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irak wahlkampf201030.06.2011:  Am Freitag, den 20. Mai dieses Jahres, traf sich das Zentralkomitee der Irakischen Kommunistischen Partei (IKP) zu einer ordentlichen Sitzung, auf der es unter Einbeziehung der Vertreter verschiedener spezieller Arbeitsgruppen und Unterorganisationen der Partei Diskussionen hinsichtlich der aktuellen Lage im Lande und der Weiterentwicklung, Verbesserung und Ausrichtung der eigenen Arbeit führte und dazu eine Reihe von Entscheidungen verabschiedete.

Insbesondere wurden die Vorbereitungsarbeiten zum 9. Parteikongress der IKP behandelt. Dabei entschied das Zentralkomitee, eine öffentliche Debatte über die Entwurfsdokumente zum Parteikongress zu eröffnen, damit diese durch Parteimitglieder und -unterstützer, durch Fachleute und Wissenschaftler, unter den irakischen Demokraten und Patrioten und im ganzen Volk geprüft und bereichert werden können.

Hinsichtlich der aktuellen Lage - sechs Monate nach der Regierungsbildung, aber 12 Monate nach den im letzten Jahr abgehaltenen Parlamentswahlen - stellte das ZK-Treffen fest, dass die Krise des auf Machtteilung zwischen religiösen und ethnischen Gruppen gegründeten Staatssystems sich vertiefe. Die betroffenen Gruppen beäugten sich weiter mit Misstrauen. Es fehlten in jeder Hinsicht kurz- und langfristige Visionen und Strategien, von der Umsetzung des Prinzips 'die richtige Person an der richtigen Stelle' sei man meilenweit entfernt. Es fehle am Willen zur Zusammenarbeit und gemeinsamem Handeln. Konflikte erzeugende Machtüberschneidungen, um sich greifende Korruption und Anwachsen von staatlichen Organen, Institutionen und vom Verwaltungsapparat  lähmten den Staat und blockierten die Umsetzung jeglicher Wahlversprechungen.

Parlament und Regierung sind weiterhin Teil dieser gesamtgesellschaftlichen Krise. Obwohl vor sechs Monaten gebildet, sei die Regierung immer noch keine Organ der gemeinsamen Arbeit, einige Ministerien seien weiter ohne Führung. Etliche stellvertretende Präsidenten könnten wegen tiefer Meinungsverschiedenheiten in den 'Blöcken' nicht ernannt werden. Das Regierungskabinett habe keinerlei internes Steuerungs- und Planungssystem seiner Arbeit, der Arbeitsdurchsatz der Regierung und ihrer ökonomischen, sozialen, politischen und kulturellen Institutionen sei im Ganzen gesehen sehr schleppend. Dutzende wichtiger Gesetze würden seit langem auf ihre Verabschiedung warten, ohne dass sich etwas bewegt. Viele Parlamentarier glänzen im Parlament durch ständige Abwesenheit.

Dieser lähmende Zustand der Staatsorgane und der ihn beherrschenden Blöcke hat weiterhin - und angefeuert durch die Erhebungen im arabischen Raum - zu lautstarken Protesten, besonders unter Jugendlichen geführt. Dabei wurden Forderungen nach einer Reform des gesamten politischen Prozesses erhoben, nach einer Beendigung der religiös-ethnisch basierten Machtteilung, nach Bekämpfung von Korruption und Arbeitslosigkeit. Die Proteste wandten sich gegen die stetige Verschlechterung der Lebensbedingungen des Volkes, gegen die Inflation und forderten Problemlösungen bei den öffentlichen Dienstleistungen - incl. Rationierungskarten, Elektrizitätsversorgung, Trinkwasser, Gesundheits- und Bildungswesen, Brennstoffen, Wohnungskrise und anderem Missmanagement. Erhoben wurden auch Forderungen nach Verbesserung der Sicherheitslage, nach Gewährleistung demokratischer und Menschenrechte.

Als Antwort darauf hat die Regierung ein 100-Tage-Reformpapier erstellt, um so den dringlichsten Bedürfnissen der breiten Massen des Iraks zu entsprechen. Die Versammlung des Zentralkomitees der IKP sieht dies recht kritisch. Das Reformpapier sei allenfalls geeignet, einen guten Willen bei der Umsetzung von Politik im Interesse der Volksmassen unter Beweis zu stellen. Es wurde nicht vom Parlament oder der Regierung selbst angestoßen, sondern war ein Reflex auf die breite Protestbewegung Anfang 2011. So wurde es hastig erstellt und berücksichtigt bei weitem nicht alle wichtigen Forderungen. Es wurden auch keine Verfahren entwickelt bzw. festgelegt, wie die in dem Papier benannten Reformen im Einzelnen umzusetzen seien. Jedoch sei die Begrenztheit und Spontaneität dieses Reformplans kein Grund, sich als Kommunist dagegen zu stellen. Seine Bedeutung liege darin, dass er ein Maßstab für die Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit der Regierung sei. Und am Ende der 100 Tage (7. Juni) werde das Volk dies prüfen und bewerten.

