6. Dez. 2023: Copernicus Climate Change Service (C3S) hat monatliches Klimabulletin vorgelegt: Nicht nur der November, sondern das ganze Jahr bricht alle Rekorde ++ Weltklimakonferenz COP28: Das Schicksal von Öl, Gas und Kohle ist größter Knackpunkt ++ Präsident ist der Vorstandsvorsitzende der Ölgesellschaft ADNOC ++ Gas- und Ölförderländer – allen voran die USA – führen die Welt in die Hölle des Klimawandels ++ COP28, eine Lobbykonferenz für die größten Umweltverschmutzer ++ Bei COP28 ist Atomstrom grün. "Die Atomkraft verdreifachen" ++ Gaza auf der Weltklimakonferenz
Am heutigen Mittwoch (6.12.) hat der Copernicus Climate Change Service (C3S), der vom Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage im Auftrag der Europäischen Kommission mit finanzieller Unterstützung der EU durchgeführt wird, sein aktuelles monatliches Klimabulletin vorgelegt.[1]
C3S kommt zu dem Ergebnis, dass das laufende Jahr das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen Mitte des 19. Jahrhunderts sein wird. Zuvor hatte 2016 den Spitzenplatz eingenommen. Es sei praktisch unmöglich, dass sich der Trend vor Ende Dezember ändert, nachdem der November der sechste Rekordmonat in Folge war.
Der vergangene Monat brach den bisherigen Hitzerekord für November und ließ die globale Durchschnittstemperatur im Jahr 2023 um 1,46 Grad Celsius (2,7 Grad Fahrenheit) wärmer werden als in der vorindustriellen Zeit, so der Dienst. Zuvor war noch nie ein Tag mit Temperaturen von mehr als 2 Grad Fahrenheit über dem vorindustriellen Niveau verzeichnet worden.
"Das Jahr 2023 hat nun sechs rekordbrechende Monate und zwei rekordbrechende Jahreszeiten erlebt. Die außergewöhnlichen globalen Novembertemperaturen, einschließlich zweier Tage, die mehr als 2°C über dem vorindustriellen Wert liegen, bedeuten, dass 2023 das wärmste Jahr in der aufgezeichneten Geschichte ist", erklärte Samantha Burgess, stellvertretende Leiterin von C3S.
Herbst 2023 - Temperatur-Highlights• Der November 2023 war der wärmste November seit Beginn der Aufzeichnungen, mit einer durchschnittlichen Oberflächentemperatur von 14,22°C, 0,85°C über dem November-Durchschnitt von 1991-2020 und 0,32°C über der Temperatur des bisher wärmsten Novembers im Jahr 2020. • Die globale Temperaturanomalie für November 2023 entsprach der des Oktobers 2023 und lag nur um 0,93°C unter der Anomalie des Septembers 2023. • Der November 2023 war etwa 1,75°C wärmer als der geschätzte November-Durchschnitt für den Zeitraum 1850-1900, den sogenannten vorindustriellen Referenzzeitraum. • Für das bisherige Kalenderjahr (Januar bis November) ist die globale Mitteltemperatur für 2023 die höchste seit Beginn der Aufzeichnungen, 1,46 °C über dem vorindustriellen Durchschnitt von 1850-1900 und 0,13 °C höher als der Elf-Monats-Durchschnitt für 2016, dem derzeit wärmsten Kalenderjahr seit Aufzeichnung. • Die durchschnittliche Meeresoberflächentemperatur für November 2023 über 60°S-60°N war die höchste, die jemals für einen November aufgezeichnet wurde und 0,25 °C wärmer als der zweitwärmste November 2015. • Das El-Niño-Ereignis setzte sich im äquatorialen Pazifik fort, wobei die Anomalien niedriger blieben als die zu dieser Jahreszeit im Jahr 2015 erreichten Werte. Quelle: Copernicus Climate Change Service, 6.12.2023: "November 2023 - Ein außergewöhnliches Jahr geht weiter, mit dem wärmsten Herbst. 2023 wird das wärmste Jahr der Aufzeichnungen sein" |
"Die Temperatur wird weiter steigen und damit auch die Auswirkungen von Hitzewellen und Dürren."
