Internationales

Bombenangriff Derik 2022 02 0203.02.2022: Stundenlang hat die türkische Luftwaffe am Dienstagabend und gestern Nachmittag symbolische Orte im Gebiet der Selbstverwaltung des demokratischen Konföderalismus Nord- und Ostsyriens und dem Irak bombardiert ++ Salih Muslim: "Immer wenn der IS verliert, verstärkt der türkische Staat seine Angriffe" ++ SDF: US-geführte Globale Koalition für die türkischen Bombenangriffe mitverantwortlich ++ Sevim Dagdelen (MdB, DIE LINKE) kritisiert deutsche Regierung für ihr Schweigen zu den Terrorangriffen der Türkei

 

 

"Winteradler" nennt das türkische Militär die Luftangriffe, die am Dienstagabend mit stundenlanger Bombardierung von Dörfern und zivilen Gemeinden sowie auf das Flüchtlingslager Makhmour begonnen haben. Das Lager Makhmour mit 12.000 Flüchtlingen liegt im Irak südwestlich der Stadt Erbil, der Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan, und steht unter dem Schutz und der Kontrolle des UNHCR sowie der irakischen Regierung.
Am gestrigen Mittwoch wurde der Bombenterror auf ganz Rojava, von Osten nach Westen, fortgesetzt, wobei etwa zwanzig Gemeinden sowohl mit Drohnen als auch mit schwerer Artillerie angegriffen wurden.

Im Fadenkreuz der türkischen Angriffe liegen vor allem drei symbolische Orte des von PKK-Führer Öcalan theoretisierten demokratischen Konföderalismus: das Makhmour-Flüchtlingslager in Irakisch-Kurdistan (die Wiege dieses politischen Systems des Konföderalismus); Rojava in Syrisch-Kurdistan (die erste groß angelegte Umsetzung); und Shengal, die irakische Region mit einer ezidischen Mehrheit (die erste Umsetzung in einer anderen ethnisch-religiösen Gemeinschaft).

Der türkische Kriegsminister Hulusi Akar berichtete, dass "eine große Anzahl von Terroristen neutralisiert" worden sei. Die 60 beteiligten Kampfflugzeuge hätten 80 Ziele bombardiert, fügt er hinzu.

In Derik im Nordosten Syriens, wo die Türkei ein Kraftwerk angriff, wurden vier Mitglieder der SDF getötet; drei Zivilisten in Shengal, wo Dörfer und 21 Stellungen der Selbstverteidigungskräfte der YBS getroffen wurden; acht in Makhmour, darunter Zivilisten und Mitglieder der Selbstverteidigungskräfte des kurdischen Flüchtlingslagers. Gestern wurden in al-Bab mindestens 10 Zivilisten getötet.

Die gestern von kurdischen Agenturen und lokalen Aktivisten in den sozialen Medien veröffentlichten Bilder zeigen die Zerstörung. In Shengal hielt die autonome Verwaltung eine Pressekonferenz in einem Krater ab, inmitten der Trümmer eines der zerstörten Gebäude.

  Bombardierung Shengal 2022 02 01  
  Dieses Video zeigt die Verwüstung mehrerer jesidischer Dörfer in der Region Sindschar (Shengal) durch die türkische Bombardierung
https://twitter.com/i/status/1488822638696968199
 

 

"Immer wenn der IS verliert, verstärkt der türkische Staat seine Angriffe"
Salih Muslim, Partei der Demokratischen Union PYD

Der Angriff erfolgte zu einem Zeitpunkt, als in den wichtigsten Städten Rojavas, von Kobane über Qamishlo bis Derik, die Beerdigung der 121 Opfer des Angriffs des Islamischen Staates auf das al-Sina'a-Gefängnis in Hasakah stattfand: 77 Gefängnismitarbeiter*innen, 40 Kämpfer*innen der Syrischen Demokratischen Kräfte SDF und vier Zivilist*innen. Tausende nahmen an den Gedenkfeiern teil, inmitten von Särgen, die mit den Farben Kurdistans und den Gesichtern der Gefallenen bedeckt waren.

  Beerdigungsfeiern für die in Hasakah Gefallenen
 
  Hasakah Beerdigung Opfer 0222 02 02 1  
  Hasakah Beerdigung Opfer 0222 02 02 2  
  Hasakah Beerdigung Opfer 0222 02 02 3  

 

 

Die Autonome Verwaltung von Nord- und Ostsyrien sieht einen direkten Zusammenhang zwischen dem Scheitern des islamistischen Angriffs und "Winter Eagle": "Diese Angriffe wurden durchgeführt", so Salih Muslim von der Partei der Demokratischen Union PYD gegenüber der Agentur ANF, "weil die Hoffnungen, die die Türkei in den IS gesetzt hatte, enttäuscht wurden. Sie griff an, als der IS aus Kobane vertrieben wurde. Immer wenn der IS verliert, verstärkt der türkische Staat seine Angriffe".

Globale Koalition gegen den IS für die türkischen Bombenangriffe mitverantwortlich

 

"Die US-geführten internationalen Koalitionskräfte haben den Luftraum für die türkischen Bombenangriffe geöffnet"
SDF

Der SDF-Oberbefehlshaber Mazloum Abdi macht die Globale Koalition gegen den IS für die türkischen Bombenangriffe mitverantwortlich: "Unsere Koalitionspartner tragen einen großen Teil der Verantwortung, solche türkischen Angriffe zu verhindern. ... Dieser Angriff kommt einer Kriegserklärung gleich, gefährdet die Zivilbevölkerung und untergräbt unseren Kampf gegen den IS, während die Bedrohung durch den Terrorismus steigt."

