Aus Bewegungen und Parteien

16.07.2025: "Den Frieden gewinnen, nicht den Krieg!" - unter diesem Motto fand die inzwischen dritte Gewerkschaftskonferenz für den Frieden am 11. und 12. Juli in Salzgitter statt. Veranstalter war diesmal wieder – nach Hanau 2023 - eine Verwaltungsstelle der IG Metall, gemeinsam mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung. 2024 fand die 2. Konferenz in Stuttgart statt, gemeinsam mit dem dortigen ver.di-Bezirk. 

 

 

friedenspol Gewerkschaftskonferenz 2024 06 14

 

Bericht von der 2. friedenspolitischen Konferenz am 14./15.6. in Stuttgart

Den Frieden gewinnen Abschlusserklaerung

Dokumentiert: Erklärung der friedenspolitischen Gewerkschaftskonferenz am 23./24.6.2023 in Hanau

 

Ort des diesjährigen Treffens war das Gewerkschaftshaus in Lebenstedt, dem größten der Stadtteile, aus denen sich Salzgitter zusammensetzt. Bemerkenswert für den Umgang mit der Geschichte der Region ist die 13 m hohe Skulpturengruppe "Turm der Arbeit" des Bildhauers Jürgen Weber mitten in der Fußgängerzone von Lebenstedt; sie erinnert an die widersprüchliche Vergangenheit der Stadt mit KZ-Zwangsarbeit, aber auch an die Solidarität der Bevölkerung, die den Häftlingen heimlich Brot zusteckt. Die Figur des Gießers an der Turmspitze steht für die Bedeutung der Stahlproduktion in der Region.

Turm der Arbeit Salzgitter 1   Turm der Arbeit Salzgitter 2

 

 

Matthias Wilhelm Frieden gewinnen 07 2025In seiner Begrüßung forderte der 1. Bevollmächtigte der IG Metall Salzgitter, Matthias Wilhelm, dass die Gewerkschaften ein verlässlicher Teil der Friedensbewegung sein müssen. Während seiner Aussage "Wir brauchen keine Umstellung auf Kriegswirtschaft" zeigte er symbolisch eine bronzene Statuette der berühmten Skulptur "Schwerter zu Pflugscharen". Er verwies darauf, dass die beiden Sätze "Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg" zusammen-gehören und nicht voneinander getrennt werden dürften.

 

Konferenz Frieden gewinnen 2025 1

 

Heinz Bierbaum Frieden gewinnen 07 2025Heinz Bierbaum, Vorsitzender der Rosa-Luxemburg-Stiftung, sprach von weltweit zunehmenden Kriegen und Konflikten und prangerte den Völkermord der israelischen Regierung in Gaza an. Während für die Aufrüstung grenzenlos Geld vorhanden ist, fehlen fünf Mrd., um den Strompreis für alle zu reduzieren.

Am Beispiel der Diskussionen über die Übernahme des VW-Standorts Osnabrück durch Rheinmetall für Rüstungsproduktion forderte Bierbaum, gegen diese völlige Umkehrung des Konversionsgedankens, dass Technologie für gesellschaftlich nützliche Produkte eingesetzt werden muss.

Ein weiteres Grußwort kam von einem Vertretet von "Rheinmetall entwaffnen, der auf bevorstehende Aktionen hinwies.

Ulrike Eifler Frieden gewinnen 07 2025Ulrike Eifler, die die Konferenz eröffnet hatte, forderte die Friedens- und die Gewerkschaftsbewegung auf, der "Kollektivbestrafung" der palästinensischen Bevölkerung nicht zuzusehen, sondern sich an die Seite der israelischen Friedensbewegung zu stellen. (Wenige Tage vorher hatte der DGB erstmals vorsichtige Kritik an der Politik der israelischen Regierung geäußert: "Das unfassbare Leid der Zivilbevölkerung in Gaza bewegt viele Menschen weltweit. Es erzeugt verständlicherweise Schmerz, Wut und berechtigte Kritik an der israelischen Regierung. Immer mehr Regierungen benennen das Vorgehen Israels als völkerrechtswidrig.")