Carlo Buontempo, Director of Copernicus Climate Change Service (C3S)
Klimaexpert:innen warnen, dass die im Pariser Abkommen festgelegte Schwelle von 1,5 °C innerhalb von sieben Jahren überschritten werden könnte, wenn die Emissionen nicht gesenkt werden. Der Leiter der C3S, Carlo Buontempo, sagte: "Solange die Treibhausgaskonzentrationen weiter ansteigen, können wir keine anderen Ergebnisse erwarten.
"Es scheint nun unvermeidlich, dass wir das 1,5°C-Ziel überschreiten", so eine Studie des Global Carbon Project
Noch pessimistischer ist eine am Montag, 4. Dezember, vom Global Carbon Project veröffentlichte Studie, die zeigt, dass die Emissionen von CO2, dem wichtigsten Treibhausgas, im Jahr 2023 ein Rekordniveau erreichen werden. Das Konsortium von Wissenschaftler:innen geht davon aus, dass das 1,5°C-Ziel des Pariser Abkommens nun unerreichbar geworden ist.
Laut der Studie, die auf der COP 28 in Dubai vorgestellt wurde, werden die weltweiten CO2-Emissionen, die durch die Nutzung von Kohle, Gas und Öl entstehen, 2023 einen neuen Rekordwert erreichen. Das jährliche globale Kohlenstoffbudget prognostiziert für 2023 einen Ausstoß an fossilem Kohlendioxid (CO2) von 36,8 Milliarden Tonnen, was einem Anstieg von 1,1% gegenüber 2022 entspricht.
Dieses Niveau ist "weit entfernt von den starken Emissionsreduktionen, die dringend notwendig sind, um die globalen Klimaziele zu erreichen", kritisieren die Autor:innen des Berichts. "Die Auswirkungen des Klimawandels sind überall um uns herum offensichtlich, aber die Maßnahmen zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen aus fossilen Brennstoffen sind immer noch erschreckend langsam", sagte Professor Pierre Friedlingstein vom Global Systems Institute in Exeter, der die Studie leitete.
Es ist "jetzt unvermeidlich", dass die im Pariser Abkommen festgelegte Schwelle von 1,5 °C für die Erderwärmung "über mehrere Jahre hinweg konstant" überschritten wird, warnt die Studie.
UN: Erwärmung der Erde um bis zu 2,9°C selbst bei Einhaltung der derzeitigen Klimazusagen
Am 20. November wurde der jährliche Bericht des UN-Umweltprogramms (UNEP) veröffentlicht, der die Versprechen der Länder bewertet, den Klimawandel zu bekämpfen, im Vergleich zu den erforderlichen Maßnahmen.
Die Zusagen der Welt zur Emissionsreduzierung reichen bei weitem nicht aus, um die Auswirkungen des Klimawandels einzudämmen. Die Erde wird sich in diesem Jahrhundert um möglicherweise katastrophale 2,9°C erwärmen, so die Warnung der Vereinten Nationen.
"Die Welt ist Zeuge einer beunruhigenden Beschleunigung von Anzahl, Geschwindigkeit und Ausmaß der gebrochenen Klimarekorde", so das UNEP.
Dem Bericht zufolge droht der Welt eine Erwärmung von 2,5 °C bis 2,9 °C über dem vorindustriellen Niveau, wenn die Regierungen keine radikalen Klimaschutzmaßnahmen ergreifen.
Bei einer derartigen Erwärmung, so sagen Wissenschaftler:innen voraus, könnte die Welt mehrere katastrophale Punkte erreichen, an denen es kein Zurück mehr gibt - vom unkontrollierten Abschmelzen der Eisschilde bis zum Austrocknen des Amazonas-Regenwaldes - und weite Teile des Planeten für den Menschen praktisch unbewohnbar machen.