In einer Presseerklärung beschuldigen die Syrisch Demokratischen Kräfte die Türkei, den Angriff des IS auf das al-Sina'a-Gefängnis in Hasakah massiv unterstützt zu haben, um Chaos im Gebiet der Selbstverwaltung zu stiften. Den Kräften der SDF sei es gelungen, diese Angriffe zu vereiteln, worauf die US-geführte internationale Koalition gegen den IS am Dienstagabend den Luftraum für das NATO-Mitglied Türkei öffnete.

Aus der Erklärung der SDF:

"Die massiven Angriffe der Terrororganisation 'Daesh' auf das Gefängnis in Hasakah-wurden direkt mit Hilfe des türkischen Besatzungsstaates geplant. Am Jahrestag der Befreiung Kobanes wurden die Angriffe von unseren Kräften mit Hilfe und Wachsamkeit der Bevölkerung unserer Region vereitelt und dem türkischen Besatzungsstaat und seinen Söldnern der zweite Schlag versetzt.

Um durch die Angriffe Gewinne zu erzielen und durch ihre Söldner Chaos in unseren Gebieten zu stiften, griff die Türkei die Regionen Tal Tamir, Ain Issa und andere Gebiete in Verbindung mit dem massiven Angriff von Daesh auf das Gefängnis in Hasakah, aber unseren Kräften gelang es, auch diese Angriffe zu vereiteln, und der türkische Besatzungsstaat konnte seine Ziele durch diese Angriffe nicht erreichen.

Dann haben die internationalen Koalitionskräfte am 1. Februar gegen 22 Uhr den Luftraum für die türkische Besatzung geöffnet, die Luftangriffe auf das Kraftwerk in 'Kar Kendal' in der Nähe des Dorfes 'Taql Bakl' in der Region 'Direka Hamko' durchführte, was zur Zerstörung des Kraftwerks und zum Märtyrertod von 4 unserer Kämpfer führte, die das Kraftwerk schützten, sowie zur Verwundung von 5 zivilen Mitarbeitern. (...)
Es ist ziemlich offensichtlich, dass die Angriffe des türkischen Besatzungsstaates nicht ohne das Wissen der internationalen Koalitionstruppen durchgeführt wurden. (…)" [1]

Barzani in Ankara

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch verkündete der türkische Kriegsminister Hulusi Akar das Ende der Blitzaktion - die jedoch keineswegs beendet ist, sondern zur Stunde noch andauert - und feierte die "sichere und unversehrte" Rückkehr der Flugzeuge. Als ob die SDF ein Flugabwehrsystem hätten, um die türkischen Kampfflugzeuge aufzuhalten. Im Gegenteil: Die USA gab den Luftraum für die Angriffe frei, um ihren NATO-Partner Türkei, der über die Unterstützung der internationalen Koalition bei der Niederschlagung des IS-Aufstandes verärgert ist, zu besänftigen.

Allerdings haben die massiven Bombenangriffe auf irakisches Staatsgebiet diesmal die irakische Zentralregierung auf den Plan gerufen. Bagdad verurteilt die Angriffe und die eklatante Verletzung des Luftraums und der nationalen Souveränität, die aber auch durch die die Präsenz türkischer Stützpunkte auf irakischem Territorium verletzt wird, die nun schon seit Jahren Realität ist.

Es dürfte kein Zufall sein, dass die türkischen Bombenangriffe zeitgleich mit dem Besuch von Nidschirfan Barzani, Präsidenten der Autonomen Region Kurdistan Irak, in Ankara zusammenfiel. Barzani bemüht sich um gute Beziehungen zur Türkei und ist ein eingefleischter Gegner des in Nord- und Ostsyrien sowie in Shengal praktizierten Modells der Selbstverwaltung.

Deutsche Regierung schweigt zu Bruch des Völkerrechts und Menschenrechtsverletzungen

"Wer den NATO-Partner Türkei mit seinen völkerrechtswidrigen Angriffen beschweigt, sollte in Zukunft einfach den Mund halten in Sachen Völkerrecht!"
Sevim Dagdelen, MdB, DIE LINKE

Die Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, Sevim Dagdelen, kritisiert das Schweigen der Bundesregierung zu den Bombenangriffen der Türkei und deren Unterstützung für den IS.

Dagdelen: "Dass die Bundesregierung die Völkerrechtsbrüche und Massenvertreibungen des Terrorpaten und Moslembruders Erdogan weiterhin mit einer Vorzugsbehandlung goutiert, ist ein Skandal und drückt gleichzeitig die unerträgliche Doppelmoral aus. Das Auswärtige Amt, das sich ansonsten ganz laut für eine 'wertebasierte Außenpolitik' einsetzt, ist heute auf wundersame Weise ganz schweigsam. Keinerlei Kritik an den Angriffen der Türkei auf zivile Ziele im Norden Iraks und Syriens. Wo bleiben die Verurteilungen in aller Schärfe? Wo die Konsequenzen aus der Aggression des NATO-Partners Türkei? Wer den NATO-Partner Türkei mit seinen völkerrechtswidrigen Angriffen beschweigt, sollte in Zukunft einfach den Mund halten in Sachen Völkerrecht!"

 

Anmerkungen:

[1] SDF Press Center, 2. Februar 2022: "Statement regarding the Turkish occupation’s air attack on Derik countryside"
https://sdf-press.com/en/2022/02/statement-regarding-the-turkish-occupations-air-attack-on-derik-countryside/

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

CfD communist solidarity dt
zum Text hier
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Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
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Unter diesen Umständen sind Hunderttausende von Vertriebenen in UNRWA-Schulen untergebracht. Tausende unserer humanitären Helfer sind vor Ort, um Hilfe zu leisten, aber Nahrungsmittel, Wasser und andere lebenswichtige Güter werden bald aufgebraucht sein.
Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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