungsschlag. Können Sie etwas zu dieser Unterstellung sagen, dass sie keine menschliche Besorgnis um ihr eigenes Leben und das ihrer Bürger hätten?
Glenn Greenwald: Überlegen Sie bitte, wie offensichtlich und unglaublich Selbstbetrug hinter dieser Ansicht steht. Zum Einen - wenn die Iraner wirklich ein Regime bildeten, welches die Juden ausrotten möchten und sich nicht um die Folgen scherten, dann könnten sie ja wirklich sehr einfach damit beginnen, die derzeit ganz friedlich und wohlhabend im Iran lebenden 25.000 Juden einzufangen und zu töten. Aber das geschieht nicht. Ich möchte es eigentlich ungern so romantisierend darstellen, aber es gibt einen Juden im iranischen Parlament, es gibt Religionsfreiheit im Iran, und sie gewähren ihren Staatsbürgern die meisten Zivilrechte. Wenn also das iranische Regime so etwas wie die Nazi-Herrschaft wäre [Netanjahu behauptet das immer wieder], würde all dies nicht existieren.
Nochmals zurück zu Ihrer Frage: wenn Sie postulieren wollten, dass ein Land im Kern selbstmörderisch orientiert ist, dann ist doch klar, dass in diesem Fall der Iran beim Einsatz von Atomwaffen gegen Israel oder die USA die Auslöschung des eigenen Landes so gut wie gesichert hätte. Israel hat die Fähigkeit zum Zweitschlag, und die USA wären sicher in jedem Fall auch beteiligt.
Wenn es wahr wäre, dass die iranische Führung buchstäblich selbstmörderisch zu handeln bereit sei und das Risiko einer vollständigen Zerstörung und Vernichtung des Landes hinzunehmen bereit sei, dann hätte es doch bei irgendwelchen Punkte in der 31-jährigen Geschichte nach der iranischen Revolution und der Machtergreifung der Theokraten Anzeichen dafür geben müssen. Aber nichts Diesbezügliches ist feststellbar. Iran hat in dieser Zeit nicht einmal ein anderes Land besetzt, anders als Israel und anders als die USA, die viele Länder besetzt und bombardiert haben. Das Regime im Iran hat sehr schlau und berechnend Bündnisse mit Ländern der Welt hergestellt, mit China und Russland und anderen, wie etwa Venezuela. Sie haben sehr überlegt und klug an der eigenen Machtsicherung gearbeitet. Diese Führung hat wiederholt gezeigt, dass sie sich um die Dinge sorgen, um die sich typischer Weise politische Führungen kümmern: ihre Macht vergrößern und die Fortwährung des eigenen Regimes. Das ist letztlich eine sehr rationale Denkweise, welche die iranische Führung gezeigt hat.
ARH: Nun macht Staatspräsident Ahmadinejad immer mal wieder 'explosive' Äußerungen. Ich halte ihn für einen religiösen Fanatiker und solche religiöse Fanatiker sind aus sich heraus gefährlich, gleich welcher Religion oder welcher Kultur sie zugehörig sind. Aber für unsere Menschen wäre es ja doch wichtig, zu verstehen, dass er über das iranische Militär keine Kontrolle hat, nicht wahr?
Glenn Greenwald: Nein, die alles im Iran befehlende Persönlichkeit, ganz besonders die Außen- und die Militärpolitik, trägt den Titel 'Oberster Führer'. Das ist Ajatollah Chamenei. Sein Titel besagt eigentlich selbstredend alles. Ahmadinejad ist in der Hierarchie der Mächtigsten des Landes der dritte oder vierte. Am letzten Wochenende gab es die Parlamentswahlen, bei denen seine Anhänger und Freunde erhebliche Einbußen erlitten, darunter war auch die Niederlage seiner Schwester, die für einen Parlamentssitz kandidierte. Ahmadinejad ist durch Rivalen auf verschiedene Weise geschwächt worden.
Aber lassen Sie uns nochmal einen Schritt zurück gehen und einen weiteren Zusammenhang beleuchten. Häufig wird viel Lärm um seine Äußerung "wir wünschen Israel von der [geschichtlichen] Landkarte getilgt zu sehen" gemacht. Dazu sollte man auch einmal auf einige der engsten Verbündeten der USA in der Region einen Blick werfen, auf diejenigen, die unser Land bewaffnet, finanziert, stützt, stärkt und beschützt, Länder, die von weit rechts stehenden religiösen Fanatikern gelenkt werden - Länder wie Saudi-Arabien etwa.
