28.04.2012: Das Buch von Familienministerin Kristina Schröder „Danke, emanzipiert sind wir selber!“ wird landauf landab von der bürgerlichen Presse zerrissen. Damit ist auch dieser Versuch gescheitert politisch ernst genommen zu werden. Auf jeden Fall ist der propagierte Antifeminismus der Familienministerin unterste Schublade. Dies belegen schon einige Zitate aus ihrem Buch:
Feministinnen … erheben ein Rollenbild, das sie für sich selbst als vorzugswürdig erkannt haben, zum Rollenleitbild, das für alle gelten soll, und ziehen damit in den Kulturkampf um das richtige Frauenleben (8)
So war in der Presse zu lesen: „Eltern ohne Kitaplatz? Deren Problem! Mütter, die auf Minijobs verkümmern? Sollen sie’s doch mit dem Chef ausmachen! Alleinerziehende, die in Altersarmut landen? Wen stört’s? Ehegattensplitting, Lohnungleichheit, Ausschluss von Spitzenjobs? Kann doch jede einzelne Frau sehen, wie sie dagegen anrennt. Was kümmert’s die Politik? Jedenfalls nicht die zuständige Ministerin. Kristina Schröder versucht, das Private und das Politische radikal voneinander abzugrenzen. Sie unterschlägt die gegenseitigen Einflusssphären und will trennen, was zusammen gedacht werden muss, sollen sich die Verhältnisse ändern. Gesellschaftspolitisch ist das ein vorsintflutlicher Ansatz; von einer Politikerin gedacht, ist das gemeingefährlich. Und feige. Da spricht eine Ministerin sich selbst die Zuständigkeit für das Politische ab. Da leugnet ein Kabinettsmitglied, dass Politik dazu da ist zu gestalten. Da macht sich Frau Schröder frei von Verantwortung. Alles Privatsache!“ (Frankfurter Rundschau, 18.04.2012)
Selbst im Handelsblatt konnte frau am 18.04.2012 unter der Überschrift „Pseudo-Emanzipations-Wortblasen“ folgende Kritik lesen: „Eigentlich wollte Kristina Schröder mit ihrem Anti-Feminismus-Buch nur eine Diskussion anstoßen. Doch nun steht die CDU-Familienministerin selbst unter heftigem Beschuss.“
In einem Beitrag des Hessischen Rundfunks vom 17.04.2012 heißt es in einem Kommentar zu dem Buch:“ Doch Kristina Schröder bleibt leider neue Pläne schuldig, um die nötigen Strukturen für die angepriesene Wahlfreiheit auch umsetzen zu können. Daran müsste sie aber weiterhin gemessen werden, an fehlenden Kita-Plätzen, Krippenplätzen im kommenden Jahr, fehlenden Erziehern. Das Betreuungsgeld bleibt ebenso umstritten wie auch ihre Flexi-Quote. Nicht zuletzt geht sie auch an Dinge wie das Ehegatten-Splitting nicht heran.“
Im Grunde ist es einfach so, dass die Familienministerin die Ziele neoliberaler Frauenpolitik nicht genau verstanden hat. Denn die neue Familienpolitik wie sie von der Leyen eingeleitet worden ist, verfolgte das Ziel einer aktivierenden Arbeitsmarktpolitik. Aus einem Gemisch aus Zwängen und Anreizen wie beispielsweise das Elterngeld, mehr Krippenplätze und Hartz IV wurde die Strategie verfolgt, Konsensbasen in der Bevölkerung auszubauen. Über die gezielte materielle Förderung bestimmter Gruppen hinaus hatte diese neue Familienpolitik die Wirkung, das Anliegen von erwerbstätigen Frauen und ein modernisiertes Geschlechterbild symbolisch durch die Regierungspolitik zu vertreten. Familienministerin von der Leyen versuchte dementsprechend im Namen aller Frauen einen Anspruch auf eigenständige Erwerbstätigkeit zu formulieren. Diese Familienpolitik sollte symbolisch als Schutzmacht aller Frauen auftreten, verwirklichte aber faktisch einen "Feminismus der Besserverdienenden". Es wird in diesem Kontext gegen geschlechtsspezifische Hierarchien in allen Bereichen der Gesellschaft, vor allem in der Erwerbsarbeit argumentiert. Ein aktuelles Beispiel ist die Forderung nach einer Quotierung in Aufsichtsräten.
Möglicherweise ist das Buch von Frau Schröder auch der misslungene Versuch, Frauen auf eine veränderte Frauenpolitik der Herrschenden angesichts von Schulden- und Finanzkrise, Schuldenbremsen in den Bundesländern und Fiskalpakt auf Bundesebene einzustellen. Denn das Konzept von Schröder ist ganz einfach: Staat und die Politik halten sich aus allem raus. Jede Frau handelt die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt selber aus. Dies wird dann als Wahlfreiheit deklariert, die sich von den klassischen Forderungen des Feminismus nach Gleichstellung und Chancengleichheit abgrenzen muss. Denn beides kostet Geld, das durch rigorose Umverteilung von unten nach oben nicht mehr zur Verfügung steht. Der gesetzliche Anspruch auf eine Betreuung ab dem zweiten Lebensjahr, der ab Sommer 2013 gelten soll, ist kaum noch zu verwirklichen. Das Geld in den Kommunen für zusätzliche Kita-Plätze reicht nicht, tausende qualifizierter Fachkräfte fehlen. Da passt die sogenannte Herdprämie (Betreuungsgeld) doch ganz gut. Und so hat sich die Familienministerin an das Männer-Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ erinnert und versucht, den Antifeminismus neu zu erfinden. Nun steht sie allerdings ganz enttarnt da: Nichts ist öder als die Politik von Schröder! Es ist gut, wenn auf ihren Veranstaltungen Frauenproteste richtig laut werden. Die Sofortforderungen der DKP zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen von Frauen passen dazu: Verbot von Minijobs! Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit! Reduzierung der Regelarbeitszeit auf 30 Stunden bei vollem Personal- und Lohnausgleich! Nein zur Rente mit 67! Gegen Altersarmut bei Frauen – existenzsichernde Erhöhung des Grundeinkommens! Kita-Plätze satt Betreuungsgeld!
Text: Susanne Bauermann Foto: cc fdp_goettingen
Kristina Schröder , Caroline Waldeck
Danke, emanzipiert sind wir selber
Abschied vom Diktat der Rollenbilder
Erschienen: 16.04.12 im Piper-Verlag
240 Seiten, € 11,99 [D]
ISBN: 9783492955249