Ausführlich behandelt die Erklärung des ZK der IKP die Plan- und Konzeptionslosigkeit der Regierung und des Parlaments bei der Nutzung der Einkommen aus dem Verkauf von Erdöl und Erdgas (im März 2011 immerhin 7,17 Mrd. US-Dollar und im April 7,4 Mrd. US-Dollar). Das Fehlen einer einheitlichen Sichtweise, von Strategien und Regelungen des Staates hinsichtlich der allgemeinen Entwicklung, sowie der Wirtschaft und Finanzen des Landes und hinsichtlich der Rolle des Staates überhaupt seit jetzt 8 Jahren habe in Kombination mit der Flutung des inneren Marktes der Iraks mit Billig- und Schundprodukten zu einem Niedergang der gesamten einheimischen Produktion in Industrie und Landwirtschaft geführt.

Breiten Raum in den Beratungen des ZK der IKP und der veröffentlichten Abschlusserklärung wurde und ist dem demokratischen Kampf der Volksmassen im Irak gewidmet. Das Recht auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit sei ein Grundrecht der Menschen, welches durch die Regierung und ihre Organe immer wieder verletzt wird. Dieses Recht zu gewähren und zu sichern sei Pflicht der Regierung und der Parlamente auf allen Ebenen, sowie der Exekutivorgane: diese müssten aufmerksam zuhören, was die Menschen fordern und sie müssten sich anstrengen, die gerechtfertigten Forderungen des Volkes zu erfüllen. Sie müssten den Rufen nach Reformen Aufmerksamkeit schenken und den Weg in Richtung des Aufbaus eines demokratischen Zivilstaates einschlagen.

Das ZK-Treffen erklärte seine völlige Solidarität und Unterstützung der Hoffnungen des Volkes und seiner berechtigten Forderungen. Es habe das Recht, diese Forderungen in allen Formen auszudrücken, jeder Ansatz zur Unterdrückung dieser Freiheit und zum Raub dieser Rechte werde verurteilt. Gleichzeitig weist die Erklärung jedoch auf die Notwendigkeit einer friedlichen Ausübung dieser Rechte, sowie auf erforderliche Wachsamkeit hin, die Unterwanderungsversuche umstürzlerischer Elemente mit gegenteiligen Absichten zu verhindern. Ein Hinweis, der die Ereignisse etwa in Libyen oder in Syrien reflektiert. Das ZK der IKP fordert in diesem Zusammenhang ein (neues) entsprechendes Demonstrationsrecht zur Einschränkung behördlicher Willkür und zur Sicherung der Rechte des Volkes in diesem Bereich.

Besonders schwere Verletzungen verfassungsmäßiger Rechte seien, so die ZK-Versammlung, die der gewerkschaftlichen Organisierung. "Die Regierung und seine Institutionen und Behörden müssen damit aufhören, sich in die Angelegenheiten der Organisationen, Vereinigungen und Gewerkschaften der Werktätigen und Arbeiter einzumischen. Sie müssen aufhören, Druck auf die von den Mitgliedern gewählten Führungsorgane auszuüben und zu versuchen, ihnen angenehme andere Führungen einzusetzen." Diesbezüglich finde die Forderung der irakischen Gewerkschaften nach einem neuen demokratischen Arbeits- und Gewerkschaftsgesetz volle Unterstützung durch die IKP.

Der besonderen Bedeutung des Kampfes für demokratische Rechte der Volksmassen entsprechend ist der Aufbau einer breiten organisierten demokratischen Bewegung des Iraks ein zentraler Teil der Aufgabenstellung des ZK der IKP. Die viele Tausend Einzelpersonen und Organisationen zusammenführende ‚Bewegung für Demokratie‘ des Iraks soll demnach Träger von Ideen und Prinzipien eines nationalen Plans für die Demokratie sein, der den Weg aus der andauernden Krise und bei der Reform der politischen Prozesse weist und das Land von dem abstoßenden religiös-ethnisch geprägten Machtverteilungssystem befreien soll. Die Vorbereitungen zu der in Kürze stattfindenden Zweiten Landeskonferenz der ‚Bewegung für Demokratie‘ sind in vollem Gange.

Hinsichtlich der weiteren Befreiung des Iraks, bekräftigte die ZK-Versammlung: "Wir halten an der vollständigen Umsetzung der Vereinbarungen mit den USA fest. Dies beinhaltet den vollständigen Abzug der US-Truppen von unserem Territorium zur vereinbarten Zeit (11-2011) und die Zurückweisung jeglicher ausländischer Militäranwesenheit, gleich ob zeitweise oder dauerhaft und ungeachtet aller Bezeichnungen dafür."

