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24.11.2023: Nach 47-tägigem Dauerbombardement schweigen in Gaza seit 7 Uhr Ortszeit die Waffen. ++ beiderseitige Freilassung von Gefangenen beginnt am Nachmittag ++ "Unvollständiges Glück" auf beiden Seiten ++ Was passiert nach der Feuerpause? Schlüssel liegt in Washington ++ Justice Democrats von Bernie Sanders: es gibt keine militärische Lösung, wir brauchen einen dauerhaften Waffenstillstand

 

In den Stunden vor Inkrafttreten der Feuerpause intensivierten beide Seiten die Kämpfe. Hamas-Kämpfer legten Hinterhalte, um so viele Panzer und gepanzerte Mannschaftswagen wie möglich außer Gefecht zu setzen, bevor die Waffenruhe alle militärischen Aktivitäten für 96 Stunden unterbricht.

Die israelischen Streitkräfte eroberten das al-Shifa Krankenhaus und versuchten, unterstützt von Luftangriffen, so nahe wie möglich an das Zentrum von Gaza-Stadt heranzukommen. Gleichzeitig hat Israel die Bombardements im Süden des Gazastreifens, der zuvor als "sichere Zone" deklariert worden war, verstärkt.

Gazakrieg Khan Younis 2023 11 24


14.854 Menschen wurden in Gaza seit dem 7. Oktober getötet, darunter 6.150 Kinder und 4.000 Frauen, 36.000 Menschen sind verwundet, über 6.800 Menschen werden unter den Trümmern zerbombter Häuser vermisst, von den 2,2 Millionen Einwohner:innen befinden sich 1,5 Millionen Menschen innerhalb des Gazastreifens auf der Flucht, mehr als 60 Prozent der Gebäude in Gaza wurden durch die israelischen Bombardements zerstört. Das Ausmaß der Gewalt in Gaza hat viele Wissenschaftler:innen und Expert:innen der Vereinten Nationen veranlasst, vor der Gefahr eines Völkermords zu warnen. Die gewaltsame Vertreibung des größten Teil der Bevölkerung im Norden des Gaza-Streifens - mehr als eine Million Einwohner – gibt Anlass zur Sorge über eine mögliche ethnische Säuberung der Palästinenser .

Gazakrieg Gaza Friedhof fuer Kinder


Nach Angaben israelischer Behörden wurden bei dem Angriff der Hamas am 7. Oktober etwa 1.200 Menschen, überwiegend Zivilisten, getötet und mehr als 240 Gefangene nach Gaza verschleppt.

Viertägige Waffenruhe zum Austausch von Gefangenen

Wie der Vermittler Katar am Donnerstag mitteilte, haben sich Israel und die Hamas auf eine viertägige Kampfpause geeinigt, die auch den Austausch einiger der von der palästinensischen Gruppe Hamas bei einem Angriff im Süden Israels am 7. Oktober gefangen genommenen Personen gegen palästinensische Gefangene in israelischem Gewahrsam vorsieht.

Der Sprecher des katarischen Außenministeriums, Majed al-Ansari, sagte, dass die Pause "nur den Gazastreifen" betreffe. Er stellte klar, dass Katar nur zwischen der Hamas und Israel vermittelt. "Wir sprechen nicht über andere Fronten. Wir sprechen speziell über die Situation im Gazastreifen."

Der Waffenstillstand begann am heutigen Freitag um 7 Uhr morgens. Die erste Gruppe der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln - 13 Frauen und Kinder - wird gegen 16.00 Uhr freigelassen und an das Rote Kreuz übergeben. Auch die erste Gruppe palästinensischer Gefangener soll am Freitag freigelassen werden.

Im Rahmen des Abkommens wird die Hamas innerhalb von vier Tagen insgesamt 50 gefangene Frauen und Kinder freilassen, während Israel 150 palästinensische Gefangene freilassen wird. "Die erste Phase wird vier Tage dauern, in denen es eine Kampfpause geben wird", heißt es.

