02.11.2010: Am 5. November 2010 wird wieder ein Castor- Transport von der französischen Wiederaufbereitungsanlage in La Hague in Richtung Wendland starten. Dort soll er voraussichtlich am 7. oder 8. November eintreffen. Sein Ziel ist das oberirdische Zwischenlager für Atommüll in Gorleben. Der bevorstehende Transport ist der zwölfte in dieses Zwischenlager. Er soll wieder mit Polizeigewalt gegen Mehrheitsinteressen durchgesetzt werden.
Geplant sind bis 2017 noch ein Transport aus La Hague und vier aus dem englischen Sellafield. Experten verweisen seit vielen Jahren darauf, dass es weltweit nirgendwo sichere Zwischenlager (und Endlager) für Atommüll gibt. Der „Abfall“ aus der Kernenergiegewinnung besteht aus teilweise langlebig hochgiftigen Stoffen, die, wenn sie in die Atmo- und Biosphäre gelangen, viele Jahrhunderte, ja Jahrtausende Leben bedrohen und zerstören.
Seit mehr als drei Jahrzehnten wehren sich die Menschen im Wendland deshalb gegen das Zwischenlager und gegen die unter der Regierung Albrecht (CDU) Ende der 70er Jahre beschlossenen Pläne, im geologisch höchst unsicheren Gorleben-Rambower Salzstock zudem ein atomares Endlager einzurichten. Ab 2015 könnten nun auch die Endlagerpläne Wirklichkeit werden. Denn dann laufen die von den Grundeigentümern und Inhabern der Salzrechte eingeräumten Nutzungsrechte aus. Die jetzige Bundesregierung hat bereits einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorgelegt. Dieser sieht u. a. die Möglichkeit vor, Grundeigentum und Salzrechte zum Zweck der Errichtung, des Betriebs und der Erkundung von Endlagerstandorten zu enteignen.
Deshalb haben die Menschen im Wendland viele Gründe für ihren Protest: Bauern in der Region fürchten unmittelbar um ihre Existenz und wie viele andere um ihre Gesundheit und die Zukunft ihrer Kinder. Sie protestieren vor allem auch gegen die ständige Missachtung ihrer Meinung und ihrer Grundrechte.
Und andere erklären sich solidarisch, denn eine Mehrheit im Land lehnt Atomkraftwerke ab und fordert den sofortigen Ausstieg, weil aus ihrer Sicht die entsprechende Technologie und damit auch die Lagerung der radioaktiven Abfälle mit nicht zu beherrschenden Risiken für die heute lebenden Menschen wie künftige Generationen verbunden ist. Am 24. April protestierten deshalb mehr als 120 000 Menschen mit einer 127 Kilometer langen Menschenkette zwischen den norddeutschen Atomkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel unter dem Motto „Kettenreaktion – Atomkraft abschalten“, am 18. September demonstrierten mehr als 100 000 in Berlin, am 9. Oktober 50 000 mit einer Menschenkette in München gegen die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke. Es geht ihnen um ein anderes, ein besseres Leben.
Die Bundesregierung jedoch missachtet auch in diesem Fall die Proteste, setzt sich rigoros über Mehrheitsmeinungen hinweg und erfüllt damit die direkten Vorgaben der großen Energiekonzerne. Mit der Mehrheit der Stimmen aus den Fraktionen von CDU-CSU und FDP wurde am 28. Oktober im Bundestag die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke im Land beschlossen.
Der Atom-Deal der Herrschenden empört. Die Profitinteressen großer Konzerne werden über die Lebensinteressen der Mehrheit der Menschen gestellt. Gegen den aktuellen Transport und weitere Atommülltransporte formiert sich auch deshalb ein breiterer Widerstand. An diesem wollen sich auch Politiker der Grünen, der SPD, der Partei „Die Linke“, bekannte Künstler und Künstlerinnen und viele andere beteiligen. Zehntausende werden vor Ort erwartet, die mit Sitzblockaden und anderen Aktionen den Castor-Transport verhindern wollen.
Die Herrschenden machen gegen den Protest mobil. Sie setzen auf Gewalt. Die Castor- Gegner werden kriminalisiert. Schon jetzt gibt es polizeiliche Zwangsmaßnahmen, zahlreiche Auflagen für die Gegendemonstranten und Demonstrationsverbote. Die zuständige Staatsanwaltschaft in Lüneburg plant die juristische Verfolgung der Unterzeichner des Aufrufs „Castor Schottern? Wir machen mit!“ und ist bereits aktiv. Etwa 17 000 Beamte sollen den Castor-Transport gegen alle Proteste „sichern“ und durchprügeln.
Die DKP erklärt sich solidarisch mit den Protesten gegen den Castor-Transport. Wir protestieren gegen Verbote und Einschränkungen des Protestes und weisen jegliche Versuche der Einschüchterung und Kriminalisierung zurück. Wir werden uns entsprechend unserer Kräfte an den Aktionen beteiligen.
Text: Nina Hager (Vorabdruck aus UZ vom 05.11.2010)
Ein breites Bündnis aus Umweltorganisationen und Bürgerinitiativen, Parteien, Gewerkschaften, Kirchen sowie der Branche der Erneuerbaren Energie auf, mit Kind und Kegel am 6. November zur Kundgebung nach Dannenberg/Wendland (13 Uhr) zu kommen!(siehe Flyer)