Diskutiert wurden vom ZK der IKP auch mögliche zukünftige politische Entwicklungswege hinsichtlich der Staatsmacht:

  • ein Anhalten der gegenwärtigen Situation und Machtteilung im Parlament und der Staatsführung aus Furcht der Hauptakteuer vor Veränderung
  • eine Neuverteilung bzw. Aufteilung der politischen Lager und ihrer Macht im Rahmen eines entsprechenden 'Handels'
  • vorgezogene Neuwahlen nach Artikel 14 der Verfassung unter entsprechenden Rahmenbedingungen, wie etwa der Aufhebung des Wahlgesetzes mit seinen undemokratischen Ergänzungen, Verabschiedung eines demokratischen Parteiengesetzes, Neuausrichtung der Wahlkommission zu wirklicher Neutralität.
  • reaktionäre Entwicklungen wie z.B. Militärputsch oder Ausbruch eines religiös-ethnischer Bürgerkrieges, Rückfall in militärische 'Lösungskonzepte'

Das ZK der IKP sprach sich diesbezüglich für die dritte Variante aus und setzt sich dafür ein, wenn sie mit einer entsprechenden Neuausrichtung zu Stabilität und Demokratie verbunden würde.

Die ZK-Versammlung erklärte ihre Solidarität mit den Völkern in Nordafrika und im Nahen Osten. Deren Erhebungen seien auf lange Zeit angestaute innere Unterdrückung und Not basierend erfolgt, wozu die Politik von IWF, Weltbank und der Neo-Liberalismus ihre eigenen Beiträge geleistet hätten. Darüber hinaus gäbe es natürlich auch die von außen einwirkenden Kräfte. Letztlich jedoch würde die Geschichte von den Völkern geschrieben.

Abschließend formulierte und verabschiedete die Versammlung die nachstehenden  Aufgaben:

  1. Erweitern des Leistungsvermögens der Partei; Festigung ihrer Organisation; Verbreitung einer dynamischen Arbeitshaltung auf allen Ebenen der Organisation; Entwicklung des innerparteilichen Lebens auf Grundlage demokratischer Regeln, einer Geisteshaltung der Zusammenarbeit, von Kreativität, Handlungsfreude und einer Disziplin hoher Moralität ; Erweiterung der Mitgliedschaft durch Aufnahme der besten Söhne und Töchter unseres Volkes, vor allem Jugendliche und Frauen.
  2. Sich den vom Leben und seiner Entwicklungen gestellten ideologischen Aufgaben, sowie denen, welche durch die Komplexität der verschiedenen Seiten des politischen, wirtschaftlichen und sozialen Kampfes aufgestellt werden, in einer wirksamen, sachkundigen und zeitgemäßen Weise stellen. Dies ergibt sich zwingend aus der Tatsache, dass Parteiarbeit ein höheres Niveau des Wissens und der kulturellen Bildung erfordert, um die von der Wirklichkeit erzeugten Prozesse zu verstehen.
  3. Die Wandlung unserer Parteipolitik hin zu einer breiten Volksbewegung mit klaren und konkreten Losungen und Forderungen. Dies erfordert die Vervielfältigung unserer Aktivitäten, die Teilnahme in den Massenbewegungen, die Ausdehnung unserer Beziehungen in den vielen Tätigkeitbereichen (Wohnbezirken, Fabriken, Farmen, Schulen, Universitäten, Cafes, Klubs u. ä. und in Vereinigungen, Gewerkschaften, Bündnissen der Zivilgesellschaft, in Städten und in ländlichen Gebieten). Daraus ergibt sich auch die Erfordernis der Mobilisierung der Gewerkschaften, der Berufs- und Demokratiebewegungen und neuer Anstrengungen hinsichtlich der Aktivitäten der studierenden Jugend und der Frauenorganisationen.
  4. Förderung und Stärkung der Tätigkeiten der Kräfte und Persönlichkeiten der ‚Bewegung für Demokratie‘ und das Erstreben, diese Bewegung zu einer wirksamen und lebendigen Kraft unter den wichtigsten patriotischen Kräften unseres Volkes zu machen. Weiterführen der Entwicklung und Verbesserung der nationalen Beziehungen zwischen den verschiedenen patriotischen Kräften und Parteien, die unsere Positionen hinsichtlich der Interessen des Volkes und unserer Heimat teilen und die diese Interessen an die erste Stelle vor allen anderen Interessen setzen.
  5. Mehr Beachtung den Kommunikationsmedien widmen, um deren Rolle bei der Verbreitung der Parteipolitik und ihrer Übermittlung an die breitesten Volksmassen zu nutzen.

Vollständige Erklärung des ZK der IKP (Englisch): s. Anlage

Text und eigene Übersetzung: hth  / Foto: IKP

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

CfD communist solidarity dt
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Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
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Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

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