Dem Bericht zufolge müssen die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 42 Prozent sinken, um die Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen. Doch selbst im optimistischsten Emissionsszenario liege die Chance, die Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen, bei nur 14 Prozent.
UNEP-Chefin Inger Andersen sagte, es sei entscheidend, dass die G20-Staaten - die wohlhabendsten Volkswirtschaften der Welt, die zusammen für etwa 80 Prozent der Emissionen verantwortlich sind - "einen Zahn zulegen" und bei der Verringerung der Emissionen vorangehen. In dem Bericht heißt es, dass keines der G20-Länder die Emissionen im Einklang mit seinen Zielen reduziert hat.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres rief zu "einschneidenden Klimaschutzmaßnahmen" auf. "Die Staats- und Regierungschefs können nicht weiter auf die Tube drücken. Wir haben keinen Weg mehr", sagte er und beklagte ein "Versagen der Führung, einen Verrat an den Schwachen und massiv verpasste Gelegenheiten". Die Welt müsse "den Kurs ändern" und einen entscheidenden Schritt weg von umweltschädlicher Kohle, Öl und Gas machen.
Weltklimakonferenz COP 28
"Die Wissenschaft ist eindeutig: Wir müssen aussteigen, und zwar mit einem klaren Zeitrahmen."
Antonio Gueterres, UN-Generalsekretär
Auf der Weltklimakonferenz, die am Donnerstag (30.11.) in Dubai begann, wandte sich Antonio Guterres noch einmal eindringlich an die Delegierten: "Die Wissenschaft ist eindeutig: Die Begrenzung auf 1,5°C ist nur möglich, wenn wir endlich aufhören, alle fossilen Brennstoffe zu verbrennen. Nicht reduzieren, nicht vermindern. Wir müssen aussteigen, und zwar mit einem klaren Zeitrahmen."
"Es gibt keine wissenschaftlichen Erkenntnisse oder Szenarien, die besagen, dass durch den Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe 1,5°C erreicht werden können."
Sultan Al Jaber, Präsident der COP28
Am Samstag (2.12.) haben die Staats- und Regierungschefs Dubai wieder verlassen – nachdem die meisten von ihnen neben dem CO2-Ausstoß ihrer Jets nur nur heiße Luft abgesondert hatten. Nach deren Abreise begann die komplizierteste Phase eines jeden COP, mit weniger bombastischen Ankündigungen und mehr diplomatischer Arbeit.
Der UN-Klimachef Simon Stiell warf in Dubai den Regierungen "Untätigkeit" vor und sagte, die Verhandlungsführer sollten sich hohe Ziele setzen und sich auf einen Weg einigen, um die "Ära der fossilen Brennstoffe, wie wir sie kennen", zu beenden.
Doch in der Frage, ob der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen oder die Verringerung der Nutzung dieser Brennstoffe vereinbart werden soll, sind die Fronten verhärtet.
Dabei gelten der schrittweise Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und der Ausbau erneuerbarer Energien als entscheidend für das Ziel, die globale Erwärmung zu begrenzen.
Das Schicksal von Öl, Gas und Kohle - den Hauptverursachern des vom Menschen verursachten Klimawandels - ist der größte Knackpunkt auf der Tagesordnung, und die Meinungsverschiedenheiten über ihre Zukunft dominieren die Konferenz.
Mehr als 100 Länder unterstützen bereits den Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe. Ob die endgültige Cop28-Vereinbarung dies fordert oder ob schwächere Formulierungen als "Ausstieg" verwendet werden, ist eine der am Härtesten umkämpften Fragen des Gipfels und könnte der entscheidende Faktor für seinen Erfolg sein. Um die Emissionen aus fossilen Brennstoffen auf Null zu bringen und die sich schnell verschlechternden Klimaauswirkungen zu begrenzen, sind tiefgreifende und schnelle Einschnitte erforderlich.
