31.08.2010: „Hartz IV lässt sich ganz einfach so beschreiben: Im Hamburger Luxushotel macht das Zimmermädchen die Betten für drei oder vier Euro die Stunde. In Dresden bewacht der Familienvater für fünf Euro die Stunde jede Nacht die Lagerhalle. Überall in der Republik füllen Menschen Anträge auf Stütze aus, obwohl sie den ganzen Tag arbeiten gehen. Für diese Zustände gibt es viele Gründe, etwa Privatisierungswellen und eine sinkende Tarifbindung.“ So die Online-Ausgabe der Frankfurter Rundschau vom 8. Februar 2010.
Und weiter: „Hartz IV aber lässt sich auch ganz anders beschreiben. Erstmals hat es Deutschland geschafft, ein vermeintliches Naturgesetz zu brechen: Die Arbeitslosigkeit steigt und fällt je nach Konjunktur. Aber im Trend verschärft sie sich immer, weil in jeder Krise mehr Menschen ihre Stelle verlieren als in guten Zeiten eine neue finden. Damit ist es vorbei.“
„Arbeitsmarkt“ wurde umgestaltet
Hartz IV ist aktuell der letzte Baustein zum Umbau unseres sogenannten Arbeitsmarktes. Mit seiner Hilfe werden mehr und mehr reguläre Arbeitsverhältnisse zurückgedrängt, „atypische“ Beschäftigungsverhältnisse sind auf dem Vormarsch. Hartz IV hat die Angst vor Arbeitslosigkeit in die Betriebe getragen. „Angst vor Hartz IV macht Bewerber bescheiden. Arbeitslose Jobsuchende wollen immer häufiger für weniger Geld und zu schlechteren Bedingungen arbeiten“ bilanzierte die „Welt“ vor einiger Zeit. Aus Angst vor Hartz IV sind Arbeitslose mehr denn je dazu bereit, für eine neue Stelle Abstriche beim Lohn und bei den Arbeitsbedingungen hinzunehmen. Das ergab auch eine repräsentative Betriebsbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg.
Hetze gegen Erwerbslose
Mit einer beispiellosen Hetze gegen Erwerbslose wird das Hartz-IV-System aufrecht erhalten. Kampagnen werden in der Boulevardpresse („Florida-Rolf“) ebenso geführt wie zu Wahlkampfzeiten von Politikern wie Guido Westerwelle („anstrengungsloser Wohlstand“). Das Ziel ist klar: Sie wollen eine Solidarität verhindern zwischen den arbeitenden Menschen und denen, die ihre Arbeit verloren haben. Sie wollen verhindern, dass der gemeinsamer Gegner gemeinsam angegangen wird: Das kapitalistische Unrechtssystem und der ihm verbundenen Politiker!
„Atypisch“ wird normal
„Atypische Beschäftigungsverhältnisse“ machen heute fast ein Viertel aller Beschäftigungsverhältnisse aus. Es handelt sich dabei um Leiharbeit, Arbeit, die unterhalb der Hartz-IV-Regelsätze liegt, Minijobs u. ä. Die Tendenz ist steigend! Zwei Drittel aller neu abgeschlossenen Arbeitsverträge sind befristet. Weit weniger als ein Drittel der Erwerbslosen beziehen heute ALG 1. Die große Mehrheit ist in Hartz IV gedrängt. Ebenfalls in Hartz IV angelangt sind Menschen, die trotz eines Vollzeit-Arbeitsverhältnisses vom Lohn nicht leben können, die diesen Lohn „aufstocken“ müssen. Und in diesem Bereich erleben wir den rasantesten Aufstieg. Um 30 Prozent stieg diese Zahl von 2008 auf 2009 – das ist unser „Jobwunder“.
„Ein-Euro-Jobs“ abschaffen!
Wohl an die 500 000 Menschen üben in unserem Land jährlich einen „Ein-Euro-Job“ aus. Die Sachbearbeiter der ARGEn setzen auf Illusionen, die finanzielle Notlage der Erwerbslosen und nicht zuletzt auf Druck.
Viele der „Kunden“ wollen eine sinnvolle Tätigkeit ausüben, leiden unter ihrer Arbeitslosigkeit, erhoffen sich über einen „Ein-Euro-Job“ die Übernahme in ein festes Beschäftigungsverhältnis. Viele sehen keine andere Chance, als mit diesen zusätzlichen einen oder einen Euro fünfzig pro Arbeitsstunde den völlig unzureichenden Hartz-IV-Regelsatz zumindest um ein monatliches Minimum aufzustocken.
Wenn das nicht reicht, gibt es Druck: Die Androhung der Kürzung oder gar Aussetzung des Arbeitslosengeldes (ALG) II ist ein überzeugendes „Argument“. „Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung“ heißen diese Jobs im Bürokratendeutsch ihrer Erfinder. In der Praxis sind sie fast ausschließlich das erste und einzige Angebot, das die ARGEn den Erwerbslosen anbieten.
Unter Missachtung der geltenden Gesetze, die eindeutig besagen: „Öffentlich geförderte Beschäftigung nach dem SGB II (Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung, Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante) ist unter Berücksichtigung des § 3 Abs. 1 Satz 3 SGB II immer nachrangig gegenüber Vermittlung in Arbeit oder Ausbildung, Qualifizierung und anderen Eingliederungsinstrumenten (,ultima ratio’).“ Aus dem eigentlich letzten Mittel wird also das einzige.
Massenhaft verdrängen diese „Ein-Euro-Jobs“ reguläre Arbeitsplätze. Und die arbeitenden Menschen subventionieren mit ihren Steuern diese erbärmliche Praxis.
Rechtsbrüche in den ARGEn
Der Alltag der Hartz-IV-Empfänger ist geprägt vom immerwährenden Kampf, mit dem völlig unzureichenden Regelsätzen irgendwie durchzukommen. Und in den ARGEn keine Hilfe, im Gegenteil: Schikane, unzureichende Beratung, Gängelung bis hin zum Rechtsbruch machen die Menschen mürbe, sollen sie einschüchtern und gefügig machen.
Das hat System und ist System!
Das UZ-Extra zu Hartz IV für die Aktionen im September steht im Download-Bereich unter Infomaterial zur Verfügung. Es wurde der Wunsch aus der Partei geäußert, auch Gestaltungselemente und den Text als Einzelbausteine für eigene Materialien zu bekommen. Auch diese sind im Downloadbereich (Online-Grafiken) erhältlich (Registrierung erforderlich)
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