16.03.2021: In den USA haben Repräsentanenhaus und Senat ein 1.900 Milliarden US-Dollar schweres Corona-Hilfspaket (American Rescue Plan) beschlossen ++ "Erstmals ist etwas für die arbeitenden Menschen und nicht für die herrschende Klasse beschlossen worden", meint Anita Waters von der Kommunistischen Partei ++ "die konsequenteste Gesetzgebung für arbeitende Menschen seit vielen, vielen Jahrzehnten" schreibt Bernie Sanders ++ "es gibt noch viel zu tun, aber das hier ist bedeutend", sagt Alexandra Ocasio-Cortez ++ die linken Kräfte haben schon die nächsten Maßnahmen im Blick
"Kann der Amerikanische Rettungsplan Amerika retten?" Diese Frage diskutierten einige leitende Funktionär*innen der Kommunistische Partei der USA (CPUSA) am Freitag (12.3.) auf der wöchentlichen Videokonferenz "Good Morning Revolution".
Wichtig sei ein seit Jahrzehnten wieder neuer Grundgedanke, nämlich dass eine Regierung überhaupt etwas tun könne und verantwortlich sei. Konservative Regierungen seit Nixon und Reagan hätten alles getan, dagegen das Grundverständnis durchzusetzen, weniger Regierung sei nötig, privates Unternehmertum müsse und könne alles regeln. Genau dagegen verstoße der Rettungsplan "American Rescue Act", auch als Hilfsprogramm, Konjunkturprogramm oder Corona-Hilfspaket bekannt.
Das ist das Resultat der Mobilisierung
Die Diskussionsteilnehmer*innen verglichen das Paket mit dem "New Deal" Präsident Roosevelts in den 1930er Jahren und bezeichneten ihn als "Big Deal" für die Armen (Rosanna Cambron, Co-Vorsitzende CPUSA). Scott Hiley: "Das ist das Resultat der Mobilisierung der Menschen im Wahlkampf für fortschrittliche Inhalte". Maicol David: "Das müssen wir gerade als Kommunisten unterstützen". Anita Waters: "Erstmals ist etwas für die arbeitenden Menschen und nicht für die herrschende Klasse beschlossen worden".
"Der größte Pro-Arbeiter*innen Gesetzentwurf seit dem New Deal wird Gesetz."
John Wojcek, People's World
Die us-amerikanischen Kommunist*innen orientierten auf die nächsten Schwerpunkte:
Erstens die Erhöhung des Mindestlohns auf 15 US-Dollar (von bisher 7,25), die ja im Senat aus dem Corona-Hilfspaket gestrichen wurde und, so Joe Sims, Vorsitzender der CPUSA und Moderator der Konferenz, allein 30% der Afroamerikaner*nnen aus der Armut bringen würde.
Zweitens die Verabschiedung des "Protecting the Right to Organize Act" (PRO Act) im Senat, nachdem er vom Abgeordnetenhaus am 9. März beschlossen wurde. Dieses Gesetz würde Streikbrecher- und andere antigewerkschaftliche Aktionen unterbinden, Strafen für Verstöße gegen Arbeitsgesetze schon beim ersten Mal auf 50.000 USD erhöhen und gewerkschaftliche Organisierung erheblich erleichtern. [1] Es wäre ein historischer Bruch mit jahrzehntelanger antigewerkschaftlicher Gesetzgebung. (siehe z.B. kommunisten.de: "Kampf um Gewerkschaft bei Amazon in den USA" oder "Volkswagen gegen Arbeiter*innenrechte")
Die Verabschiedung dieses Gesetzes ist ein Schwerpunkt des Gewerkschaftsdachverbandes AFL/CIO für dieses Jahr. "Dazu die Senatoren anrufen" - mobilisieren auch die Democratic Socialists of America auf ihren Internetseiten; sie sind mit aktuell 92.000 Mitgliedern die größte und schnell wachsende sozialistische Organisation der USA. [2]
USA: 1,9 Billionen Corona-Hilfspaket und der Kampf um den Mindestlohn |
In der Zeitung "People's World" der CPUSA schreibt ihr Herausgeber John Wojcek am 9. März: "Der American Rescue Plan macht einen Riesenfortschritt, um Armut, Ungleichheit und andere Krankheiten zu bekämpfen. Reagan muss sich im Grabe herumdrehen. Der größte Pro-Arbeiter*innen Gesetzentwurf seit dem New Deal wird Gesetz." Das Gesetz sei zwar klassisch keynesianisch, somit nicht völlig neu, aber neu in diesem Ausmaß. Allerdings: "Eines der Probleme ist, dass ein großer Teil der Hilfe des Pakets nicht dauerhaft ist und ein Teil davon wird vor den Zwischenwahlen 2022 auslaufen. Die Republikaner werden alle Schwächen nutzen, um die Macht zurückzuerlangen. Um so mehr Grund, Druck für den Erfolg zu machen und an der Koalition zu arbeiten, die Trump 2020 aus dem Weißen Haus vertrieben hat." [3]
"die konsequenteste Gesetzgebung für arbeitende Menschen seit vielen, vielen Jahrzehnten"
Bernie Sanders, Senator
Der linke Senator Bernie Sanders aus Vermont, Vorsitzender des Haushaltsausschusses im US-Senat, der sich u.a. besonders für den 15 USD Mindestlohn engagiert, schreibt im Interview in der Samstagausgabe (13.3.) von NPR über das bisherige Ergebnis: "Ja, es unterscheidet sich in einigen Punkten von dem, was ich gerne verabschiedet hätte, aber dieses Stück Gesetzgebung ist die konsequenteste Gesetzgebung für arbeitende Menschen seit vielen, vielen Jahrzehnten. Diese 628 Seiten verändern wirklich, was die Anliegen und Bedürfnisse arbeitender Familien in unserem Land betrifft". [4]
"es gibt noch viel zu tun, aber das hier ist bedeutend"
Alexandra Ocasio-Cortez, Abgeordnete
Die linke Kongressabgeordnete für New York, Alexandra Ocasio-Cortez, auch von den Demokratischen Sozialisten, erklärte über twitter auf Video noch mal genau, was die Beschlüsse für alle konkret (auch im Geldbeutel) bedeuten. Zum Schluss betonte sie: "Ihr müsst mobilisieren, und jetzt ist die Zeit zu organisieren und den politischen Druck zu erzeugen. Es gibt noch viel, was wir erreichen wollen, dazu müssen wir Macht aufbauen; doch dazu müssen wir erkennen, was wir erreicht haben, es wertschätzen und dann weiter machen. Denn es gibt noch viel zu tun, aber das hier ist bedeutend, bedeutend!" [5]
https://twitter.com/nowthisnews/status/1370493485829197825 |
txt: Jürgen Köster
Meinung des Autors: Teile der deutschen Linken scheinen schon im Voraus zu wissen, dass die Biden-Administration nur den gleichen alten Mist weitermachen wird. Da ist es schon erfrischender, genauer zu beobachten, wie schnell und interessant sich dort Dinge offensichtlich entwickeln.
Anmerkungen
[1] https://nymag.com/intelligencer/2021/03/what-is-the-pro-act.html
[2] https://www.dsausa.org/ | https://www.facebook.com/demsocialists
[3] https://www.peoplesworld.org/article/american-rescue-act-government-of-by-and-for-the-people/
[4] https://www.npr.org/2021/03/13/976690131/sanders-americans-care-more-about-1-400-checks-from-aid-plan-than-lack-of-gop-vo
[5] https://twitter.com/nowthisnews/status/1370493485829197825
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