"Wir haben einen Anfangstext auf dem Tisch, aber es ist ein Sammelsurium von Wunschlisten und viel Selbstdarstellung", sagte Stiell. "Ende nächster Woche müssen wir auf der COP einen Hochgeschwindigkeitszug auf den Weg bringen, um den Klimaschutz zu beschleunigen. Derzeit haben wir einen alten Waggon, der über klapprige Gleise tuckert".
Für einen " Hochgeschwindigkeitszug" gegen die Erderhitzung stehen die Chancen allerdings nicht zum Besten.
Präsident des COP28 ist der Vorstandsvorsitzende der Ölgesellschaft ADNOC
Geradezu symbolisch steht dafür der Präsident der COP28, Sultan Al Jaber. Er leitet nicht nur die Weltklimakonferenz, sondern er ist auch Vorstandsvorsitzender der Abu Dhabi National Oil Company ADNOC, der staatlichen Ölgesellschaft der Vereinigten Arabischen Emirate. Diese Doppelrolle wird als Interessenkonflikt kritisiert, die möglicherweise ein erfolgreiches Ergebnis der COP28 gefährdet.
Sultan Al Jaber, behauptet, es gebe "keine wissenschaftlichen Erkenntnisse", die darauf hindeuten, dass ein Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen notwendig sei, um die globale Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen, wie der The Guardian und das Centre for Climate Reporting berichten. Al Jaber sagte auch, ein Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen würde keine nachhaltige Entwicklung ermöglichen, "es sei denn, man will die Welt in Höhlen zurückbringen".
Al Jaber äußerte sich während einer Live-Online-Veranstaltung am 21. November auf Fragen von Mary Robinson, der ehemaligen UN-Sonderbeauftragten für den Klimawandel.[2]
Al Jaber stemmt sich nicht nur gegen einen schnellen Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen, sondern steht als Vorstandsvorsitzender von ADNOC dem Konzern vor, der große Expansionspläne hat. Der ADNOC-Konzern plant nach eigenen Angaben, seine Ölförderung bis 2030 um 25 Prozent zu erhöhen.
Die Vereinigten Arabischen Emirate nutzen die COP28, um mehr Gas und Öl zu verkaufen.
In seiner Doppelrolle nutzt Al Jaber die COP28, um die Öl- und Gasexporte von ADNOC zu steigern. Die britische BBC und das Centre for Climate Reporting (CCR) stützt sich auf durchgesickerte Dokumente[3], die angeblich vom COP28-Team verwendet werden, um al-Jaber auf Treffen mit Regierungsvertreter:innen vorzubereiten. Dabei geht es um die Förderung von Geschäftsinteressen von ADNOC und dem staatlichen VAE-Unternehmen für erneuerbare Energien MASDAR, dessen Vorsitzender ebenfalls al-Jaber ist.
Die Dokumente zeigen eine Reihe von ADNOC-bezogenen "potenziellen Gesprächsbereichen" mit den Regierungsvertreter:innen verschiedener Länder, die darauf abzielen, das Geschäft von ADNOC mit Flüssigerdgas (LNG) voranzubringen. Für mindestens 13 Länder, darunter Deutschland, beinhalten die Gesprächspunkte die direkte Bitte um Gespräche mit ADNOC über die Entwicklung von Projekten für fossile Brennstoffe.
Bei Gesprächen mit mehreren Ländern und Vertretern soll den Staats- und Regierungschefs in nahegebracht werden, LNG als wichtiges Instrument zur Emissionsreduzierung hervorzuheben - und damit eine langjährige Lüge von Big Oil zu wiederholen, wonach LNG klimafreundlich sei. Die starken klimawärmenden Emissionen, insbesondere von Methan, die CO2-Emmissionen beim Transport mit Tankschiffen etc. werden ignoriert. "LNG bleibt ein wichtiger Baustein in kohlenstoffärmeren Energiesystemen und Fahrplänen", heißt es in einem Vorschlag für Gespräche mit Deutschland.
Es ist aber nicht nur Sultan Al Jaber und seine ADNOC, die ehrgeizige Pläne für den Ausbau der Öl- und Gasförderung haben und den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen auf die St.-Nimmerleins-Bank verschieben wollen.
