Internationales

alt02.12.2009  Nach Wochen, ja Monaten des internen Prüfens und Nachdenkens, hat jetzt der oberste Befehlshaber USA, Präsident Barack Obama, in der Militärakademie Westpoint offenbart, wie er sich die weitere Entwicklung des imperialistischen Abenteuers in Afghanistan vorstellt. Wenige Tage vor der offiziellen Verleihung des Friedensnobelpreises, gibt er sich als eine Mischung aus entschlossener Kriegsherr, Friedensfürst und Vorkämpfer für die hehren politischen Ziele seines Landes (nach denen sich ja nach us-amerikanischer Herrschaftsideologie alle Nationen der Erde sehnen). Und doch wirkt sein Auftreten und Plan eher wie der letzte Biss eines aggresiven Hundes, der anschließend die Flucht ergreift.

Die zentralen Aussagen seiner Rede in Westpoint lassen sich schnell zusammenfassen (hier eine offizielle Zusammenfassung des White House):

  • Der militärische Kampf geht weiter und die Truppen werden umgehend um 30.000 Mann aufgestockt. Von den Verbündeten erwartet er sich ergänzende Unterstützung, sowohl als Geld, wie auch durch zusätzliche Truppen (evtl. bis zu 10.000).
  • Schnellstmögliche Sicherung, dass die afghanische Marionettenregierung ihre Macht (zumindest in den Zentren) selbst behaupten kann.
  • Reduzierung der eigenen Truppen ab Juli 2011, allerdings ohne festes Ende des Gesamtabzuges.
  • Investition in zivile Entwicklungsprogramme, damit 'die Afghanen' die Aufständischen besiegen können und Umsetzung einer integrierten zivilen und militärischen Entwicklungsstrategie für die Landwirtschaft.
  • Weitere Unterstützung Pakistans zur Kriegführung gegen die in den Grenzgebieten zu Afghanistan herrschenden bzw. einflussreichen Taliban.

Und die formulierte grundsätzliche politische Zielsetzung lautet: verhindern, dass in Afghanistan und in Pakistan Al-Qaida-Terroristen sichere Rückzugsgebiete haben. Denn angeblich ginge es dabei um unser aller Sicherheit.

Ein Programm, das den Kadetten der Militärakademie zeitweise das Lächeln im Gesicht einfrieren ließ, das aber in der üblichen Beschwörung der imperialen Werte der USA am Schluss doch wieder Jubel erzeugte. Natürlich erhielt es von den offiziellen Stellen der USA-Verbündeten Zustimmung. Viele Experten aber sehen die inneren Widersprüche dieser strategischen Bekundung und den Widerspruch zur tatsächlichen Wirklichkeit in Afghanistan. Hier nur einige der zentralen Aspekte.

Weiterhin hängt Obama an der Theorie und verbreitet diese Lüge, dass internationaler Terrorismus eine Erscheinung sei, die durch regional ausgerichteten Krieg beseitigt werden könne. Dabei sind Organisation und die Durchführung terroristischer Akte überhaupt nicht an eine solche 'Heimatbasis' gebunden.

Der Oberbefehlshaber der Besatzungstruppen in Afghanistan Mc Chrystal hatte im Mai 2009 zusätzliche 40.000 Soldaten als absolutes Minimum gefordert, westliche Experten und Militärs schätzten verschiedentlich ein, dass mindestens 100.000 zusätzliche Soldaten gebraucht würden, um militärisch Erfolg zu haben.

Bei einem Abbau der ausländischen Truppen in Afghanistan ab Juli 2011 bleiben etwa 1,5 Jahre Zeit um das zu erreichen, was bisher in 8 Jahren des Krieges hier zugegebenermaßen nicht erreicht wurde. Wer kann im Ernst glauben, dass in dieser Zeit eine Regierung stabilisiert wird, von der Obama selbst sagt, ihre Grenzen seien in der Wahlfarce der Präsidentschaftswahlen im Sommer aufgezeigt worden? Und warum und wie sollte in dieser Zeit die Korruptionsinfrastruktur in allen staatlichen Bereichen verschwinden? Wie sollten selbst gut gemeinte Entwicklungsprogramme der Landwirtschaft in solchem Zeitraum Wirkung entfalten können. Vielleicht wird es etwas mehr Sicherheit in den Zentren geben, aber was ist mit dem fundamentalen Widerspruch zwischen Stadt und Land in Afghanistan? Wer real wahrnimmt, wie schwer und bedroht der Prozess einer inneren nationalen Befriedung im Irak noch heute ist, wird sicher sein, dass die von Obama beschworenen Ziele für Afghanistan im Zeitraum seiner Strategie nicht zu erreichen sind.

"Das afghanische Volk ist kriegsmüde und sehnt sich nach Frieden, Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Sicherheit." Mit dieser Aussage in seiner Rede hat der Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte sicher Recht. Des grundlegenden inneren Widerspruches seiner Position und Politik ist er sich aber wohl kaum bewusst, wenn er formuliert: "Wir wollen (dem afgh. Volk) dabei helfen, diese Ziele zu erreichen, den Krieg zu beenden und auch die Bedrohung einer neuerlichen Besetzung durch ausländische Kämpfer aus dem Umfeld von Al-Qaida auszuschalten." Denn zum Einen ist der Krieg ja nicht irgendwie vom Himmel gefallen, sondern einzig und allein von der US-Regierung unter G.W. Bush vom Zaume gebrochen worden. Die Logik kann doch also nur fordern, dass dann ihn eben auch die USA beenden müssen. Zum Anderen ist das eigene Ziel der USA (Ausschalten der Bedrohung durch Al-Qaida) ja durchaus nicht das des afghanischen Volkes. Al-Qaida hat Afghanistan nicht bedroht und ist dort auch nur ein Randereignis gewesen. Wegen des eigenen Zieles aber einer anderen Gesellschaft seinen us-politischen Stempel (insb. die Staatsstruktur) unter Einsatz des Militärs aufdrücken zu wollen, was sollte das anderes bewirken als Ablehung und massivste Gegenwehr?

So wird Obamas Strategie weiterhin auf viele Jahre nur Tod und Leid und 'Kollateralschäden' in Afghanistan und Pakistan bringen. Und dafür gibt es dann in wenigen Tagen den 'Friedens'nobelpreis unter dem Jubel der anderen Vertreter des von den USA geführten imperialistischen Bündnisses ...

Text: hth  /  Foto: larryzou

Rede des US-Präsidenten Barack Obama an die Nation (Wortlaut: Deutsche Übersetzung) im Anhang

oder http://www.whitehouse.gov/sites/default/files/091201-obama-afghanistan-speech-german.pdf

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