25.11.2013: Mit einer gut besuchten Auftaktveranstaltung begann am Samstagabend im Frankfurter Gewerkschaftshaus die Veranstaltungsreihe '40 Jahre nach dem Putsch in Chile'. Maya Fernández Allende (Foto), Enkelin von Salvador Allende, und des Gewerkschafters Cristián Cuevas Zambrano berichteten über die aktuelle Situation in Chile, über die jahrzehntelangen Kämpfe der Arbeiter, der Schüler und Studenten gegen die politischen und ökonomischen Hinterlassenschaften der Putschisten und Mörder Tausender Chilenen vom 11. September 1973.
40 Jahre nach dem Putsch gegen die Regierung von Salvador Allende fanden am 17.11.2013 Wahlen in Chile statt und erneut hat eine Kandidatin aus der Sozialistischen Partei Chiles die Chance, als Präsidentin gewählt zu werden. Michelle Bachelet errang in der ersten Runde 46,7 Prozent. Sozialisten, Christdemokraten, Sozialdemokraten und Kommunisten unterstützen ihre Wahl. Am 15. Dezember findet die Stichwahl gegen die Kandidatin der Rechten, Evelyn Matthei, statt, die 25,0 Prozent erhielt. Die 'Neue Mehrheit', ein Wahlbündnis, zu dem auch die Kommunistische Partei Chiles gehört, errang 12 von 20 Sitzen im Senat und 68 von 120 im Abgeordnetenhaus.
Es geht dem linken Bündnis vor allem um eine gebührenfreie Bildung für alle, eine Steuerreform, welche die Reichen stärker belastet und um eine neue Verfassung. Die derzeit gültige ist noch ein Werk der Putschisten. Die Abgeordnetenmandate der 'Neuen Mehrheit' reichen alleine für letzteres nicht aus. Es werde aber versucht, unabhängig Abgeordnete dafür zu gewinnen.
Cristián Cuevas Zambrano stellte die Lage der chilenischen Gewerkschaften dar, die faktische keine gesetzlich anerkannten Rechte hat, wie sie die deutsche Arbeiterbewegung im Zuge der Novemberrevolution 1918 durchsetzen konnte, z.B. Tarifverträge abzuschließen. Als großes Problem bezeichneten es beide, dass nur die Hälfte der Wahlberechtigten zu den Urnen ging, dass es gerade Teile der Arbeiterklasse und benachteiligter Schichten sind, die längst noch nicht wieder in politische Geschehen eingreifen. Nicht wenig Raum nahm auch die Schilderung der Lage und der Kämpfe der Ureinwohner von Chile ein wie der Mapuche. Diese kämpfen schon über 400 Jahre um ihre Rechte in ihrem Land.
Eröffnet wurde die Veranstaltung (s. Anlage) von dem DGB-Bezirksvorsitzenden Stephan Körzel, dem eine Ansprache der seit Jahrzehnten in der Lateinamerikasolidarität aktiven Kollegin Regine Mayer folgte. Moderator war Horst Gobrecht, ver.di, die organisatorische Vorbereitung lag bei Ruth Kries und Jürgen Hinzer.
Musikalisch wurde die Veranstaltung von der Gruppe Musikantes gestaltet. Dazu liefen Videofilme, die u.a. das auf den Straßen tanzende Volk nach der Wahl Allende, aber auch die Bombardierung der Moneda durch die Büttel von CIA und ITT zeigten und Aufnahmen aus dem in ein KZ verwandelten Stadion in Santiago. Allgegenwärtig waren die Texte und Melodien von Victor Jara, der dort bestialisch ermordet wurde. Als zum Abschluß gemeinsam "El Pueblo unido, jamás será vencido" gesungen wurde, hielt es niemand auf den Stühlen, Fäuste wurden geballt, aber auch manche Augen wurden feucht, waren doch viele da, denen die Solidarität mit Chile seit über vier Jahrzehnten auch eine Herzenssache ist.
Weitere Veranstaltungstermine:
- 24. November, Münster, 19:00 Uhr, Schloß, Raum S 8
- 25. November, Dortmund, 18:00 Uhr, Auslandsgesellschaft Dortmund, Steinstraße 48
- 26. November, Hamburg, 19:30 Uhr, in der Werkstatt 3, Nernstweg 32, Altona
- 27. November, Bremen, 18:30 Uhr, DGB Haus, Bahnhofsplatz 22-28
- 28. November, Berlin, 18.00 Uhr, Verdi Hauptverwaltung, Paula-Thiede-Ufer 10
- 29. November, Braunschweig, 18:30 Uhr, Gewerkschaftshaus, Wilhelmstr. 5
Maya Fernández Allende
Sie ist Biologin und Veterinärmedizinerin. Ihre Eltern sind der kubanische Diplomat Luis Fernández Oña, und die Ärztin Beatriz Allende Bussi. Nach dem Militärputsch 1973 ist ihre Familie zusammen mit ihr nach Kuba geflüchtet. Sie war damals zwei Jahre alt, sie hat dort bis zu ihrem 21. Lebensjahr gelebt. 1991 kehrte sie nach Chile zurück. Seit 2008 repräsentiert die Enkelin des ehemaligen Präsidenten Salvador Allendes die Sozialistische Partei in der Stadtverordnetenversammlung der Gemeinde Nuñoa in Santiago de Chile. Als Kandidatin für das Bürgermeisteramt des Oppositionsbündnisses Concertación war sie bei den letzten Kommunalwahlen im Oktober 2012 dem amtierenden Bürgermeister der rechten Regierungskoalition knapp (um genau 30 Stimmen) unterlegen. Sie kandidiert nun als Mitglied der Sozialistischen Partei für die Parlamentswahlen im November 2013.
Cristián Cuevas Zambrano
Er ist Vorsitzender der Konföderation der Kupferarbeiter, Gewerkschaft der Leiharbeiter der Kupferkonzerne Chiles. Mit über 50.000 Mitgliedern eine der größten Einzelgewerkschaften des Chilenischen Gewerkschaftsdachverbandes (CUT). Im Jahr 2007 organisierte er in dieser Position zwei der massivsten Streiks der jüngeren Geschichte Chiles, die dazu beitrugen, dass das Streikrecht ausgeweitet wurde und den Leiharbeitern der Kupferkonzerne abgesehen von besseren Gehältern einige wichtige Zusatzleistungen zuerkannt wurden wie: Lebens- und Krankenversicherung sowie eine Subvention für das Schulgeld der Kinder. Cristian Cuevas ist Mitglied des Exekutivkomitees der CUT, als Sekretär für Streikangelegenheiten, Tarifverhandlungen und Internationale Solidarität.
Text: Volker Metzroth Foto: The Santiago Times