In Deutschland erschwere die "Zeitenwende", die einhergeht mit einer militaristischen Durchdringung der ganzen Gesellschaft, die gewerkschaftlichen Verteilungskämpfe, so Eifler. Allein schon deshalb müssten sich die Gewerkschaften diesem Kurs auf "Kriegstüchtigkeit" entgegenstellen. Kriege seien die schärfste Form, in der der Konflikt zwischen Kapital und Arbeit ausgetragen würde. Dabei erwähnte sie auch das "Grünbuch 4.0 zur Zivil-Militärischen Zusammenarbeit", das viele "notwendige" Schritte zur Herstellung dieser Kriegstüchtigkeit auflistet und klarstellt, dass sich die Bevölkerung auf Entbehrungen einstellen muss.

Die sechs Dimensionen der aktuellen Krise des Kapitalismus

Ingar Solty Frieden gewinnen 07 2025Ingar Solty leitete das erste Podium zur "Verschiebung der globalen Machtverhältnisse" ein, indem er, in Anlehnung auch an Georg Fülberth, über die vier systemischen Krisen des Kapitalismus sprach, die ihn auch immer veränderten, sowie über die sechs Dimensionen der jetzigen Krise, die er ab 2007 datierte. Dazu gehört u.a. die Krise der Weltordnung, die nach 1945 maßgeblich von der USA geschaffen wurde, der Abstieg der USA und der Aufstieg Chinas, die ökologische Krise, die Krise des sozialen Zusammenhalts sowie die Krise der bürgerlichen Demokratie.

Auf diese Krise der (bürgerlichen) Demokratie verweisen auch Umfrageergebnisse, wonach 56 % der befragten Wähler in Deutschland keiner Partei zutrauen, die gegenwärtigen Probleme lösen zu können – nur 20% trauen dies der CDU zu.

Im internationalen Bereich sprach er von einem "irreversiblen Ende der atlantisch / westlichen Dominanz", gegen das sich "der Westen" mit nicht nur wirtschaftlichen Mitteln wehrt: dazu gehören u.a. eine gegen China gerichtete Seewegs-Kontrolle und die Verschärfung des Konflikts um Taiwan, das die USA in die Unabhängigkeit führen wollen – für China ein Kriegsgrund. China wiederum versucht das durch das Projekt "Neue Seidenstraße" und eine stärkere Binnenmarktorientierung und verstärkte internationale Beziehungen zu kontern. Mit BRICS+ soll der Weg in eine multipolare oder multilaterale Welt gegangen werden.

Zurückkommend auf Deutschland datierte er die "eigentliche" Zeitenwende auf 2013/14 , beginnend mit dem Maidan-Putsch. Aber bereits seit etwa 1999 gibt es einen außenpolitisch-medialen Konsens: ein wirtschaftlicher Riese darf kein "militärischer Zwerg" sein – die Aufrüstung wurde von langer Hand geplant.

In der Diskussion, in der auch nach dem "Sozialismus im 21. Jahrhundert" gefragt wurde, definierte er den Imperialismus als Kapitalismus im Weltmaßstab mit einer gegenüber den 1900er Jahren anderen Rolle der transnationalen Konzerne und ergänzte, dass jede der systemischen Krisen auch eine neue Imperialismustheorie hervorgebracht habe. Zu Russland meinte er, dass keine Gefahr eines Angriffs Russlands auf die NATO drohe – weder wolle die russische Regierung das, noch könnte sie es.

Kanonen UND Butter? Oder harte Verteilungskämpfe.

Dierk Hirschel Frieden gewinnen 07 2025Für das zweite Podium "Kanonen UND Butter?" kam der einleitende Aufschlag von Dierk Hirschel, ver.di-Chefökonom. Er wies gleich zu Beginn seines Vortrags darauf hin, dass mit den gigantischen Summen, die für die Aufrüstung in den kommenden Jahren geplant sei, die Armut auf der ganzen Welt beseitigt werden könnte. Militärausgaben seien aus ökonomischer Sicht "totes Kapital", unproduktive Ausgaben, die aus anderen Bereichen abgezogen würden. Gegen den "Rüstungskeynesianismus" wandte er ein, dass Geld, das in Infrastruktur oder Bildung investiert werde, ein um ein Mehrfaches höheres Wachstum nach sich ziehe.

