Literatur und Kunst

20.03.2025: Mit 90 Jahren ist der Jazz-Gitarrist, Liedermacher, Maler und Zeichner Dieter Süverkrüp gestorben

 

"Mit seinem Sprachwitz, seinem virtuosen Gitarrenspiel und dem Glauben an eine Gesellschaft von freien, wachen und antikapitalistischen Menschen war Dieter Süverkrüp einer der Gründerväter unter den deutschen Liedermachern. Vorigen Sonntag (16.3.) starb der Musiker und Maler im Alter von 90 Jahren in Köln, wo er lange lebte. Im Grunde seines Herzens aber blieb er Düsseldorfer mit Haut und Haar und seiner Heimatstadt eng verbunden, heißt es in der Rheinischen Post vom 17.03.2025.
Und weiter: "Er spielte Jazzgitarre bei den Feetwarmers und wurde 1957 zum besten Jazzgitarristen in Deutschland (Anm.; gemeint ist die Bundesrepublik) gekürt. Und dann war da noch sein ausgeprägter politischer Kopf: Bald schrieb er eigene Texte mit sozialistischer Haltung, kunstvollen Reimen und 'süverkryptischen' Wortspielen. Nahezu im Jahrestakt veröffentlichte er in dem von ihm mitgegründeten Verlag 'pläne'. Platten mit Titeln wie 'Fröhlich isst du Wiener Schnitzel', 'Der Baggerführer Willibald' oder 'Auto Blubberbum'."

Der Baggerführer Willibald
https://youtu.be/wQWjiD2W6JM

Überhaupt war ihm das linke Plattenprojekt "pläne" eine Herzensangelegenheit. Seit 1961 wurden dort unter dem Motto "Sehen Sie rot? Hören Sie mal rot" Singles, EPs und LPs produziert und vertrieben. Die ersten Platten waren "Lieder der Französischen Revolution" und "Lieder des europäischen Widerstandes gegen den Faschismus". Als Sänger und Musiker, als Grafiker, als Ideenspender und Kontaktperson zu anderen Musikern war Süverkrüp dabei unverzichtbar. Er arbeitete u.a. mit der Rockgruppe Floh de Cologne zusammen, schrieb Lieder auch für Kolleg:innen wie das Duo "Zupfgeigenhansel". Die "pläne"-Platten sorgten dafür, das "linke Musik" in der oppositionellen politischen Szene der Bundesrepublik zum Alltag gehörten – für die Dauer von zwei Jahrzehnten.

Einer breiteren aufmüpfigen jugendlichen Öffentlichkeit bekannt geworden war Süverkrüp, als er gemeinsam mit Franz Josef Degenhardt, Hanns Dieter Hüsch und Wolfgang Neuss im "Quartett 67" gemeinsam auf Tournee ging und die Highlights auf Vinyl zu hören waren. Bei dieser noch heute mitreißenden Zeitshow (heute als CD bei Conträr-Musik) sang Süverkrüp mit schwer sarkastischer Stimme die Legende vom "Kryptokommunisten" der mit seinen "Unterwander-Stiefeln" in der BRD unterwegs ist und man hörte seine anrührige Songerzählung eines Auschwitz-Überlebenden "Kirschen auf Sahne".

Dieter Süverkrüp: Folk-Anfänge in Westdeutschland (Burg Waldeck)
https://youtu.be/b-D3OPP7N14

Es folgten bis 1980 viele Plattenveröffentlichungen, die ihn als einen der großen politischen Liedermacher der BRD auswiesen. An Auszeichnungen mangelte es nicht. Darunter waren der Heinrich-Heine-Preis der DDR (1976), der Deutsche Kleinkunstpreis (1986) und der Preis der deutschen Schallplattenkritik (1995).

Dieter Süverkrüp - Ça ira (Lieder der französischen Revolution)
https://www.youtube.com/watch?v=y6Xw0sDXwGQ&list=PLGh5qaCl0RW92xUIFB7zHce2_TgMdNVoC&index=1

 

1962 erschien seine erste Platte "Ça ira– Lieder der Französischen Revolution", es folgten viele weitere, bis er 1980 die letzte Platte (mit zeitaktuellem Inhalt) mit dem vielsagenden Titel "So weit alles klar" veröffentlichen sollte. Auf die Frage, warum dann Schluss mit der Liedermacherei war antwortete er:
"Natürlich war der Plattentitel ironisch, denn nichts war klar, mir kamen immer mehr Zweifel, sowohl an dem, was man das 'Weltgeschehen' nannte, an den politischen Rezepten und besonders aber an dem, was ich so lange gemacht hatte. Ich fühlte zu viele Fesseln, wollte auch nicht mehr das 'Sprachrohr vom Dienst' sein. Immer öfter stellte ich fest, dass Lernunfähigkeit als Prinzipienfestigkeit ausgegeben wurde. Es kam, wie es kommen musste, dieses Arbeiten war zu Ende, ich wollte wieder zurück zu dem, was ich eigentlich viel lieber machen wollte." (UZ 7.9.2018) – nämlich zeichnen und malen.