Die Feuerpause kann auf zehn Tage verlängert werden, um mehr Geiseln als die geplanten 50 freizulassen - je ein Tag für je 10 Gefangene, die von der Hamas frei gelassen werden.

Während der Kampfpause wird 200 Lastwagen pro Tag erlaubt, humanitäre und medizinische Güter in den Gazastreifen zu bringen. Zudem soll die Einfuhr von Treibstoff für humanitäre Zwecke ermöglicht werden. Nach Angaben der Hamas soll der gesamte Gazastreifen, auch der Norden, mit den Gütern versorgt werden.

Alle israelischen Einheiten werden in dieser Zeit entlang der im Abkommen vereinbarten Linien im Gazastreifen bleiben.

Den Menschen aus dem Norden des Gazastreifens wird erlaubt auf einer festgelegten Route in den Süden zu fliehen. Die israelische Armee hat erklärt, dass sie die Rückkehr in den Norden verhindern wird.

Gazakrieg Feuerpause IDF

https://twitter.com/IDF/status/1727913944843448464

Unvollständiges Glück

Sowohl auf israelischer wie auf palästinensischer Seite sind "die Menschen zwar dankbar über die Waffenruhe, haben aber das Gefühl, dass es ein unvollständiges Glück ist, wenn ihre Angehörigen nicht freigelassen werden", berichten Journalisten aus Israel und dem Westjordanland.

Im Westjordanland sind die Familien der palästinensischen Gefangenen angespannt. Es gibt kaum jemanden, der nicht selbst im Gefängnis saß oder einen Familienangehörigen oder Freund kennt, der in einem israelischen Gefängnis gesessen hat. Außerdem befürchten sie, dass die Feuerpause im Gazastreifen zu einem Anstieg der ohnehin schon verstärkten Angriffe der israelischen Besatzungstruppen im besetzten Westjordanland führen könnte.

Vor dem 7. Oktober befanden sich rund 5.300 Palästinenser:innen in israelischen Gefängnissen, nach Angaben von Human Rights Watch ist ihre Zahl innerhalb eines Monats auf "10.000 gestiegen, von denen sich über 2.000 in Verwaltungshaft befinden, ohne dass eine konkrete Anklage erhoben wurde".

Palestina Festnahme eines Kindes
Wie Save the Children berichtet, ist Israel das einzige Land der Welt, das "Kinder vor Militärgerichten inhaftiert und verfolgt, mit unfairen Prozessen, gewaltsamen Verhaftungen und Zwangsverhören". Der von der NGO im vergangenen Juli veröffentlichte Bericht "Injustice" zeigt, dass jedes Jahr "zwischen 500 und 1.000 Minderjährige im Westjordanland im israelischen Militärgefängnissystem festgehalten werden" und die Hauptanklage gegen sie "Steinewerfen" lautet, was zu einer 20-jährigen Gefängnisstrafe führen kann.

Palestina Demo fuer Freilassung von Kindern


Die Liste der Gefangenen, die aus israelischer Haft entlassen werde sollen, wurde am Mittwoch vom israelischen Justizministerium veröffentlicht. Nach Angaben der Zeitung Haaretz enthält die Liste 300 Namen – 287 Minderjährige, die wegen Steinwürfen im Westjordanland oder Ost-Jerusalem inhaftiert sind und 13 Frauen - und damit doppelt so viele wie vereinbart, "für den Fall, dass die Hamas weitere israelische Geiseln im Austausch gegen andere Gefangene freilassen sollte".

Israel Bring them home

Israels Minister für nationale Sicherheit, der Rassist Itamar Ben-Gvir, hat das Abkommen mit der Hamas scharf kritisiert. Er wies den israelischen Polizeipräsidenten Kobi Shabtai an, mit "eiserner Faust" gegen Versuche vorzugehen, die Entlassung von Gefangenen zu feiern. Ben-Gvir sagte, dass diese Feiern dem "Terrorismus" gleichkämen und verglich sie mit der Unterstützung der Aktivitäten der Hamas.