Wie die USA die Welt in die Hölle des Klimawandels führen (The Guardian)
Die britische Zeitung Guardian berichtete am 12. September [4] wie die Gas- und Ölförderländer – allen voran die USA - die Welt in die Hölle des Klimawandels führen. Die Zeitung bezieht sich auf einen Bericht von Oil Change International, der aufzeigt, dass allein die zusätzlichen Treibhausgasemissionen der gesamten in den nächsten drei Jahrzehnten geplanten Öl- und Gasförderungserweiterungen mehr als ausreichen, um die globalen Temperaturen weit über den Grenzwert von 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu treiben. Dabei entfallen auf die USA mehr als ein Drittel der bis Mitte des Jahrhunderts geplanten Ausweitung der weltweiten Öl- und Gasproduktion, obwohl sie sich als Vorreiter in Sachen Klimaschutz bezeichnen.
Kanada und Russland haben die nächstgrößeren Expansionspläne, berechnet auf der Grundlage der Menge an Kohlendioxid, die durch neue Erschließungen wahrscheinlich produziert wird, gefolgt von Iran, China und Brasilien.
Die Vereinigten Arabischen Emirate stehen auf der Liste an siebter Stelle.
Die Daten in dem Bericht zeigen auch, dass fünf Länder des "globalen Nordens" - die USA, Kanada, Australien, Norwegen und das Vereinigte Königreich - für etwas mehr als die Hälfte aller geplanten Erweiterungen neuer Öl- und Gasfelder bis 2050 verantwortlich sein werden. [5],
COP28: Eine Lobbykonferenz für die größten Umweltverschmutzer
Die Weltklimakonferenz in Dubai soll den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas besiegeln - doch nicht nur etliche Staaten, sondern auch Scharen von Lobbyisten stemmen sich dagegen. Insgesamt hat die UN nach eigenen Angaben für das zweiwöchige Treffen in den Vereinigten Arabischen Emiraten die Rekordzahl von rund 97.000 Teilnehmer:innen registriert.
Auf dem Treffen sind nach einer Datenanalyse von Aktivist:innen mindestens 2.456 Vertreter der Kohle-, Öl- und Gasindustrie offiziell akkreditiert, vier Mal mehr als in Ägypten vergangenes Jahr. Das gab die Koalition "Kick Big Polluters Out" bekannt, die unter anderem von den Organisationen Global Witness, Transparency International, Greenpeace und dem Climate Action Network getragen wird. Ausgewertet wurden öffentlich zugängliche Daten des UN-Klimasekretariats UNFCCC.
Laut der Analyse waren im vergangenen Jahr in Scharm-el-Scheich 636 Lobbyisten für Kohle, Öl und Gas unterwegs, 2021 in Glasgow 503.
Der Analyse zufolge haben die Lobbyisten mehr Zugangspässe erhalten als alle Delegationen der zehn durch die Erderwärmung verwundbarsten Staaten. Somalia, der Tschad, Niger, Guinea-Bissau, Mikronesien, Tonga, Eritrea sowie der Sudan, Liberia und die Solomonen stellen demnach zusammen lediglich 1.509 Delegierte.
Fonds für Klimakatastrophen
Am Donnerstag wurde eine Einigung über die Einrichtung eines "Fonds für Verluste und Schäden" erzielt, der den armen Ländern helfen soll, die Auswirkungen des Klimawandels zu bewältigen, der größtenteils auf die Nutzung fossiler Brennstoffe durch die reichen Länder zurückzuführen ist, die einen großen Teil der kumulierten Emissionen verursacht haben.
Obwohl ein solcher Fonds seit langem von den Entwicklungsländern gefordert wird, die am meisten unter dem Klimawandel zu leiden haben und die reicheren Länder um Unterstützung gebeten haben, wurden nur 700 Millionen Dollar für den Fonds bereitgestellt. Die armen Länder hatten gefordert, dass 100 Milliarden Dollar benötigt werden.