Die Frage nach "Kanonen UND Butter" beantwortete er, indem er darauf verwies, dass es bei der Rüstungsfinanzierung durch Kreditaufnahme darum gehe, kurzfristig harte Verteilungskämpfe zu vermeiden und die Gewerkschaften zu beruhigen; auf längere Sicht sei das nicht möglich, da allein die Haushaltslücke, die 2027 auf 22 Mrd. Euro geschätzt wird, bis Ende der 2020er Jahre auf 66 Mrd. hochgeschnellt sein wird. Allein für Zinsen und Schuldentilgung würden 2029 ca. 100 Mrd. Euro aufgebracht werden müssen, bei einem Haushalt von gegenwärtig etwa 470 Mrd. Euro - massive Einsparungen also kommen werden – und wo gespart werden soll, lässt sich leicht voraussagen. Es werden also Sachzwänge geschaffen, um den Sozialstaat massiv abbauen zu können, ja, zu müssen!

 

Ruestung sitzt am Tisch 600p  

siehe auch kommunisten.de, 29.2.2024:

"Kanonen und Butter, das ist Schlaraffenland", entgegnete ifo-Chef Clemens Fuest der Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang bei der Talk-Runde von Maybrit Illner am 22. Februar 2024.

 

 

Diese "kreditfinanzierte Konsensstiftung", wie es in der Diskussion genannt wurde, wird also nicht lange halten, es wird – und muss – zu harten Verteilungskämpfen kommen. Ideologisch müssen wir dagegenhalten, den Sozialstaat als "Kostgänger" zu betrachten, es geht vielmehr um Leistungen für die Bevölkerung . Es gilt, Strategien für die Ausweitung, gegen die Einschränkung sozialer Leistungen zu entwickeln.

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Lena Fuhrmann, eine junge Betriebsrätin und Aufsichtsratsmitglied der Salzgitter Flachstahl GmbH, wies in der Podiumsdiskussion auf den hohen Anteil von 30% CO 2 – Industrieemission allein durch die Stahlindustrie hin.

Für eine Umstellung auf emissionsärmere Produktion benötigen die Stahlunternehmen hohe Subventionen, und hier kommt die Forderung nach Vergesellschaftung der Stahlindustrie ins Gespräch. Im übrigen sei die Salzgitter AG dabei, auch in die Produktion von Stahl für die Rüstungsproduktion einzusteigen.

Nonni Morisse, ver.di-Gewerkschaftssekretär in Bremen / Bremerhaven, machte die Schuldenbelastung konkret: 253 Mio. Einsparungen im bremischen Haushalt, z.B. bei der Jugendhilfe für Geflüchtete, 96 Mio. beim Öffentlichem Nahverkehr und den kommunalen Kliniken. Bremerhaven hat ein Defizit von 50 Mio., über das Infrastrukturpaket sind bestenfalls 15 Mio. zu erwarten. Allein aus diesen Beispielen ergibt sich schon, dass die Gewerkschaften sich gegen die Aufrüstung wenden müssen. Bremen ist eine Rüstungshochburg, Bremerhaven die Drehscheibe für NATO-Truppen – es muss gelingen, Tarifpolitik mit Friedensthemen zu verbinden.

Mark Ellmann von der GEW Bayern sprach über das Bayerische Gesetz zur Förderung der Bundeswehr als Beispiel für andere Bundesländer, gegen das die GEW Aktivitäten entwickelt, u.a. wird auch juristisch dagegen vorgegangen. Vielleicht schon ein Ausfluss der starken Militarisierung der Gesellschaft in Bayern ist die Tatsache, dass 25 % der neuen Bundeswehrrekruten aus diesem Bundesland kommen.

Jugend aktiv gegen Militarismus

Den Abschluss des Tages bildete das Jugendpodium (ein Novum gegenüber Hanau und Stuttgart). Yusuf As von der DIDF-Jugend, Andrea Hornung, SDAJ – Bundesvorsitzende, Henrik Torbecke, Jugendvertreter und Mitglied im IGM – Ortsjugendausschuss und Cem Ince, junger neugewählter Bundestagsabgeordneter für Die Linke aus dem Volkswagenwerk in Salzgitter diskutierten miteinander und mit dem Publikum, wie die Jugend aktiv gegen Krise und Krieg werden kann bzw. ist.

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Andrea erinnerte eingangs an Karl Liebknecht, der sich für den Kampf der Arbeiterjugendbewegung gegen Militarismus und Krieg einsetzte, in dessen Tradition sich die SDAJ sieht und dementsprechend gegen Bundeswehroffiziere an Schulen und bei Bildungsmessen vorgeht. Die SDAJ war auch Mitinitiatorin der Petition gegen die Wiederanwendung der Wehrpflicht. Mittlerweile habe die Angst vor einem Krieg bei der Jugend die Befürchtungen vor einem Klimawandel überflügelt.