Ein Beispiel für den engagierten bildenden Künstler Süverkrüp sind seine hintergründigen Grafiken, die er für das Kuba-Buch von Hannes Stütz ("Kuba-vom Zuckerrohr zur Zukunft", 1978) beisteuerte, in denen er antikommunistische "Argumentations"-Muster entlarvt.

"Wir sind, wenn es gestattet ist, die Jugend."

Und auch ein "Manifest" verfasste Süverkrüp. Auf Bitten der sozialistischen Jugendorganisation SDAJ schrieb er 1980 einen Text, in dem Sehnsüchte, Bedürfnisse, Ängste und Forderungen "der Jugend" formuliert werden; und zwar in einer Form, weitab von jedem parteichinesisch. "Wir sind, wenn es gestattet ist, die Jugend. Ziemlich ungefragt wurden wir ins Leben getreten," beginnt das "Manifest der Jugend" und liest sich auch heute noch erfrischend aktuell.

Lassen wir Dieter Süverkrüp nun noch einmal in seinen Liedtexten zu sprechen.

 

Dieter Süverkrüp - Erschröckliche Moritat vom Kryptokommunisten
https://youtu.be/FfHxD5VNqwM


Bereits in dem 1968 veröffentlichten Lied 1968ster Psalm summiert er seine Kapitalismuskritik, die für seine weiteren Veröffentlichungen prägend sein sollte:

"Aber am achtzehnten Tag schuf Gott,
sei es im Zorn, sei es aus Nachlässigkeit
den Kapitalismus

Und daraus wurde ein eiserner Engel,
mächtig gestreckt über Kontinente
leidend an Freßlust und Schwachsinn
scheißend Napalm und Bomben
wie er gerade sich dreht

Und frißt von den Völkern die Saat und die Ernte
und reißt ihr Fleisch
so sie’s verweigern"

In einem seinem bekanntesten Lied ("Phrix-Gesang) von 1971 heißt es:

Da gingste nun in gottergebner Stille
seit Jahr und Tag in die verdammte Mühle,
nicht sehr begeistert, aber unentwegt.
Da machte der Direktor noch Getöses,
die Firmenleitung denke an nichts Böses.
Paar Tage später warste stillgelegt.
Nun stehste da und bist verratzt.
Dein Arbeitsplatz ist dir geplatzt.
Da helfen Tränen nicht noch Tricks.
Für dich is nix
mehr drin bei Phrix."

 

"Mir würde es heutzutage reichen, wenn die Menschheit gerettet würde."

Für das Folk-Duo "Zupfgeigenhansel" schrieb Süverkrüp 1982 zur Zeit der Massenproteste gegen die Stationierung der NATO-Raketen auf bundesdeutschem Boden den Song "Miteinander" in dem es heißt:

"Im wesentlichen Falle, da / brauchen wir uns alle / auf diesem Erdenballe, damit er / nicht zerknalle. / Schiebt alle Streitigkeiten für / eine Weil’ auf Seiten / und lasst uns drüber streiten/ dereinst in Friedenszeiten.
Oli,oli ola, wir sind miteinander da/ zusammen und gemeinsam/ nicht einsam und alleinsein.
Oli,oli, ola miteinander geht es ja/ wenn wir zusammenkommen / kommen wir der Sache nah."

Auf die Frage "Was würden sie sagen: Ist das politische Lied noch zu retten?" antwortete er vor zwanzig Jahren: "Mir würde es heutzutage reichen, wenn die Menschheit gerettet würde." (junge welt 20.2.2003)

Angesichts des jetzt vom Bundestag beschlossenen Aufrüstungspakets, ist dieser Wunsch aktueller denn je.

txt: Günther Stamer

Wir werden in unsere Heimat zurückkehren

Palestina Wir werden zurüückkehren

Viva Palästina

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Solidaritätskampagne mit der Palästinensischen Volkspartei für Gaza: 30.000 Euro überwiesen. Die Solidarität geht weiter!

Gaza Soliaktion 2024 12 09 5
zum Text hier
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