Ein Mitglied aus einem Entwicklungsland im Hauptbeirat des Gipfels trat am Freitag zurück, nachdem Berichte aufgetaucht waren, wonach der Gastgeber, die Vereinigten Arabischen Emirate, die Veranstaltung nutzen würden, um sich Handelsabkommen über weitere Öl- und Gasförderung zu sichern.
"Diese Handlungen untergraben die Integrität der COP-Präsidentschaft und des gesamten Prozesses", erklärte Hilda Heine, ehemalige Präsidentin der niedrig gelegenen, durch den Klimawandel besonders verwundbaren Marshallinseln, in ihrem Rücktrittsschreiben.
Bei COP28 ist Atomstrom grün. "Die Atomkraft verdreifachen".
Während in den ersten Tagen über Verluste und Schäden durch die Erderhitzung debattiert wurde, wurde der dritte Tag zum Tag der Atomenergie. Die USA, Frankreich, das Vereinigte Königreich, Japan, die Vereinigten Arabischen Emirate und 17 weitere Länder haben eine Vereinbarung über die Verdreifachung der installierten Atomkraft bis zur Mitte des Jahrhunderts bekannt gegeben.
Dies teilten Vertreter:innen der beteiligten Länder unter der Leitung des französischen Präsidenten Macron und des US-Klimasonderbeauftragten Kerry der Welt in Dubai mit: "Wir sagen nicht, dass dies eine absolute Alternative zu anderen Energiequellen ist", erklärte der frühere Außenminister in Washington, "aber die Wissenschaft und die Realität der Fakten sagen uns, dass man ohne Atomkraft nicht zu Netto-Null-Emissionen kommen kann."
Die Vereinbarung bezieht sich auf ein extrem weit entferntes Datum - 2050, wenn der Großteil der Emissionen in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren reduziert werden müsste, um unter dem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur von 1,5°C zu bleiben - und schließt zwei große Atommächte wie China und Russland nicht ein. Aber allein die Tatsache, dass auf einer COP die Atomenergie im Zusammenhang mit der Dekarbonisierung so ausdrücklich erwähnt wird, ist ein bemerkenswertes politisches Signal. Jeff Ordower, US-Direktor der Umweltorganisation 350.org, gehörte zu den ersten, die das Abkommen kritisierten: "Wir haben keine Zeit für gefährliche Ablenkungen wie die Atomenergie".
Wo bleibt das Positive?
Die erwartete Ankündigung über die Verdreifachung der weltweiten erneuerbaren Energien bis 2030 ist eingetroffen. 116 Länder haben sie unterzeichnet, aber das Ziel ist, sie in das Abschlussdokument der Konferenz aufzunehmen, das für alle gilt – da müssen aber auch alle zustimmen.
"Wir müssen den Mord an unserem Planeten verhindern"
Gustavo Petro, Präsident Kolumbiens
Die USA, die mit wenig Versprechungen zu dieser Konferenz gekommen sind, haben ihre Karten in zwei wichtigen Fragen aufgedeckt: Kohle und Methan. Die erste Nachricht ist auch die sensationellste: Washington ist der Powering Past Coal Alliance beigetreten und hat sich verpflichtet, keine neuen Kohlekraftwerke zu bauen (es sei denn, sie werden durch komplexe und extrem teure CO2-Abscheidungs- und -Speichersysteme ergänzt) und verspricht, die Schließung der bestehenden Kraftwerke "in einem Zeitrahmen zu planen, der mit der Einhaltung der +1,5°C-Marke vereinbar ist". (Anm. die aber nach den oben erwähnten Studien schon nicht mehr einzuhalten ist)
In Bezug auf Methan sprechen die USA über eine Reihe von Maßnahmen, die die Emissionen dieses klimaschädlichen Gases innerhalb von 15 Jahren um 80 Prozent reduzieren sollen. Methan baut sich in der Atmosphäre schneller ab als CO2, hat aber eine zehnmal stärkere Wirkung auf die Temperaturen.
