Aus Bewegungen und Parteien

IGB Kongress2022 125.11.2022: Vom 17. bis 22. November fand in Melbourne, Australien, der 5. Weltkongress des Internationalen Gewerkschaftsbundes IGB (engl. ITUC) statt. Knapp 1.000 Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter aus mehr als 120 Ländern versammelten sich, um die globale Gewerkschaftsagenda für die kommenden Jahre festzulegen und eine neue Gewerkschaftsführung zu wählen. Zentrales Thema der Debatten war ein neuer Sozialvertrag für klimafreundliche Arbeitsplätze, Arbeiter:innenrechten, faire Löhne, Sozialschutz, Gleichstellung und Inklusion.

 

In den Tagen vor dem Weltkongress trafen sich in Melbourne Hunderte führende Gewerkschafterinnen aus aller Welt zur Weltfrauenkonferenz des IGB, um über eine "geschlechtertransformative Gewerkschaftsagenda .. mit Blick auf einen neuen Sozialvertrag"

Die scheidende IGB-Generalsekretärin Sharan Burrow erklärte, dass die Gewerkschafterinnen mit diesem Treffen Einfluss auf die Debatten des 5. IGB-Weltkongresses nehmen könnten. “Auf diese Weise können Gewerkschafterinnen direkten Einfluss auf die Prioritäten der internationalen Gewerkschaftsbewegung für die nächsten vier Jahre nehmen. Dadurch werden Veränderungen in den prioritären Bereichen dieser Konferenz bewirkt, während wir auf einen neuen Sozialvertrag für Erholung und Resilienz, verankert in Gleichstellung und Gerechtigkeit, hinarbeiten.”

Ein neuer Sozialvertrag

"Die Zeit ist reif für einen neuen Gesellschafts- oder Sozialvertrag zwischen Arbeiternehmern, Regierungen und der Wirtschaft, der durch eine allgemeine Garantie für alle Arbeitenden untermauert werden sollte", stellten dann auch die Delegierten des 5. Weltkongresses [1] fest und verpflichteten den IGB dazu, für eine grundlegende Umgestaltung der Weltwirtschaft zu kämpfen.

"Das Weltwirtschaftsmodell lässt erwerbstätige Menschen im Stich. Die Macht und Profitgier riesiger globaler Konzerne haben Regierungen derart eingenommen, dass sie im Widerspruch zu den Rechten und der Sicherheit ihrer eigenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer handeln. Entlang globaler Lieferketten arbeiten 94% der weltweiten Arbeitnehmerschaft im Verborgenen, wobei undurchsichtige Geschäftsverträge Ausbeutung und Unterdrückung ermöglichen.

Die Welt ist heute dreimal reicher als vor 20 Jahren, aber 70% der Menschen wird ein allgemeiner Sozialschutz verweigert, 84% der Menschen sagen, dass der Mindestlohn nicht ausreicht, um davon zu leben, und 81% der Länder haben Verletzungen des Rechtes auf Tarifverhandlungen zugelassen. Dadurch wird gezielt Ungleichheit geschürt.

Die Zeit ist reif für einen neuen Gesellschafts- oder Sozialvertrag zwischen Arbeitnehmern, Regierungen und der Wirtschaft, der durch eine allgemeine Garantie für alle Arbeitenden untermauert werden sollte.

Die Inkraftsetzung eines neuen Gesellschaftsvertrages würde gewährleisten, dass Rechte respektiert werden, dass Arbeitsplätze menschenwürdig sind, einschließlich existenzsichernder Mindestlöhne und Tarifverhandlungen, dass Sozialschutz für alle zur Realität wird, dass Sorgfaltspflicht und Rechenschaftspflicht Geschäftstätigkeiten zugrunde liegen und dass durch sozialen Dialog für Maßnahmen zugunsten eines gerechten Übergangs mit Blick auf den Klima- und den technologischen Wandel gesorgt wird."

 

IGB Kongress2022 Sozialvertrag"Seit mehr als 150 Jahren organisieren sich arbeitende Menschen in Gewerkschaften und haben damit eine treibende Kraft für Demokratie und Rechte geschaffen. Gewerkschaften haben durch jahrzehntelange kollektive Aktionen soziale und wirtschaftliche Fortschritte durchgesetzt und für ein Gegengewicht zu Ausbeutung, Profitgier und Diskriminierung
gesorgt. Die in den IGB-Gründungsgrundsätzen verankerten bleibenden Werte unserer Bewegung bilden das Fundament für eine Welt, in der Frieden, Demokratie, nachhaltige Entwicklung und Gleichstellung für alle Vorrang haben. Eine Welt, in der die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geachtet werden, die Lebensstandards menschenwürdig sind und niemand zurückgelassen wird.

Diese Vision ist mit der aktuellen neoliberalen, von Konzernen beherrschten Weltwirtschaft nicht zu verwirklichen. Es bedarf einer grundlegenden Umgestaltung, und der Kongress
verpflichtet den IGB dazu, für eine solche Umgestaltung zu kämpfen. Eine oberflächliche Bekämpfung von Ungleichheiten, Ausbeutung und Diskriminierung wird nicht ausreichen. Die Veränderungen müssen allumfassend sein und allen Menschen zugutekommen. Diese Erklärung legt dar, was getan werden muss, um diese Umgestaltung zu bewirken und ein neues Modell zu etablieren."

