Europa

GR Parlament Debatte Mazedonien26.01.2019: griechisches Parlament ratifizierte mit 153 Ja-Stimmen das Mazedonien-Abkommen ++ Führer der Konservativen will Beitritt Nordmazedoniens zur EU blockieren ++ gewalttätige Proteste der extremen Rechten und Nationalisten ++ Fraktionen der Sozialdemokraten, der Grünen und der Linken schlagen Tsipras und Zaev für Nobelpreis 2019 vor

 

Das griechische Parlament hat am Freitag (25.1.) nach einer langen Debatte und heftigen Auseinandersetzungen das historische Prespes-Abkommen mit 153 Ja-Stimmen ratifiziert. 146 stimmten dagegen. Es gab eine Stimmenhaltung. Alle 300 Abgeordneten des griechischen Parlaments waren anwesend.

Mit dem Abkommen von Prespes wird der Jahrzehnte währende Namensstreit mit dem Nachbarland beendet. Das Nachbarland, das bisher unter dem Namen "ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien" (FYROM) firmierte, heißt nun Republik Nordmazedonien.

Die Mehrheit wurde mit 145 SYRIZA-Stimmen sowie mit den Stimmen der Minister Kountoura (ex ANEL) und Papakosta (unabhängig), zwei Stimmen von To Potami (Theodorakis, Mavrotas) und den Stimmen von DIMAR (Theocharopoulos), Demokratische Linke (Lykoudis), ex PASOK (Danellis) und ANEL MP (Papachristopoulos) erreicht. To Potami hat sich über diese Frage gespalten.

Premierminister Alexis Tsipras dankte den 153 Abgeordneten, die "trotz großem Druck, Erpressung und persönlichen Angriffen" ihrem Gewissen gefolgt seien und mit JA stimmten.

"Heute ist ein historischer Tag", so Tsipras in einer langen Erklärung nach der Abstimmung, "Griechenland bewahrt einen wichtigen Teil seiner Geschichte, das Erbe des altgriechischen Mazedoniens." Mit dem Abkommen werde "ein neues Kapitel in der Geschichte des Balkans" geschrieben. "Nationalistischer Hass, Streitigkeiten und Auseinandersetzungen werden nun durch Freundschaft, Frieden und Zusammenarbeit ersetzt. (…) Die nächsten Generationen in unseren beiden Ländern werden den Abgeordneten dankbar sein, die mit Tapferkeit und Mut die Grundlagen für eine friedliche Zukunft, Solidarität und Koexistenz unserer Völker gelegt haben." Und weiter: "Nordmazedonien wurde heute geboren. Es wird ein Freund und Verbündeter Griechenlands bei seinen Bemühungen um Sicherheit, Stabilität und gegenseitige Entwicklung in der Region sein."

Gegen das Abkommen stimmten die konservativen und nationalistischen Abgeordneten sowie die der Kommunistischen Partei KKE.

Der wichtigste Oppositionsführer Kyriakos Mitsotakis (Nea Demokratia), ein erklärter Gegner des Mazedonien-Deals, sagte nach der Ratifizierung "Es ist ein trauriger Tag für Griechenland" und er werde alles tun, um den Beitritt Nordmazedoniens zur EU zu blockieren. "Ich habe mich verpflichtet, die nationale Pflicht strikt einzuhalten: Ich werde das Recht Griechenlands, gegen den Beitritt Skopjes zur EU ein Veto einzulegen, nicht aufgeben ", so Mitsotakis.

Zu einem Zwischenfall kam es, als ein Abgeordneter der faschistischen Goldenen Morgenröte mit dem Ruf "NEIN zum Verrat" auf SYRIZA-Abgeordnete losging. (Foto oben)

Die Ratifizierung wurde von der Europäischen Union, wie auch von Deutschland, Österreich und den Staats- und Regierungschefs anderer Länder begrüßt. Viele der EU-Staats- und Regierungschefs sind ideologische Freunde der Nea Demokratia, die auch Mitglied der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) im Europäischen Parlament ist. Sie werden überrascht sein, wenn sie erfahren, dass deren Führer Kyriakos Mitsotakis den Beitritt von "Nordmazedonien" zur EU blockieren will.

Das Parlament in Skopje hatte das Abkommen und die entsprechenden Verfassungsänderungen schon davor beschlossen.

Nationalisten gegen das Abkommen

GR Mazedonien griechischNationalist*innen in beiden Ländern hatten bis zuletzt gegen diese Vereinbarung protestiert.

In Griechenland plakatierte die extreme Rechte "Fahndungsfotos" der "Vaterlandsverräter" und setzte Abgeordnete mit Morddrohungen unter Druck. Noch am Samstag (19.1.) hatten in Athen rund 100.000 Nationalist*innen unter griechischen Fahnen und Militärmärschen und den Rufen "Mazedonien ist griechisch" gegen das Abkommen demonstriert. Dabei griffen faschistische Schläger mehrere Fotoreporter*innen und Journalist*innen an, schlugen sie und zerstörten oder stahlen ihre Ausrüstung. Eines der Opfer war der Journalist Thomas Iacobi, Mitautor einer Dokumentation über die faschistische Goldene Morgenröte.

Die griechische Polizei musste Schlagstöcke und Pfefferspray einsetzen, um eine Gruppe von rechtsextremen "Patrioten" daran zu hindern, in das Parlament einzudringen. Sie griffen mit Steinen, Eisenstangen und Brecheisen, Vorschlaghämmern, Leuchtraketen, selbstgefertigten Geschossen und Benzinbomben die Polizei an. Drei Stunden lang, von 14:25 bis 17:20 Uhr, dauerten die gewalttätigen Auseinandersetzungen.

Friedensnobelpreis für Tsipras und Zaev?

GR Tsipras und ZaevDie Vorsitzenden der Fraktionen der Sozialisten und Sozialdemokraten (S&D), der Grünen und der Vereinten Europäischen Linken / Nordisch Grün Links (GUE/NGL) schlagen den griechischen Premierminister Alexis Tsipras und den nordmazedonische Premierminister Zoran Zaev für den Nobelpreis 2019 vor.

In ihrer gemeinsamen Erklärung sagten Udo Bullmann, Ska Keller und Gabi Zimmer, dass das Prespes-Abkommen "ein Modell für die friedliche Lösung internationaler Probleme durch Dialog und gegenseitigen Kompromiss ist. Die Premierminister Zoran Zaev und Alexis Tsipras hatten den politischen Mut, das Abkommen trotz der nationalistischen Opposition durchzusetzen."

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