Die beste Nachricht kommt aus Südamerika: Kolumbien ist das erste lateinamerikanische Land, das der Initiative für einen Vertrag über die Nichtverbreitung fossiler Brennstoffe beigetreten ist, einem geplanten Vertrag über fossile Brennstoffe nach dem Vorbild der Abkommen, die dazu beigetragen haben, die Verbreitung von Atomwaffen in der Welt einzudämmen. "Wir müssen den Mord an unserem Planeten verhindern", sagte der kolumbianische Präsident Petro, der erste Linke in der Geschichte des Landes. Bislang wurde die Initiative nur von einer Handvoll Inselstaaten - Vanatu, Tuvalu, Fidschi, Salomonen, Tonga, Niue, Osttimor, Barbados, Palau - und zwei supranationalen Organisationen, dem Europäischen Parlament und der Weltgesundheitsorganisation, unterstützt.
Gaza auf der Weltklimakonferenz: Pro-Palästina-Initiativen, und der Iran geht
Die COP28 steht bereits unter Beschuss, weil sie enge Verbindungen zu großen Ölkonzernen unterhält, während sie vorgibt, eine technische und diplomatische Agenda zur Abkehr von fossilen Brennstoffen zu verfolgen. Die Anwesenheit einer israelischen Delegation auf der COP28 inmitten einer laufenden Offensive, die dem Gazastreifen beispiellose humanitäre und ökologische Schäden zufügt, schädigt den Ruf der Konferenz weiter.
Die iranische Delegation hat aus Protest über die Anwesenheit Israels die laufenden Klimaverhandlungen in Dubai verlassen. Das war eine der am wenigsten berichteten Nachrichten, aber auch eine der bezeichnendsten für die Spannungen, die sich durch die Weltpolitik und damit auch durch die Klimaverhandlungen ziehen.
Das Gemetzel, das die israelische Armee in Gaza anrichtet, mit inzwischen mehr als 16.248 Toten, davon 7.112 Kinder, 4.885 Frauen, 286 Ärzte und medizinische Helfer:innen, 81 Journalist:innen sowie 7.600 unter den zerbombten Häusern Vermissten und 43.616 Verwundeten (Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums am 6. Dezember 2023) kam auch in die COP.
Es begann mit den Erklärungen der Staatsoberhäupter am Eröffnungstag. Der ägyptische Außenminister Sameh Shoukry, ehemaliger Vorsitzender von COP27, bat das Publikum um eine Schweigeminute für die Opfer im Gazastreifen und berichtete von zwei Unterhändlern, die unter den Bomben starben. Der Irak, die Türkei, Jordanien und Kolumbien schlossen sich dem Gedenken an das Geschehen in Palästina an. "Während wir hier sprechen, ist das palästinensische Volk unmittelbar bedroht", sagte König Abdullah II. von Jordanien. Der kolumbianische Präsident Gustavo Petro schloss sich ihm an.
"Die totale Vernichtung der Hamas, was ist das? Glaubt jemand, dass das möglich ist? Wenn ja, wird der Krieg zehn Jahre dauern, und ich glaube nicht, dass jemand dieses Ziel ernsthaft definieren kann". Dies sagte der französische Präsident Emmanuel Macron in Dubai am Rande der COP28.
Der türkische Präsident Erdoğan bekräftigte von Dubai aus, dass "die Hamas eine Realität in Palästina ist. Der Gedanke, sie auszuschließen oder zu eliminieren, ist unrealistisch" und bezeichnete Israel erneut als "terroristischen Staat".
"Südafrika ist entsetzt über die grausame Tragödie, die sich in Gaza abspielt. Der Krieg gegen die unschuldige Bevölkerung Palästinas ist ein Kriegsverbrechen, das jetzt beendet werden muss", sagte der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa.
Der israelische Staatspräsident Isaac Herzog sollte am Freitag eine Rede halten, verzichtete aber darauf, nachdem andere Staats- und Regierungschefs Israels schwere Bombardierung des Gazastreifens kritisiert hatten, die der kolumbianische Präsident Gustavo Petro als "Völkermord und Barbarei am palästinensischen Volk" bezeichnete.
