07.08.2018: ESM zahlt letzte Tranche von 15 Mrd. EUR ++ Griechenland verlässt die Überwachung ++ Alexis Tsipras: "Soziale Gerechtigkeit ersetzt Austerität.
Wie das für Währungsfragen zuständige EU-Kommissionsmitglied Pierre Moscovici am gestrigen Nachmittag (Montag, 6.8.) bekanntgab, erfolgte die letzte Auszahlung der Darlehenstranche in Höhe von 15 Milliarden Euro an Griechenland.
"Grund zum Feiern?", fragt das Nachrichtenportal keeptalkinggreece und antwortet: "Kaum. Das Geld ist ein weiteres Darlehen auf den Schultern der Griechen und erhöht die Gesamtkredite an Griechenland auf 203,77 Milliarden Euro. Darüber hinaus wurden von den 15 Milliarden Euro 5,5 Milliarden Euro auf ein separates Konto für den Schuldendienst ausgezahlt, während die restlichen 9,5 Milliarden Euro auf ein spezielles Konto für den Aufbau eines Bargeldpuffers ausgezahlt wurden."
Insgesamt haben der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM und sein Vorgänger, der EFSF, Kredite in Höhe von 203,77 Mrd. EUR an Griechenland ausgezahlt. Dieser Betrag ist höher als das geschätzte BIP Griechenlands für 2018 und macht den ESM und den EFSF zum mit Abstand größten Gläubiger des Landes.
Und so ist die gute Nachricht, dass für Griechenland die Zeit der »Rettungspakete« und »Griechenlandhilfen« nun vorbeigeht. Aber die schlechte Nachricht ist, dass die Krise noch längst nicht zu Ende ist. Die ökonomische und soziale Lage ist durch die Austeritätspolitik der vergangenen Jahre verschärft worden, die Staatsschulden sind immer noch dramatisch hoch. Und auch wenn sich die wirtschaftliche Situation langsam bessert – die Herausforderungen bleiben groß, zumal für eine linke Regierung.
zum Thema |
Griechenland soll bis 2060 einen Primärhaushaltsüberschuss von mindestens 2,2 Prozent des BIP erzielen. Die EU-Kommission hat bereits eine »verstärkte Überwachung« eingeleitet. Das Instrument wird zum ersten Mal in Anschlag gebracht. Ist es ein in Wahrheit neues »Memorandum«? Nein, sagt Brüssel, die Auflagen "betreffen lediglich den Abschluss einiger Reformen, die Griechenland bereits im Rahmen des Stabilitätshilfeprogramms eingeleitet hat, und liefern die Anreize und Rückversicherungen, die im Hinblick auf die für die kommenden Monate und Jahre vorgesehenen Maßnahmen zum Schuldenabbau notwendig sind".
|
In Athen hofft man auf Spielräume für eine »Sozialdividende«. "Griechenland wird wieder ein normales Land. Griechenland erlangt seine politische und wirtschaftliche Souveränität zurück, Griechenland steht wieder auf eigenen Beinen. Wir haben Erfolg gehabt, wo andere Regierungen versagt haben", sagte Regierungschef Alexis Tsipras. Und betonte, dass die Überwachung nach August 2018 nicht die gleiche sein wird wie "die Überwachung, die wir während des Rettungspakets erfahren haben". Ab 2019 gelte: "Soziale Gerechtigkeit ersetzt Austerität."
Zum Foto: Alexis Tsipras hat ein Versprechen erfüllt und nach der Einigung Ende Juni auf ein Ende der internationalen Kreditprogramme zum ersten Mal eine Krawatte getragen. Nach 25 min. legte er sie allerdings wieder ab, weil weitergekämpft werden müsse und "weil die Griechen noch immer viele große Schlachten zu gewinnen haben".
In der Anlage finden Sie das von der common verlagsgenossenschaft und OXI herausgegeben »info: griechenland« - mit Hintergründen, Analysen, Diskussionsbeiträgen Es ist auch hier als PDF abrufbar. Mit Beiträgen von Ska Keller, Maria Oshana, Aliki Kosyfologou, Christian Gengenbach und Stefan Herweg, Gerhard Bosch, Tom Strohschneider, Axel Troost, Niels Kadritzke, Joachim Bischoff und Vincent Körner.