27.10.2010: Das Volksbegehren über die Offenlegung der Teilprivatisierungsverträge bei den Berliner Wasserbetrieben endet am heutigen Mittwoch mit einem großen Erfolg für die Initiatoren, den Berliner Wassertisch, den auch die DKP unterstützt. Mit über 265.000 Unterschriften – die Zahl der bei den Bürgerämtern eingegangen Unterschriften und des heutigen Posteingangs bei der Grünen Liga Berlin lagen um 14 Uhr noch nicht vor – und einem spendenfinanzierten Etat von ca. 19.000 € haben die Berliner ein überwältigendes Ergebnis vorgelegt. Notwendig für einen Erfolg des Volksbegehrens wären 172.000 Unterschriften gewesen. Damit kommt es nun zum Volksentscheid in Berlin – es sei denn, das Berliner Abgeordnetenhaus führt das vom Wassertisch vorgelegte Gesetz vorher selbst ein.
Thomas Rudek, Sprecher des Volksbegehrens, erklärte: "Gewinne – ganz gleich ob privat oder öffentlich – haben weder in der Wasserversorgung noch in der öffentlichen Daseinsvorsorge etwas verloren. Wenn der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit seinen Worten Taten Folgen lassen will, dann soll er gemeinsam mit den Fraktionen im Abgeordnetenhaus endlich den Gesetzentwurf des Volksbegehrens beschließen, damit die Geheimverträge formaljuristisch offen gelegt werden. Erst nach der Offenlegung der Geheimverträge per Gesetz können die Verträge öffentlich und unabhängig überprüft werden. Solange die unbefristeten (!) Geheimverträge nicht juristisch angefochten werden, werden die Konzerne bei Rückkaufverhandlungen darauf bestehen, dass ihre Gewinngarantien in die Rückkaufsumme einfließen. Das wäre dann keine verbraucherfreundliche, sondern eine investoren“freundliche“, sehr teure Rekommunalisierung.
Um eine kostengünstige Rekommunalisierung zu ermöglichen, ist es zwingend erforderlich, dass in einem ersten Schritt alle Geheimverträge per Gesetz offen gelegt werden und die Gewinngarantien juristisch angefochten werden. Erst dann ist der Weg frei für eine kostengünstige Rekommunalisierung.
Der Berliner Wassertisch bedankt sich herzlich bei allen Berlinern und bei allen Bündnispartnern für die großartige Unterstützung. Wir haben gemeinsam bewiesen, dass direkte Demokratie auch mit wenig Geld möglich ist. Wir sind zuversichtlich, dass wir gemeinsam auch den Volksentscheid gewinnen können: Überlassen wir die Gesetzgebung in einem so wichtigen Bereich wie der Wasserversorgung nicht den Lobbys und der Ministerialverwaltung, sondern bringen wir mit einem Volksentscheid die Gesetze auf den Weg, die den Bürgern und unserer Umwelt dienen!
Das amtliche Endergebnis wird von der Landeswahlleiterin Frau Dr. Michaelis-Merzbach voraussichtlich am 9. November bekannt gegeben. Der Senat wird nach Bekanntgabe im Amtsblatt innerhalb von 15 Tagen den Termin für den Volksentscheid, der innerhalb von 4 Monaten erfolgen muss, bekannt geben. Für einen Volksentscheid sind ca. 610.000 gültige Stimmen erforderlich."
Auch das globalisierungskritische Netzwerk Attac begrüßt den Erfolg des Berliner Wasser-Volksbegehrens als einen wichtigen Etappensieg im bundesweiten Kampf gegen Public Private Partnerships (PPP) und die mit ihnen einhergehenden Geheimverträge. "Eine erzwungene Offenlegung des Teilprivatisierungsvertrags der Berliner Wasserbetriebe wäre ein Präzedenzfall gegen die Geheimhaltung alle PPP-Verträge hier zu Lande und ein Meilenstein im Kampf gegen PPP weltweit", sagte Dorothea Härlin von der Attac-Kampagne PPP-Irrweg.
Die organisierte Geheimhaltung der Verträge zwischen der öffentlichen Hand und den privaten Investoren sei eine zentrale Voraussetzung für das Zustandekommen und die hohen Gewinnmargen bei den meisten PPP-Projekten – nicht nur in Berlin, sondern für alle der bundesweit mehr als 200 PPP-Projekte, die zusammen auf ein Volumen von schätzungsweise 27 Milliarden Euro kommen. Selbst die Abgeordneten, die über die Projekte entscheiden, würden die Verträge in der Regel nicht kennen. Die für die öffentliche Hand meist ungünstigen Vereinbarungen würden so erst gar nicht bekannt.
Claus Kittsteiner, ebenfalls aktiv in der Kampagne PPP-Irrweg, betonte: "Ohne Geheimhaltung könnten PPP-Verträge mit Kommunen, Bundesländern oder dem Bund für die privaten Investoren gar nicht zu einem solch lukrativen Geschäft werden, weil die darin ersichtlichen Gewinnmargen auf massiven öffentlichen Widerstand stoßen würden." Sollte es in Berlin gelingen, die Offenlegung der Verträge in dem nun folgenden Volksentscheid zu erzwingen, hätte dies nach Einschätzung von Attac positive Auswirkungen auf den Widerstand gegen PPP-Projekte im ganzen Land.
Quelle: Presserklärung Berliner Wassertisch, Presseerklärung Attac