14.03.2021: Die Präsidentin der Putschregierung, Jeanine Áñez, sowie weitere Minister und Militärs wurden verhaftet. Die Staatsanwaltschaft hat einen Haftbefehl gegen Áñez und ihre ehemaligen Minister Arturo Murillo, Yerko Núñez, Álvaro Coímbra, Fernando López und Rodrigo Guzmán wegen des Staatsstreichs gegen die legitime Regierung von Evo Morales im Jahr 2019 erlassen.
Am Freitagnachmittag (12.3.) wurden die ehemaligen Minister für Justiz und Energie, Álvaro Coímbra und Rodrigo Guzmán verhaftet. Außerdem wurde am Freitag der Ex-Stabschef der Streitkräfte Admiral Flavio Arce San Martin inhaftiert. Arce San Martín war Teil des militärischen Oberkommandos unter General Williams Kaliman, der am 10. September 2019 den Rücktritt des ehemaligen Präsidenten Evo Morales forderte und den Putsch einleitete.
Jeanine Áñez wurde in der Nacht von Freitag auf Samstag festgenommen und am frühen Samstagmorgen in das Gefängnis nach La Paz überführt. Der Aufenthaltsort von Núñez ist unbekannt; Murillo und López sind in die USA geflohen .
Die Angeklagten werden der Verbrechen des Terrorismus, der Aufruhr und der Verschwörung beschuldigt. Nach dem Haftbefehl liegen zudem hinreichende Anhaltspunkte für eine Verurteilung wegen der mutmaßlichen Beteiligung der Angeklagten an den Verbrechen der Massaker von Senkata und Sacaba vor. Die Angeklagten werden für den Tod von mindestens 36 Menschen, mehr als 800 Verletzten und fast 1.000 Verhafteten verantwortlich gemacht. Ebenso untersucht der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen den mysteriösen Tod des argentinischen Journalisten Sebastián Moro während des Staatsstreichs in Bolivien.
Eingeleitet wurde das "Staatsstreich"-Verfahren, nachdem die ehemalige Kongressabgeordnete Lidia Patty (MAS) den rechtsextremistischen, rassistischen Anführer des Bürgerkomitees von Santa Cruz, Luis Fernando Camacho, ehemalige Militär- und Polizeichefs und andere der "Verschwörung, des Terrorismus und des Aufruhrs" gegen die Regierung von Evo Morales beschuldigt hatte.
Die Staatsanwaltschaft begründet die Haftbefehle mit der Gefahr, dass sich die Beschuldigten ins Ausland absetzen könnten, da sie über gültige Aufenthaltsgenehmigungen in anderen Ländern verfügten.
Vorher hatten die Angehörigen und überlebenden Opfer des Massakers von Senkata und Sacaba um die Verhaftung der Putschist*innen gebeten, da sie befürchteten, dass die Angeklagten aus dem Land fliehen würden.
In diesem Sinne beglückwünschte Regierungsminister Eduardo Del Castillo die Arbeit des Generalkommandos der bolivianischen Polizei, der Direktion des Nationalen Nachrichtendienstes (DNI) und der Spezialkräfte zur Verbrechensbekämpfung FELCN bei der "historischen" Aufgabe, dem bolivianischen Volk Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.
"Gerechtigkeit ja, Straflosigkeit nein"
Del Castillo versichert, dass die Regierung Gerechtigkeit und nicht politische Verfolgung betreibe. "Wir möchten klarstellen, dass diese demokratisch gewählte Regierung niemanden politisch verfolgt, sondern nur dafür sorgt, dass es in unserem Land Gerechtigkeit gibt", sagte er.
"Gerechtigkeit ja, Straflosigkeit nein", erklärte der Präsident der Abgeordnetenkammer, Freddy Mamani Laura (MAS). "Das bolivianische Volk hat unter der Gewalt der Putschisten gelitten. Schmerz und Trauer wurden verursacht, von einer sogenannten 'Übergangsregierung', die in Wirklichkeit eine Diktatur war, die mit Blut und Feuer durchgesetzt wurde", schrieb er auf seinem Social-Media-Account.
Mamani betonte, dass 2019 mit der demokratischen Ordnung gebrochen wurde, um die Durchsetzung des Volkswillens zu verhindern. "Sie erfanden einen angeblichen Betrug - den sie nie bewiesen - in Absprache mit der OAS [Organisation Amerikanischer Staaten], um den Rücktritt der damaligen legalen und legitimen Regierung zu erzwingen", erklärte er.
Er bekräftigte, dass die Protagonisten der Verschwörung "Añez bei einem Treffen zwischen Privatpersonen, außerhalb der gesetzgebenden Versammlung, zur Präsidentin gewählt haben. Die De-facto-Regierung führte, um an der Macht zu bleiben und die Bevölkerung zu demobilisieren, gewaltsame Massaker durch. Sie verfolgten diejenigen, die anders dachten oder den Angriff der Putschisten auf die staatlichen Institutionen und Ressourcen anprangerten."
Aus diesen und vielen anderen Gründen, müsse Gerechtigkeit verübt werden, so Miami. "Diese Ereignisse können nicht ungestraft bleiben, und es geht nicht um Rache oder Verfolgung, es geht einfach um Gerechtigkeit."
Justizminister: Áñez ist als ehemalige Senatorin und nicht als Ex-Präsidentin angeklagt
Justizminister Iván Lima stellte am Samstag klar, dass Jeanine Áñez als ehemalige Senatorin und nicht als ehemalige Präsidentin angeklagt wird.
Lima erinnerte daran, dass Áñez nie als legitime Präsidentin gewählt wurde. Das, was untersucht wird, sind die Handlungen der ehemaligen Senatorin Áñez und Mitglieder ihrer politischen Partei, die mit nur vier Prozent der Unterstützung der Wählerschaft die Regierung in einem Staatsstreich übernahmen, der mit dem Tod mehrerer Bolivianer*innen endete, so Lima.
"Dass die Realität nicht verzerrt wird, dass nicht so getan wird, als würde eine Verfolgung stattfinden (...) es gibt Leute, die gehandelt haben und einen Putsch durchgeführt haben und vor Gericht gestellt werden müssen, dieser Prozess hat im Dezember 2020 begonnen, er wurde von der ehemaligen Abgeordneten Lidia Patty initiiert und hat alle Schritte durchlaufen, die einem ordentlichen Prozess entsprechen", erklärte Lima.
"Dies ist keine politische Verfolgung, es ist ein ordentlicher Prozess, um den Witwen, den Verwundeten und allen Opfern des Putsches das zurückzugeben, worum sie uns bitten, Gerechtigkeit, und das ist es, was die nationale Regierung tut und immer tun wird", erklärte sie.