Der israelische Kanal 12 berichtet, dass es eine Koordination zwischen dem israelischen Gesundheitsministerium und dem Armeesprecher geben wird, um die von den von der Hamas freigelassenen Gefangenen veröffentlichten Aussagen zu kontrollieren. Dies könnte ein Versuch sein, sicherzustellen, dass sich die Szene nach der Freilassung von Yocheved Lifshitz Ende Oktober nicht wiederholt, als die 85-Jährige den Medien mitteilte, sie sei in der Gefangenschaft gut behandelt worden.

"Die Nation ist sich einig, dass so viele Geiseln wie möglich freigelassen werden müssen. Niemand in Israel kümmert sich um Gaza."
Gideon Levy, Kolumnist der israelischen Zeitung Haaretz

Gideon Levy, Kolumnist der israelischen Zeitung Haaretz, sagte, die Freilassung einiger Geiseln werde in Israel sowohl Jubel als auch Trauer auslösen, da viele andere noch immer festgehalten würden. "Die Nation ist sich einig, dass so viele Geiseln wie möglich freigelassen werden müssen", sagt Levy.

"Im Moment unterstützen die Israelis die Fortsetzung des Krieges, aber es wird ein Moment kommen, in dem Israel sich fragen muss - bis wann und was wird danach kommen und zu welchem Preis werden wir weitermachen? All das sind jetzt offene Fragen, und die kommenden Tage werden zeigen, ob wir nach dem Waffenstillstand eine weitere Eskalation anstreben", sagte er und beklagt: "Die israelischen Medien zeigen kaum, was in Gaza vor sich geht, und die Israelis wollen nicht wissen, was in Gaza vor sich geht. Die Israelis, fast alle von ihnen, sind nur auf ihre eigene Trauer, ihren Schmerz und ihre Hoffnungen konzentriert und niemand kümmert sich um Gaza. Ich fürchte, ich sage es in aller Deutlichkeit: Niemand in Israel kümmert sich um Gaza, und sich um Gaza zu kümmern ist fast schon illegitim."

Was passiert nach der Feuerpause?

Der israelische Kriegsminister Gallant bezeichnete die Kampfpause als "kurze Atempause". "Danach werden die Kämpfe intensiv weitergehen", sagte er.

"Die Kontrolle über den nördlichen Gazastreifen ist der erste Schritt eines langen Krieges", sagte der israelische Militärsprecher Daniel Hagari. "Wir bereiten uns auf die nächsten Schritte vor und werden uns in den kommenden Tagen auf die Planung und Durchführung der nächsten Schritte des Krieges konzentrieren".

US-Präsident Biden begrüßte die "humanitäre Pausen", wies aber die Forderung nach einem Waffenstillstand entschieden zurück, zumindest bis Israel sein erklärtes Ziel, die Hamas zu eliminieren, erreicht hat.

"Wichtig, aber nicht genug"

"Die Feuerpause reicht nicht aus: Was wir heute erleben, ist eine militärische Pause, die den Status quo der Feindseligkeiten aufrechterhält", sagte der Papst am Mittwoch, nachdem er in getrennten Begegnungen Angehörige von Gefangenen der Hamas und von palästinensischen Gefangenen in israelischen Gefängnissen empfangen hatte.
"Das ist kein Krieg mehr, das ist Terrorismus" fügte er hinzu. Eine Aussage, die sich, ohne sie zu nennen, sowohl auf die bewaffnete Aktion der Hamas am 7. Oktober als auch auf die Vergeltung Israels bezieht, eine Militäroperation, die den Charakter eines Vernichtungskrieges und einer wahllosen terroristischen Aktion gegen Zivilisten angenommen hat.

"die Alternative ist zu entsetzlich, um sie in Betracht zu ziehen."

