08.10.2010: Das Dementi von Ministerpräsident Mappus und Bahnchef Grube kam sofort. Es gibt keinen Baustopp für das Projekt Stuttgart 21. Vorher hatte der von Mappus als Mediator vorgeschlagene Heiner Geißler (CDU und Mitglied bei Attac) noch erklärt, dass in der Zeit der Gespräche mit dem Aktionsbündnis keine weiteren Baumassnahmen erfolgen sollten. Er berief sich dabei auf ein Gespräch mit Mappus und Grube.
Mag sein, dass Geißler in eine Falle tappte, als er das Wort Baustopp in den Mund nahm, ein Unwort für Regierung und Bahn. Es kann aber auch ein geschickt inszeniertes politisches Manöver der Landesregierung sein. Mit seinem sofortigen Dementi kann Mappus bei seiner Wählerschaft punkten und die Gegenbewegung spalten. Denn einige hatten sich auf die Kompromissformel „ keine weitere Baumaßnahmen als sichtbares Zeichen“ eingelassen.
Es werden bis auf weiteres keine weiteren Bäume im Schlossgarten gefällt. Dies ist kein Entgegenkommen, denn die Bahn darf unter Androhung eines Zwangsgeldes auf dem Gelände im Schlossgarten vorerst keine Bäume mehr fällen, weil dort seltene Tiere leben. Das Eisenbahnbundesamt (EBA) hatte bereits vor dem Fällen der ersten 25 Bäume am vergangenen Donnerstag naturschutzrechtliche Zweifel angemeldet. Um dem rechtlichen Verbot zuvorzukommen, gab Mappus den Befehl zur Räumung des Schlossgartens mit allen Mitteln. Wasserwerfer, Schlagstoff und Reizgas wurden eingesetzt, die Bilder des brutalen Einsatzes gingen um die ganze Welt. "In Stuttgart wurden erst die Menschen gefällt, bevor man sich an die Bäume wagen mochte", schreibt Katrin Schuster im Freitag.
Der vorläufige Verzicht auf den Abriss des südlichen Bahnhofsseitenflügels ist auch nur eine Mogelpackung. Der Abriss war nach früheren Bauzeitablaufplänen der Deutschen Bahn frühestens für Frühjahr 2011 vorgesehen. Zwar ist eine Ausschreibung für die Abbrucharbeiten erfolgt, aber der Auftrag noch nicht vergeben. Aber zur Medienoffensive von Mappus gehört es, dass die Stuttgarter Zeitung von einem Kampf zwischen Landesregierung und Bahn berichtet. „Der S-21-Projektleiter Hany Azer hat nach StZ-Recherchen den Abriss gleichwohl auf Oktober vorziehen wollen, um damit weitere Fakten zu schaffen und die Unumkehrbarkeit des Bahnhofsneubaus zu unterstreichen. Nur durch politischen Druck der Landesregierung sei Azer ausgebremst und "das Tempo herausgenommen worden", heißt es.“
Die Baumaßnahmen für die Grundwasserabsenkung, mediengerecht als Grundwasser-Managment verkauft, sollen aber weitergehen. Also kein Baustopp.
Geißler bezeichnet sich selbst als Schlichter. Aber es gibt hier nichts zu schlichten. Was nötig ist, ist den Filz aufzudecken, die Lügen von der „soliden Finanzierung“ ( Regierungserklärung Mappes) zu entlarven, die unveröffentlichten oder geheimen Gutachten auf den Tisch zu legen, das gesamte Projekt auf den Prüfstand zu bringen. Wenn Geißler dazu beitragen kann, die Mauern der Lügen einzureißen, die Fakten auf den Tisch zu bringen, kann seine Tätigkeit als Mediator hilfreich sein. Aber um Öffentlichkeit herzustellen, hat die Bewegung auch ausreichend eigene Mittel und Methoden zur Verfügung.
Text: mami