Henrik bedauerte, dass sich die IG Metall zu wenig offensiv in die Debatte um die Umstellung von Friedens- in Rüstungsproduktion einbringe. Kollegen, die Angst vor Arbeitsplatzabbau haben, fragen, warum nicht in Rüstung investiert werde – darauf müssen die Gewerkschaften reagieren, die Befürchtungen der Kollegen ernst nehmen und wieder an die frühere Tradition der Konversionsdebatte anknüpfen (ein Workshop am Samstag beschäftigte sich mit der Konversionsfrage). Er wies auch darauf hin, dass die gesellschaftliche Rechtsentwicklung durch die Militarisierungs- und Aufrüstungsdiskussion gefördert wird – wer also "gegen Rechts" aktiv werden will, muss sich auch gegen den Kriegskurs wehren.

Yusuf stellte fest, dass ein Teil der Jugend, auch der migrantischen Jugend, in der Bundeswehr einen attraktiven Arbeitgeber sieht. Wenn beispielsweise VW 35.000 Arbeitsplätze abbaut, dabei die Zahl der Ausbildungsplätze halbiert, steigt der Druck auf junge Menschen, sich bei der Bundeswehr zu verpflichten, dort eine Ausbildung zu bekommen und sich den Lebensunterhalt verdienen zu können. Er erinnerte auch an die Rolle der ver.di-Jugend auf dem letzten ver.di-Bundeskongress, die sich vehement für Waffenlieferungen an die Ukraine einsetzte, vielleicht auch aus dem Gefühl heraus, damit solidarisch mit einem angegriffenen Land zu sein.

Cem Ince stellte fest, dass die Linke die einzige Friedenspartei im Bundestag sei, sie aber auch Druck von der Basis brauche, um diese Aufgabe auch erfüllen zu können. Wichtig sei, dass der wahre Kampf auf der Straße und in den Betrieben geführt werde.

In einer lebhaften Diskussion wurde viel über Erwartungen an Die Linke als Partei gesprochen, die sich auch durch den Eintritt vieler neuer junger Mit-glieder verändere. Dabei wurde oft der internationale Aspekt und die Notwendigkeit internationaler Solidarität herausgestellt. Wenn man die Friedensfrage in die Betriebe trage, dürfe man nicht vergessen, dass sich das Bewusstsein nicht allein durch Aufklärung, sondern vor allem in und durch Kämpfe verändere.

Auf den in manchen Diskussionsbeiträgen hergestellten Gegensatz zwischen Gewerkschaftsführung und Basis wurde entgegnet, dass die Konflikte gerade in der Friedensfrage quer durch die ganze Mitgliedschaft gehen; auch zeige die starke Beteiligung von (haupt- und ehrenamtlichen) Gewerkschaftern an der Konferenz, dass der Konflikt damit nicht richtig erfasst ist.

Sowohl die engagierte Diskussion auf dem Podium wie auch die vielen guten Beiträge aus dem Publikum, viele von jungen Teilnehmer/innen, machen Mut, dass die friedensbewegten Gewerkschafter/innen nicht aus-sterben, sondern immer wieder Junge nachrücken. 250 Anwesende und über 900, die sich den Livestream anschauten, übertrafen die Zahlen der letzten Konferenz in Stuttgart deutlich.

 

Den Frieden gewinnen, nicht den Krieg - Dritte Gewerkschaftskonferenz für den Frieden. 1. Tag
https://youtu.be/r03PgNGFlO0

 

Fortsetzung mit Bericht über den 2. Konferenztag folgt demnächst

 

 

Demo Palestina 2025 09 27

Die Kundgebung am 27. September in Berlin könnte die größte pro-palästinensische Demonstration werden, die es in Deutschland je gegeben hat. Wer den politischen Wind drehen und den Genozid in Gaza noch stoppen will, muss am Samstag auf die Straße gehen.
Infos: https://all-eyes-on-gaza.de/


 

Wir werden in unsere Heimat zurückkehren

Palestina Wir werden zurüückkehren

Viva Palästina

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Solidaritätskampagne mit der Palästinensischen Volkspartei für Gaza: 30.000 Euro überwiesen. Die Solidarität geht weiter!

Gaza Soliaktion 2024 12 09 5
zum Text hier
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EL Star 150