Der ehemalige UNRWA-Vertreter Chris Gunness sagte, das Abkommen über die Freilassung der Gefangenen, zeige, dass die Hamas und Israel in der Lage sind, zu verhandeln, wenn die richtigen Gesprächspartner beteiligt sind und Druck ausgeübt wird.
"Diese Pause kann zu etwas Positivem ausgeweitet werden", sagte er gegenüber Al Jazeera. "Die Dynamik kann aus dem Konflikt herausgenommen werden, und das wird eine Gelegenheit für vertrauensbildende Maßnahmen bieten, für die beiden Seiten, miteinander zu reden, denn ... es kann keinen militärischen Sieg geben."
"Wir müssen diese Geiselverhandlungen als etwas sehen, das zu weiteren Verhandlungen führen wird, etwas, das letztendlich vielleicht zu substanzielleren Friedensgesprächen führen könnte", sagte er. "Das muss die Hoffnung sein, denn die Alternative ist zu entsetzlich, um sie in Betracht zu ziehen."

Der Schlüssel liegt in Washington.

Der Schlüssel liegt in Washington. Die ultrarechte, rassistische Regierung Israels kann den Vernichtungskrieg gegen die palästinensische Bevölkerung in Gaza nur führen, weil sie auf die Unterstützung durch die USA und den Großteil der westlichen Gemeinschaft bauen kann. Israel erhält jährlich US-Miltärhilfe in Höhe von 3,8 Mrd. Dollar. Biden fordert für dieses Jahr mehr als 14 Mrd. Dollar an zusätzlicher Hilfe für Israel. Das Weiße Haus und das Pentagon haben wiederholt erklärt, dass sie keine "roten Linien" ziehen würden, um den israelischen Krieg in Gaza und den Einsatz amerikanischer Waffen einzuschränken.

Usamah Andrabi, Kommunikationsdirektor der progressiven Gruppe Justice Democrats von Bernie Sanders, forderte die Biden-Regierung auf, ihre bedingungslose Unterstützung für die israelische Regierung zu beenden, die "uns weiterhin offen ihre Pläne zur Vernichtung und Vertreibung des palästinensischen Volkes mitteilt".
Andrabi sagte, die Pause sei eine vorübergehende, aber notwendige Unterbrechung der "unaufhörlichen Bombardierungen und Zerstörungen durch die israelische Regierung", die die Freilassung der Gefangenen ermöglichen werde.

"Dieses unvollständige Abkommen macht deutlich, dass es keine militärische Lösung für diesen Konflikt gibt und wir immer noch einen dauerhaften Waffenstillstand brauchen – der nicht 14 Milliarden US-Dollar an Militärwaffen und Bomben für Israel beinhaltet", so die Justice Democrats.

"Wenn wir wirklich daran glauben, Frieden und Sicherheit für alle Israelis und Palästinenser zu gewährleisten, beginnt dies damit, dass die Vereinigten Staaten ihre bedingungslose politische und finanzielle Unterstützung für eine rechtsextreme Regierung einstellen, die uns immer wieder offen ihre Pläne zur Vernichtung und Vertreibung des palästinensischen Volkes in Gaza und im Westjordanland mitteilt. Der Status quo vor dem 7. Oktober war Apartheid und Besatzung, die Zukunft muss Freiheit für alle Menschen sein."
Justice Democrats, 22.11.2023
https://twitter.com/justicedems/status/1727154045368910055


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Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
Zivilisten sterben, während die Welt zusieht. Die Luftangriffe gehen weiter. Familien werden massenweise vertrieben. Lebensrettende Hilfsgüter gehen zur Neige. Der Zugang für humanitäre Hilfe wird nach wie vor verweigert.
Unter diesen Umständen sind Hunderttausende von Vertriebenen in UNRWA-Schulen untergebracht. Tausende unserer humanitären Helfer sind vor Ort, um Hilfe zu leisten, aber Nahrungsmittel, Wasser und andere lebenswichtige Güter werden bald aufgebraucht sein.
Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

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