Auszug aus dem Erklärungsentwurf "Ein neuer Sozialvertrag" [2]

 

 

Luca Visentini wurde zum neuen Generalsekretär des IGB gewählt

Die Delegierten des Weltkongresses wählten auch eine neue Führung des Internationalen Gewerkschaftsbundes. Zum Generalsekretär wurde der Italiener Luca Visentini gewählt. Luca Visentini ist der derzeitige Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes EGB (engl. ETUC) und Mitglied des italienischen Gewerkschaftsbundes UIL. [3] Er erhielt 72 Prozent der Stimmen und schlug den türkischen Kandidaten Kemal Özkan, der auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund DGB unterstützt wurde

Beim vorhergehenden Kongress vor vier Jahren waren es die Delegierten des DGB, die den Ausschlag gaben, dass die ehem. Generalsekretärin des italienischen linksorientierten Gewerkschaftsbundes CGIL, Susanna Camusso, mit wenigen Stimmen gegen die seit 2010 amtierende Australierin Sharan Burrow unterlag.

"Geringe Autonomie der deutschen Gewerkschaft gegenüber ihrer Regierung. ... Es ist uns gelungen, ein globales Bündnis aufzubauen, das die Deutschen besiegt hat."
Pierpaolo Bombardieri, Generalsekretär des italienischen Gewerkschaftsbundes UIL

UIL-Generalsekretär Pierpaolo Bombardieri zeigte sich über die Wahl von Luca Visentini hocherfreut:
"Es ist uns gelungen, ein globales Bündnis aufzubauen, das die Deutschen besiegt hat. Der DGB steht den Positionen von Bundeskanzler Scholz sehr nahe und zeichnete sich beispielsweise dadurch aus, dass er unsere letzte europäische Mobilisierung in Brüssel gegen die Austeritätspolitik und die Forderung nach einem gemeinsamen Fonds zur Bewältigung der Rezession nicht unterstützte, mit dem Argument, dass dies seinen Mitgliedern nach dem nationalen 200-Milliarden-Plan schwer zu erklären sei. Eine inakzeptable Position, die die geringe Autonomie der deutschen Gewerkschaft gegenüber ihrer Regierung zeigt."

"Dieses Mal", fährt er fort, "haben wir mit dem Programm von Luca gewonnen, das einen Kurswechsel in der globalen Wirtschaftspolitik fordert, indem der Schwerpunkt auf Investitionen der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds gelegt wird, um die wachsenden Ungleichheiten zu bekämpfen und die Entwicklungsländer bei ihrem ökologischen Wandel zu unterstützen, wobei eine höhere Besteuerung der Finanzströme und der multinationalen Unternehmen angestrebt wird.

Die Deutschen waren mit den Japanern verbündet, aber ausschlaggebend waren, abgesehen von den Österreichern, die ihren deutschen Kollegen nicht folgten, die asiatischen, afrikanischen und südamerikanischen Verbände. Und das ist nicht von ungefähr, denn die von Luca vorgeschlagene Idee eines 'Neuen Gesellschaftsvertrags' stellt die Rechte von Wanderarbeitern auf Aufnahme und Asyl in den so genannten höher entwickelten Ländern in den Mittelpunkt. Luca Visentini hat es verstanden, diese Mehrheit aufzubauen, dank der Autorität, die er in den Jahren als Sekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes EGB im Kampf gegen die Kürzungspolitik in Europa erworben hat." [4]

Visentini für ein neues Wirtschaftsmodell

IGB Kongress2022 VisentiniNach seiner Wahl erklärte Luca Visentini:

“Ich bin unglaublich stolz auf diese Gelegenheit, dem IGB vorzustehen und die Stimme arbeitender Menschen auf internationaler Ebene zu vertreten. … Ich bin mir aber auch bewusst, dass dies historisch schwierige Zeiten für arbeitende Menschen sind. Die Welt steht am Rande eines Konjunktureinbruchs, und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stehen an vorderster Front. Viele Menschen müssen bereits mit den Folgen leben. Frieden und Demokratie sind in Gefahr, rechtsextreme Bewegungen sind auf dem Vormarsch und stellen eine erhebliche Bedrohung für die Menschen-, Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte dar. ...
Aber wir wissen, was es jetzt braucht. Der IGB fordert ein neues Wirtschaftsmodell auf der Grundlage eines neuen Sozialvertrages. Wir wollen klimafreundliche Arbeitsplätze, Arbeitnehmerrechte, gerechte Löhne, Sozialschutz, Gleichstellung und Inklusion. Dies muss im Mittelpunkt der Pläne aller Regierungen stehen. Es geht hier um soziale Gerechtigkeit, Frieden und Überleben, und ich werde nicht aufhören, dafür für arbeitende Menschen zu kämpfen. Die Verteidigung fairer Lebens- und Arbeitsbedingungen für alle Menschen ist der beste Weg, um überall auf der Welt für Demokratie und Frieden zu sorgen.” 

 

 

Anmerkungen

[1] 5. Weltkongress des IGB
https://congress2022.ituc-csi.org

[2] Erklärungsentwurf: Ein neuer Sozialvertrag.
https://congress2022.ituc-csi.org/IMG/pdf/5cog5_a_-_erklarungsentwurf_ein_neuer_sozialvertrag.pdf

[3] Der Gewerkschaftsbund Unione Italiana del Lavoro (UIL) (deutsch: italienische Arbeitsunion) ist Mitglied des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) und des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB). Gegründet wurde er 1950, als sich katholisch und sozialdemokratisch orientierte Gewerkschafter:innen von der kommunistisch orientierten CGIL abspalteten und die Federazione Italiana del Lavoro gründeten, die später zur Unione Italiana del Lavoro umbenannt wurde. Die UIL ist sozialdemokratisch ausgerichtet.

[4] il manifesto, 22.11.2022: «Battuti i moderati tedeschi, con Visentini contro l’austerità»
https://ilmanifesto.it/battuti-i-moderati-tedeschi-con-visentini-contro-lausterita

Internat Tag der Solidaritaet ++++++++++++++++++++++++++++++++

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

CfD communist solidarity dt
zum Text hier
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Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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