10.03.2021: Bis zum heutigen 10. März müssen Frauen in Deutschland im Schnitt über das vorangegangene Jahr hinaus arbeiten, um das durchschnittliche Vorjahresgehalt ihrer männlichen Kollegen zu erreichen. Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen verringert sich in Deutschland seit Jahren kaum. Der Kampf um gleiche Bezahlung von Frauen für gleichwertige Arbeit begann in den 1970er Jahren. Exemplarisch der Kampf bei Pierburg in Neuss und der Kampf der "Heinze-Frauen" in Gelsenkirchen.
In den 1970er Jahren begann der Kampf um gleiche Bezahlung von Frauen für gleichwertige Arbeit. Arbeiterinnen erhielten 1979 in der Bundesrepublik Deutschland einen Lohn, der durchschnittlich 27,4 % niedriger war als der ihrer männlichen Kollegen.
Die "wilden Streiks" von 1. 700 Frauen – überwiegend aus Griechenland, Spanien, Türkei, Jugoslawien, Italien – und ca. 300 Männern beim Vergaserbauer Pierburg in Neuss schrieben ein Stück bundesdeutscher Wirtschafts- und Gewerkschaftsgeschichte und waren ein Riesenschritt im Kampf um die Abschaffung der "Leichlohn"gruppen für Arbeit von Frauen. Durch einen ersten "wilden" Streik von jugoslawischen und deutschen Frauen konnte im Mai 1970 die Frauen-Niedriglohngruppe 1 abgeschafft werden. Mit einem dritten "wilden Streik" vom 13.-17. August 1973 wurde die Abschaffung der Frauen-Lohngruppe 2 und 1 DM Stundenlohn mehr für alle durchgesetzt. Bei Pierburg in Neuss war der Kampf erfolgreich, auch weil er die Unterstützung von IGM-Vertrauensleuten und -Betriebsräten fand und sich nach wenigen Tagen die deutschen Facharbeiter solidarisierten.
"Pierburg - Ihr Kampf ist unser Kampf" |
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https://de.labournet.tv/video/6489/pierburg-ihr-kampf-ist-unser-kampf | ||
Die ersten 15 Minuten des 40minütigen Films |
Ende der 1970er Jahre nahmen die Frauen in der Filmentwicklung des Gelsenkirchener Unternehmens Heinze - die "Heinze-Frauen" - den Kampf um gleiche Bezahlung wie ihre männlichen Kollegen auf. Arbeiterinnen erhielten 1979 in der Bundesrepublik Deutschland einen Lohn, der durchschnittlich 27,4 % niedriger war als der ihrer männlichen Kollegen. Bei Heinze leisteten die Frauen die gleiche Arbeit wie ihre männlichen Kollegen, erhielten jedoch geringere Zuschläge zu ihrem Stundenlohn. 29 Frauen, die in der IG Druck und Papier organisiert waren, wurden vom Betriebsratsvorsitzenden Bodo Murach unterstützt und erhielten von ihrer Gewerkschaft Rechtsschutz. Sie klagten vor dem Arbeitsgericht Gelsenkirchen und forderten rückwirkend die gleichen Zuschläge wie ihre männlichen Kollegen. Erst in dritter Instanz, vor dem Bundesarbeitsgericht, konnten sie ihre Forderung durchsetzen.
Der Kampf der "Heinze-Frauen" erregte bundesweites Aufsehen und wurde von einer breiten Solidaritätsbewegung unterstützt. Ihr Sieg vor dem Bundesarbeitsgericht löste eine Flut von Folgeprozessen aus und war wegweisend für den Kampf um gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.
Trotzdem ist das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen auch heute noch hoch. Der Gender Pay Gap, also die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen, verringert sich in Deutschland seit Jahren kaum. Das Statistische Bundesamt teilte am Dienstag (9.3.) mit, dass Frauen im Jahr 2020 durchschnittlich 18,62 Euro brutto pro Stunde verdienten, Männer hingegen 22,78 Euro. Das Gehalt von Frauen ist also um 18 Prozent niedriger als das von Männern, im Schnitt erhalten Frauen 4,16 Euro weniger pro Stunde als Männer.
Im Schnitt müssen Frauen in Deutschland also aktuell bis zum 10. März über das vorangegangene Jahr hinaus arbeiten, um das durchschnittliche Vorjahresgehalt ihrer Kollegen zu erreichen.
"Keiner schiebt uns weg" |
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Der ARD-Film "Keiner schiebt uns weg" erinnert an den Kampf der Heinze-Arbeiterinnen ARD-Mediathek: "Keiner schiebt uns weg" |