Greta Thunberg sagte, dass es "keine Klimagerechtigkeit auf besetztem Land" geben kann, und den Besatzern sollte nicht erlaubt werden, Klimakonferenzen zu nutzen, um ihre Kriege grün zu waschen. ""Die Zahl der Todesopfer im Gazastreifen hat einen historischen Höchststand erreicht, und in nur wenigen Wochen wurden Tausende von Kindern getötet. Die Forderung nach einem Ende dieser unentschuldbaren Gewalt ist eine Frage der grundlegenden Menschlichkeit. Schweigen ist Mittäterschaft. Man kann bei einem sich entfaltenden Völkermord nicht schweigen", setzte sie hinzu.
Erst am Ende dieser zwei Wochen des COP28 werden wir das Ergebnis kennen.
Auf jeden Fall gilt, was Kwolanne Felix bei Truthout schrieb:
"Individuelle Klimaschutzmaßnahmen sind wichtig, aber die Fortsetzung der COP28-Verhandlungen erinnert uns daran, wie wichtig echte politische Maßnahmen sind. Mehr denn je müssen wir die Politiker in die Pflicht nehmen. Individuelle Klimaschutzmaßnahmen sind ein wichtiger Schritt, um die Menschen über den Klimawandel aufzuklären und dafür zu gewinnen. Wenn wir jedoch zulassen, dass individuelle Emissionen die Notwendigkeit, den Klimawandel auf einer systemischen Ebene anzugehen, überschatten, kann dies die Notwendigkeit von Veränderungen in größerem Maßstab verschleiern." [5]
Heute wird von niemand mehr öffentlich angezweifelt – abgesehen von wenigen, aber einflussreichen Ausnahmen -, dass der menschengemachte Klimawandel stattfindet und verheerende Folgen hat. Dass die Emissionen dennoch nicht gesunken sind, sondern immer weiter steigen und sogar immense Summen in die die Erschließung neuer Gas- und Ölfelder investiert werden, liegt nicht daran, dass die Dringlichkeit nicht klar wäre, sondern dass dem systemische Ursachen entgegenstehen, allen voran der Zwang zur Verwertung des Kapitals und der damit verbundene ökonomische Wachstumszwang der kapitalistischen Produktionsweise.
Daran wird auch die COP28 nichts ändern.
Fußnoten
[1] Copernicus Climate Change Service, 6.12.2023: "November 2023 - Ein außergewöhnliches Jahr geht weiter, mit dem wärmsten Herbst. 2023 wird das wärmste Jahr der Aufzeichnungen sein"
https://climate.copernicus.eu/copernicus-november-2023-remarkable-year-continues-warmest-boreal-autumn-2023-will-be-warmest-year
[2] The Guardian, 3.12.2023: Cop28 president says there is ‘no science’ behind demands for phase-out of fossil fuels
https://www.theguardian.com/environment/2023/dec/03/back-into-caves-cop28-president-dismisses-phase-out-of-fossil-fuels
[3] BBC, 27.11.2023: UAE planned to use COP28 climate talks to make oil deals
https://www.bbc.com/news/science-environment-67508331
[4] The Guardian, 12.9.2023: "US behind more than a third of global oil and gas expansion plans, report finds"
https://www.theguardian.com/environment/2023/sep/12/us-behind-more-than-a-third-of-global-oil-and-gas-expansion-plans-report-finds
[5] Oil Change International, 12.9.2023: "Planet Wreckers: How 20 Countries’ Oil and Gas Extraction Plans Risk Locking in Climate Chaos"
https://priceofoil.org/2023/09/12/planet-wreckers-how-20-countries-oil-and-gas-extraction-plans-risk-locking-in-climate-chaos/
[6] truthout.org, 5.12.2023: With COP28 Underway, Let’s Recommit to an Ongoing Struggle for Systemic Change
https://truthout.org/articles/with-cop28-underway-lets-recommit-to-an-ongoing-struggle-for-systemic-change/