03.08.2010: Am Montag waren es wieder über 6000 Teilnehmer, die trotz Ferienzeit und strömenden Regens zur 37. Montagsdemostration gegen Stuttgart 21 vor dem Hauptbahnhof zusammenkamen. In Form eines öffentlichen Gelöbnisses wurde unterstrichen, dass der Widerstand gegen das Bauprojekt weitergehen wird.
Es werden immer mehr, die nicht zulassen wollen, dass mit dem Abriss des denkmalgeschützten Stuttgarter Bahnhofs begonnen wird, um den Kopfbahnhof durch einen unterirdischen Durchgangsbahnhof zu ersetzen. Aber die DB und die Stadt wollen Fakten schaffen, bevor im Oktober die Revisionsverhandlung um eine Urheberrechtsklage vor dem Oberlandesgericht stattfindet.
Der Enkel des Architekten hatte diese Klage gegen die Deutsche Bahn AG angestrengt, um den Abriss zu verhindern und eine Umplanung zu erreichen, die auch bei Verwirklichung des Bahnprojekts technisch möglich ist. Das Landgericht Stuttgart hatte aber am 20. Mai 2010 die Urheberrechtsklage abgewiesen (LG Stuttgart 17 O 42/10). Seit Jahren protestieren zahllose namhafte Kunst-, Kultur- und Architekturinstitutionen sowie Denkmalpfleger und weitere Fachleute aus der ganzen Welt gegen den Abriss des Bahnhofs, der von 1914 bis 1928 von Paul Bonatz erbaut wurde.
Wütend macht die Stuttgarter auch, dass die Stadt seit zwei Jahren ein Gutachten verheimlicht hat, welches die Mängel an dem Projekt bestätigt hat. Das Gutachten wurde erst jetzt über einen Artikel im Stern bekannt.( http://www.kopfbahnhof-21.de/index.php?id=534). Auch musste die Bahn inzwischen eine Kostenexplosion eingestehen. Stuttgart 21 kostet nicht 2,5 Milliarden Euro, sondern mindestens 4,1 Milliarden Euro, am Ende wohl eher noch mehr. Und die Gesamtkosten für die 60 Kilometer lange Neubaustrecke von Stuttgart nach Ulm belaufen sich nun mindestens auf 2,89 Milliarden Euro. Die bisherige Kostenschätzung aus dem Jahr 2004 war von 2 Milliarden Euro ausgegangen.
Nun wurde auch noch bekannt, dass seit dem 14. Juli der Finanzbürgermeister der Stadt Stuttgart, Michael Föll (CDU), auf den Gehaltslisten jener Baufirma steht, die den Auftrag für den Abriss des Bahnhofsflügels bekommen hat. Föll ist Mitglied des Beirats der Baufirma Wolff & Müller. Dazu schreibt die Stuttgarter Zeitung :“ Pikant ist die Entscheidung Fölls, ausgerechnet Wolff & Müller exklusiv mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, auch wegen der Geschichte mit dem Mineralbad Cannstatt. Die Baufirma hatte es Anfang der 90er Jahre in Eigenregie erstellt und danach an die Stadt vermietet. Das Rechnungsprüfungsamt zog Jahre später ein vernichtendes Fazit: Für die Stadt war das Bad ein Millionengrab. Föll hatte dann seit 2007 mit dem Unternehmen über einen vorzeitigen Kauf der Einrichtung verhandelt, 2009 wechselte sie für 23,72 Millionen Euro den Besitzer. Die Kehrseite: Auf 3,3 Millionen Euro blieben die Stuttgarter Steuerzahler sitzen, weil der Bauherr nicht verpflichtet werden konnte, die eklatanten Mängel zu beseitigen.“
Die Gegner von Stuttgart 21 sind sich einig: Noch ist das letzte Wort nicht gesprochen. Das Vorhaben kann noch gestoppt werden. Schon jetzt müssen CDU, FDP und SPD einen hohen politischen Preis zahlen in Hinblick auf die Landtagswahlen im nächsten Jahr. Denn das Projekt Stuttgart 21 findet auch immer weniger Befürworter in der Region. Immer deutlicher wird, dass die Gelder dann für andere wichtige Infrastrukturmaßnahmen fehlen werden. Jetzt wurde noch bekannt, dass angesichts der Haushaltslage im Bund sämtliche Investitionen für Neubaustrecken bei der Bundesbahn gestoppt werden sollen. Dies müsste dann auch für die Neubaustrecke nach Ulm zutreffen.
So geht dann täglich um 19 Uhr der „Schwabenstreich“ in Stuttgart weiter. In der gesamten Stadt wird für 60 Sekunden mit Instrumenten und allen möglichen Gegenständen lautstark Krach gemacht.
Text/Fotos: mami
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