20.04.2018: Die Nationalversammlung Cubas hat auf ihrer konstituierenden Sitzung am gestrigen Donnerstag einen neuen Staatsrat und den bisherige Vizepräsidenten Miguel Díaz-Canel zum Präsidenten des Staats- und Ministerrats gewählt.
Mit der Wahl des 58-jährigen Miguel Díaz-Canel als Nachfolger von Raúl Castro wird die »historische Generation der Revolutionäre« an der Staatsspitze abgelöst. Díaz-Canel dankte in seiner Rede der historischen Generation für ihre Leistungen beim Aufbau des kubanischen Sozialismus. Raúl Castro werde auf Grund seiner Verdienste weiterhin "an der Spitze der politischen Avantgarde" stehen, so Díaz-Canel. "Die Revolution endet nicht bei ihren Guerilleros", sagte der frisch gewählte Präsident. Auch in Zukunft werde es für jene keinen Platz geben, die eine Rückkehr zum Kapitalismus wollen, versicherte er. Das Mandat bestehe in der Fortsetzung der Revolution.
"Ich nehme die Verantwortung mit der Überzeugung an, dass alle Revolutionäre treu zu Fidel und zu Raúl, dem gegenwärtigem Führer des revolutionären Prozesses, stehen werden." Miguel Díaz-Canel |
Raúl Castro hatte schon vor längerer Zeit angekündigt, nach zwei Amtszeiten nicht mehr für den Posten des Staats- und Ministerratspräsidenten zur Verfügung zu stehen. In den vergangenen Wochen wurde unter den Abgeordneten des neu gewählten Parlaments eine Umfrage zur Ermittlung möglicher Nachfolger durchgeführt. Als aussichtsreichster Kandidat stellte sich Miguel Díaz-Canel heraus.
Miguel Díaz-Canel wurde am 20. April 1960 in dem Ort Placetas in der Provinz Santa Clara im Westen Cubas geboren. Im Jahr 1982 schloss er sein Studium als Elektronikingenieur an der Universität von Santa Clara ab und diente bis 1985 bei den Streitkräften. 1991 wurde er Mitglied des Zentralkomitees der KP Cubas (PCC), 2003 jüngstes Mitglied des Politbüros. Ende der 1980er Jahre erfüllte er eine Aufgabe in Nicaragua. Im Jahr 1994, in der harten »periodo especial«, wurde er Erster Sekretär der Provinz Santa Clara. Er war ein zuverlässiger Ansprechpartner für die Kulturschaffenden. Als Schirmherr hielt er seine Hand über "El Mejunje", den ersten dezidiert schwulen Nachtklub Cubas. Während seiner Zeit als Vizepräsident des Staatsrats ab 2013 setzte er vor allem bei den Themen Digitalisierung, Internet und Erneuerung der Medien Akzente. So forderte er unter anderem das Ende der "Geheimniskrämerei" in den kubanischen Medien. Das Internet bezeichnete er als "Recht aller", deshalb müsse der Zugang "verfügbarer und erschwinglicher" gemacht werden.
Raúl Castro: Die Kommunistische Partei wird den neuen Präsidenten unterstützen
Nach der Wahl von Miguel Díaz-Canel als Präsident des Staatsrates ergriff Raúl Castro das Wort. Er eröffnete seine Rede an die 604 anwesenden Abgeordneten mit einer Erinnerung an den Sieg über die Söldnerinvasion am Strand von Playa Girón. Die Bedeutung liege auch darin, dass Fidel im Anschluss den "sozialistischen Chrakter der Reevolution" erklärte, so Raúl.
Die Wahl der neuen Staatsführung war bewusst auf das Jubiläum des Sieges über eine US-organisierte Invasion in der Schweinebucht am 19. April 1961 gelegt worden. Der Putschversuch war vom US-Auslandsgeheimdienst CIA unterstützt und die Teilnehmer in Mittelamerika trainiert worden. Die Invasion wurde nach einigen Tagen von der von Fidel Castro persönlich angeführten cubanischen Revolutionsarmee niedergeschlagen. Der Sieg über die imperialistische Invasion führte zur Radikalisierung der Revolution. Nach dem Sieg über die Invasionstruppen rief Fidel Castro in Havanna den sozialistischen Charakter der Revolution aus.
"Wir leben an einem Ort und in einer Zeit, die keine Fehler erlauben." Raúl Castro |
In seiner Rede übte Raúl Castro teils heftige Selbstkritik an der Umsetzung der 2011 begonnenen Wirtschaftsaktualisierung. Viele der Reformen seien zu unsystematisch angegangen worden, das Tempo müsse sich erhöhen. Cuba durchlaufe wirtschaftlich komplizierte Zeiten, sagte Castro auch mit Blick auf die anhaltende Wirtschaftsblockade der USA. "Wir leben an einem Ort und in einer Zeit, die keine Fehler erlauben", so Castro.
Zugleich kündigte er eine Verfassungsreform an, deren Entwurf ab Sommer von einer Arbeitsgruppe des Parlaments erarbeitet werden soll. Anschließend soll die Bevölkerung in einem Referendum abstimmen.
Raúl Castro: Nicht einen Millimeter zurück
Raúl Castro verwies darauf, dass mit der Wahl des 31-köpfige Staatsrates eine Erneuerung und Feminisierung verbunden ist: 42% der Mitglieder sind neu gewählt, der Frauenanteil liegt bei 48%. Mit Ramiro Valdés und dem 90-jährigen Guillermo García Frías sind nur noch zwei Comandantes der historischen Generation im Staatsrat vertreten. Jüngstes Mitglied ist der 23-jährige Vorsitzende der Studentenföderation FEU, Raúl Alejandro Palmero.
"Drei Frauen wurden als Vizepräsidentinnen des Staatsrats gewählt, davon sind zwei von ihnen schwarz. Dabei sind sie dort nicht wegen ihrer Hautfarbe, sondern aufgrund ihrer Fähigkeiten", kommentierte Raúl Castro die neue Zusammensetzung des Gremiums.
Es sei Aufgabe des Staates, Jugendliche, Frauen und Afrocubaner*innen für verantwortungsvolle Ämter zu fördern, so Castro. Bei diesen Anstrengungen dürfe "nicht um einen Millimeter" zurückgewichen werden, forderte Castro, denn die Frauen, die Jugend und die Menschen mit farbiger Hautfarbe besetzen entscheidende Positionen in der Gesellschaft.
Raúl Castro wird auch nach seinem Rückzug vom Posten des Staats- und Regierungschefs die Zügel vorläufig noch nicht aus der Hand geben: Bis 2021 wird er als Generalsekretär die regierende Kommunistische Partei Kubas (PCC) anführen.
Quelle und Fotos: Granma
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