13.10.2010: Es ist wohl die Nähe zu dem ehemaligen Pressesprecher von Roland Koch, der nun in Diensten von Ministerpräsident Mappus steht, wenn der Herausgeber der FAZ in seinem Kommentar schreibt: "Der Dialog mit den fanatischen Gegnern des Projekts ist fruchtlos". Und Jakob Schlandt schreibt heute unter der Überschrift "Aufstand der Wohlhabenden", es sei "ein Aufstand der Wohlhabenden, die vor allem eines im Sinn haben: ihre unmittelbare Umwelt unverändert zu bewahren. Heiliger Sankt Florian, verschon mein Haus, zünd andere an! ". Die Medienoffensive von Mappus und Grube scheint in manchen Zeitungen zu wirken.
"Das Projekt "Stuttgart 21" ist längst von einem regionalen Problem zu einem bundesweiten Konfliktfall geworden: Jeder zweite Bundesbürger misst dem Projekt eine über die Region hinausgehende Bedeutung bei. Eine Mehrheit (54 Prozent) lehnt den Bahnhofsumbau ab, lediglich ein Drittel (33 Prozent) spricht sich dafür aus", so die letzte Umfrage von Infratest. Und die Demonstration am Samstag unter der Losung "Baustopp sofort - dann Gespräche" war mit fast 150.000 Teilnehmern die bisher die größte in Stuttgart. Und am Montag waren es bei der 47. Montagsdemo wieder fast 30.000 Teilnehmer.
Noch zeigen sich Mappus und Grube unbeeindruckt und starten ein mediales Verwirrspiel. Während sich der Mediator Geißler in der Öffentlichkeit äußert, auch die Bahn habe einem vorläufigen Baustopp zugestimmt, weist Bahnchef Grube dies in einer Veranstaltung vor der IHK Stuttgart vehement zurück. Seine Argumentation: Als Bahnchef dürfe er das nicht, er sei an Verträge gebunden. Allerdings deutet er auch einen Ausweg an. Wenn Aufsichtsrat und Politik eine Bauunterbrechung beschließen, sei er an deren Beschlüsse gebunden. Er spielt damit den Ball in das politische Feld zurück.
In seiner Rede vor der IHK versucht er auch, Ministerpräsident Mappus zu korrigieren. Der hatte in seiner Rede vor dem Landtag gesagt, dass die für Stuttgart bewilligten Bahngelder für andere Bahnprojekte verwendet werden, wenn Stuttgart 21 nicht gebaut wird. Dies ist eine indirekte Bestätigung der Argumentation der Gegner, dass die 11 Mrd Euro für Stuttgart 21 und die Neubaustrecke nach Ulm bei anderen wichtigeren Bahnprojekten fehlen. "Das heißt ganz einfach: Würden wir Stuttgart 21 heute stoppen, würde das Geld ab morgen einfach anderswo in Deutschland verbaut… Die anderen Länder würden sich herzlich bedanken." Grube gibt nun eine neue Sprachregelung aus: "Das Geld ist projektgebunden. Wenn Stuttgart es nicht nimmt, landet es irgendwo bei Herrn Schäuble im Bermudadreieck."
Grube hält an der Geheimhaltung der tatsächlichen Kosten und der Kosten-Nutzen-Analyse fest. Obwohl der Bund noch immer zu 100% Eigentümer der Bahn ist, darf noch nicht einmal der Verkehrsausschuss diese Daten sehen, obwohl es die Verwendung von Steuergelder betrifft. Sein Zugeständnis ist einzeig ein von beiden Seiten akzeptierten Wirtschaftsprüfer. "Der soll eine Vertraulichkeitserklärung unterschreiben, und dann setzen wir ihn in ein Zimmer und legen alle Papiere vor ihm offen auf den Tisch." Und danach darf er nicht reden.
Trotz dieser Taktik des Mauerns und Verschleierns haben die Projektgegner zugestimmt, am Donnerstag zu einem ersten Gespräch mit den Projektträgern zu kommen, wenn die Arbeiten für das sogenannte Grundwassermanagement zumindest unterbrochen werden. Aber heute wurde das erste Bohrgerät auf den Platz gebracht. Protestierende und blockierende Parkschützer wurde von der Polizei weggetragen.
Text: mami Foto: DKP Stuttgart