Wenn Sie auf die offizielle Web-Seite der Vereinigten Arabischen Emirate gehen, seit geraumer Zeit einer der engsten Verbündeten der USA, dann sehen Sie auf der Seite über Einwanderung eine Erklärung, dass Israelis keine Einwanderungsrecht haben, und das Wort Israels ist in Anführungszeichen gesetzt, weil auch die VAE das Existenzrecht Israels nicht anerkennen. Ihrer Ansicht nach ist eine richtige Landkarte der Welt die, in der Israel nicht vorkommt. Und das gilt für viele Länder im Nahen Osten.
Daher rezitiert Ahmadinejad nur das, was eine allgemeine politische Doktrin in vielen dieser extrem islamischen Staaten ist, wobei er dazu neigt, rhetorisch greller, provozierender und offensiver aufzutreten. Und diese Doktrin lautet, dass Israel kein legitimer Staat ist und dass es das politische Ziel dieser islamischen Staaten ist, ihn von der [politischen] Landkarte zu entfernen, ihn zu beseitigen.
Aber das ist Welten davon entfernt, dass sie Israel militärisch angreifen würden um es auszurotten und das ist noch mehr Welten von dem Gedanken entfernt, dass sie das tun könnten ohne sich selbst zu zerstören. Daher wird eine kluge, zivilisierte und starke Macht sich die politische Rhetorik anhören und dann rational entscheiden, was davon ernst zu nehmen ist und was nicht. Der Gedanke, dass Iran Israel mit Notwendigkeit angreifen wird oder dass es eine existenzielle Bedrohung Israels gibt, nur weil die iranische Führung nicht das Existenzrecht dieses Israels anerkennt, ist schlicht absurd angesichts der in dieser Region der Welt so verbreiteten und allgemeinen Stimmung.
ARH: Eigentlich möchte ich Ahmadinehad nicht verteidigen, aber doch darauf hinweisen, dass Juan Cole, ein Gelehrter hinsichtlich des Nahen Ostens, die von Ahmadinejad zitierte Aussage als eine von Ajatollah Chomeini nachwies. Er sagte dazu etwas in den 1970er Jahren, was dann aus dem Kontext herausgerissen wurde.
Ich möchte gerne noch etwas über die Haltung der USA sprechen. Sie schrieben in dieser Woche, dass Barack Obama in einem jüngsten Interview mit Jeffrey Goldberg (Atlantic) "seine absolute und unabänderliche Drohung zum Angriff auf den Iran erkennen ließ - nicht für den Fall, dass Iran angreift oder dabei wäre, ein anderes Land anzugreifen, sondern bereits beim Anschein, dass der Iran Atomwaffen produzieren würde." Ich zweifle etwas, ob das wirklich eine unterschiedliche Position von der Israels ist, wo man ja bereits den Versuch des Irans als nicht hinnehmbar betrachtet, eine 'Produktionsfähigkeit' zu erreichen.
Glenn Greenwald: Nun, es gab einige verschiedene Signale dazu aus der Obama-Regierung bezüglich dessen, was eine nicht zu überschreitende 'rote Linie' wäre, d.h. der entscheidende Punkt, bei dessen Überschreiten der Iran einen Angriff der USA zu erwarten hat. Es gab Erklärungen von Außenministerin Hillary Clinton und anderen in der Regierung, die die Formulierung Israels benutzten, dass es "nicht hinnehmbar wäre, dass der Iran eine Fähigkeit zur Produktion von Atomwaffen" entwickle. Damit war die Fähigkeit gemeint, Atomwaffen in sehr kurzer Zeit zu entwickeln.
Präsident Obama hat jedoch sorgfältig darauf geachtet, das konkrete Anstreben von Atomwaffen als die 'rote Linie' zu definieren - also die Entscheidung zum Bau von Atomwaffen und die Aktivitäten ihrer Konstruktion. Nun, das genau ist der Grund dafür, dass sich die Regierungen Israels und der USA derzeit in den Haaren liegen. Israels Regierung argumentiert, dass es ihr nach Verstreichen des richtigen Zeitpunkts unmöglich sein werde, den Iran anzugreifen. Denn Iran würde dann die Fähigkeit haben, schnell Atomwaffen bauen zu können und würde sich zudem gegen die militärischen Fähigkeiten Israels bei einem Angriff ausreichend geschützt und gestärkt haben. Dann wäre Israel ganz wesentlich von den USA abhängig. Aber die israelische Führung möchte auf keinen Fall in einer solchen Position der Abhängigkeit von den USA sein. Daher wollen sie nicht länger warten.
Obamas Entgegnung dazu ist, dass man sich in Israel keine Sorgen machen solle, denn "Ich gebe euch meine feste Zusage, ich erkläre diese Drohung: Wir werden angreifen, wenn der Iran jemals beginnt, Atomwaffen zu produzieren." In jenem Interview mit Jeffrey Goldberg sagte er noch: "Ich denke, ich habe schon bewiesen, dass ich als Präsident nicht bluffe."
Quelle: alterNet / Übersetzung: hth / Foto: WhiteHouse