24.01.2014: Die Bundesregierung bereitet gemeinsam mit der französischen Regierung einen "umfassenderen Militäreinsatz in zwei afrikanischen Krisenregionen" vor, nämlich in Mali und in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR). Das berichtete am 17. Januar die 'Süddeutsche Zeitung' (SZ). Das Auswärtige Amt wollte es bei einer Presseanfrage nicht bestätigen, betonte aber, es sei "noch nichts entschieden". Das kann nur als Bestätigung angesehen werden, dass die Vorbereitungen zwischen beiden Regierungen laufen, nur die letzten Entscheidungen noch ausstehen.
Laut der SZ ist die Verlegung von Einheiten der 'deutsch-französischen Brigade' nach Mali in die Region um die Hauptstadt Bamako vorgesehen. Die "Feinheiten" dieses Einsatzes würden derzeit zwischen den zuständigen deutschen und französischen Ressorts abgestimmt. Auf der Tagung des deutsch-französischen Verteidigungsrates am 19. Februar sollte darüber entschieden werden, der Einsatz selbst ab Mai 2014 beginnen. Die deutsch-französische Brigade ist Teil des 'Eurokorps' der EU.
Die Bundeswehr ist bereits mit einem 'Ausbildungskontingent' in Mali vor Ort. Das hatte der Bundestag mit den Stimmen aller Fraktionen außer den Linken im Februar letzten Jahres genehmigt. 180 Bundeswehrsoldaten, davon 40 Sanitätssoldaten und ca. 70 Ausbilder, wurden für die EU-Trainingsmission (EUTM) zur Ausbildung der Mali-Armee nach Bamako geschickt. Doch der Einsatz von deutschen Kampftruppen in diesem Land wurde damals noch heftig für "ausgeschlossen" erklärt.
Jetzt sollen sich die deutschen Soldaten in Mali aber nicht mehr allein mit 'Ausbildung' befassen. Vielmehr sind die neuen, zusätzlichen Bundeswehreinheiten, deren Entsendung jetzt geplant wird, deutlich für direkte Kampfeinsätze ausgebildet und ausgerüstet. Sie sollen eng mit den französischen Interventionstruppen der Operation 'Serval' kooperieren. Das Bundestagsmandat für den vor einem Jahr beschlossenen Ausbildungseinsatz läuft Mitte Februar aus. Es dürfte aber von der derzeitigen "großen Koalition" ohne Schwierigkeiten verlängert und ausgeweitet werden.
Konkret für den Einsatz vorgesehen sind laut SZ das in Donaueschingen stationierte Jägerbataillon 292 und das bisher in Immendingen stationierte Artilleriebataillon 295. Beides sind ausschließlich aus deutschen Bundeswehrsoldaten bestehende Einheiten unter deutschem Kommando. Das Jägerbataillon 292 besteht laut Eigenangaben im Internet aus 3 Kampfkompagnien zu je 120 Mann mit Infanteriewaffen und einem "schweren Zug" mit Granatwerfern und Panzerabwehrraketen sowie einer "schweren Kompanie" mit fahrbarer Mörsern und gepanzerten Fahrzeugen, plus Führungs-, Versorgungs-, Kommunikations- und Unterstützungseinheiten. Das Artilleriebataillon 295 umfasst zwei klassische Rohrartilleriebatterien und eine Raketenartilleriebatterie. Wie die SZ vermerkt, ist der Einsatz in Mali "der erste umfassende Einsatz" der deutsch-französischen Brigade im Ausland überhaupt.
Darüber hinaus will die Bundesregierung im Rahmen EU-Einsatzes die Mali-Armee auch "mit Kleidung, Stiefeln und Lastkraftwagen" ausrüsten. Im vergangenen Jahr hatte sie laut Presseberichten bereits Splitterwesten und Handsonden geliefert. Die Lieferung von Waffen ist angeblich nicht vorgesehen, weil der Waffenexport in Spannungsgebiete für die BRD verboten ist. "Allerdings werden andere europäische Nationen die malische Armee auch mit Waffen ausstatten", heißt es in der SZ dazu.
Was den Einsatz im zweiten afrikanischen Konfliktherd Zentralafrika angeht, beschlossen die EU-Außenminister am Montag, die französische Intervention durch eine EU-Militärmission zu unterstützen. Die deutsche Beteiligung daran soll angeblich aber auf den Einsatz von Transall-Maschinen der Bundeswehr für den Transport von afrikanischen Soldaten aus anderen Staaten nach Mali sowie die Betankung von französischen Kampfjets in der Luft beschränkt bleiben. Anders als bisher angekündigt, werden die deutschen Lufttransporter allerdings nicht nur bis in die Nachbarstaaten der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) fliegen, sondern ihre Transportrouten bis direkt in die noch immer von schweren bewaffneten Zusammenstößen verunsicherten ZAR-Hauptstadt Bangui ausdehnen.
Die beiden französischen Militärinterventionen ('Serval' in Mali und 'Sangaris' in Zentralafrika) hatte die französische Regierung unter dem sozialdemokratischen Staatspräsidenten Hollande bekanntlich im Alleingang beschlossen. Nachdem sich herausstellte, dass die Schwierigkeiten für die französischen Truppen in beiden Fällen erheblich größer sind als gedacht, kam Hollande auf die Idee, von der EU und insbesondere von der deutschen Bundesregierung mehr Unterstützung zu fordern. Allerdings wollte er vor allem mehr Geld zur Finanzierung der französischen Einsätze, weshalb er offiziell die Schaffung eines besonderen EU-Fonds für militärisches Eingreifen in Afrika vorschlug.
Auf dem EU-Gipfel im Dezember letzten Jahres hatte Kanzlerin Merkel darauf noch kühl ablehnend erklärt: "Wir können keine militärische Mission finanzieren, bei der wir gar nicht in den Entscheidungsprozess einbezogen sind". Inzwischen scheinen sich die deutschen 'Entscheidungsfinder' aber auf einen anderen Kurs besonnen zu haben. Doch statt Geld schicken Frau Merkel und ihre neue Verteidigungsministerin von der Leyen offenbar lieber selbst eigene Soldaten nach Afrika.
Natürlich werden der Öffentlichkeit wieder einmal "humanitäre Gründe" für dieses Verhalten präsentiert: Verhinderung von "Massakern" und "Völkermord". Aber die wirkliche Erklärung für das deutsche Verhalten – ebenso wie für das französische – liegt wohl nach wie vor in der Feststellung, die der linke senegalesische Politiker Amath Dansokho in dem in der letzten UZ veröffentlichten Interview in die Worte fasste: "Man darf niemals vergessen, dass alle diese Kriege auf dem afrikanischen Kontinent ... ökonomische Hintergründe haben".
Text: Georg Polikeit (Dieser Artikel erscheint auch in der UZ vom 24.01.14)
Fotos: Bundeswehr-Fotos Wir.Dienen.Deutschland / UN Mission in Mali