04.05.2024: Meinungsfreiheit wird von den Repräsentant:innen des deutschen Staates hochgehalten – zumindest in den Sonntagsreden. Und solange nicht die anti-kommunistische "Staatsräson" berührt wird.
Vor ein paar Jahren waren es die Fahnen der Kurdischen Selbstverteidigungskräfte YPG/YPJ die zu brutalen Polizeieinsätzen, Verhaftungen, Hausdurchsuchungen und Anzeigen führten. Der deutsche Staat zeigte seine uneingeschränkte Komplizenschaft mit dem Erdoğan-Regime und dessen völkerrechtswidrigen Kriegen gegen das kurdische Volk.
Heute rufen Palästina-Fahnen, Palästina-Tücher, .., alles was den Protest gegen den israelischen Vernichtungskrieg an den Palästinenser:innen symbolisiert, massive Angriffe der Polizei hervor. Und wieder: Verhaftungen, Hausdurchsuchungen und Anzeigen. Deutschland unterstützt bedingungslos das militant-rassistische Netanjahu-Regime Israels, gegen das der Internationale Gerichtshof Dringlichkeitsmaßnahmen verhängt hat, weil er einen Völkermord an den Palästinenser:innen für "plausibel" hält. Die Opfer der Shoah werden missbraucht, um Israel mit Juden gleichzusetzen und jeden Protest gegen Besatzung, Apartheid und jüdische "Überlegenheit" als antisemitisch zu brandmarken und zu verdammen.
Mit der absurden Begründung, "keine islamistische Propaganda und keinen Hass gegen Jüdinnen und Juden" zu dulden, unterstützte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) das Verbot des vom Verein "Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ organisierten Palästina-Kongresses. (siehe kommunisten.de, 15.04.2024: Palästina-Kongress aufgelöst: Meinungsfreiheit wird der ultrarechten Netanjahu-Regierung und der "Staatsräson" geopfert.)
Dem britisch-palästinensischen Chirurgen und Rektor der Universität Glasgow, Ghassan Abu Sitta, der 43 Tage im Al-Shifa Hospital in Gaza arbeitete, wurde die Einreise zum Kongress verweigert und verboten, über seine Erfahrungen in Gaza zu berichten.
Heute stellte sich heraus, dass die deutsche Regierung für ein ganzes Jahr ein Einreiseverbot in den gesamten Schengen-Raum verhängt hat.
Ghassan Abu Sitta kommentiert dies: "Die Festung Europa bringt die Zeugen des Völkermords zum Schweigen, während Israel sie im Gefängnis tötet."
(Anm.: Vor ein paar Tagen wurde bekannt, dass Dr. Adnan Al-Bursh, Leiter der orthopädischen Abteilung des Al-Shifa-Krankenhauses, in einem Verhörzentrum der israelischen Armee ermordet wurde. Er war beim Sturm des Krankenhauses von der israelischen Armee verhaftete und schwerer Folter ausgesetzt worden, der er schließlich erlag.)
Verbot von Fahnen mit Hammer und Sichel
Und jetzt, anlässlich des Jahrestages der Befreiung vom Hitler-Faschismus, sind in Berlin wieder einmal in der Umgebung der Sowjetischen Ehrenmale Fahnen mit Hammer und Sichel oder dem Roten Stern polizeilich verboten. Auch Lieder in russischer Sprache sind verboten. Darunter explizit das Lied "Der Heilige Krieg" mit den Textzeilen "Den Nazihorden Widerstand! Tod der Faschistenmacht!" (vollständiger Text hier)
Die historische Verantwortung Deutschlands gilt der Schoah, aber nicht den Millionen von Sowjetbürgern, die in einem grauenhaften Vernichtungskrieg dem Völkermord zum Opfer fielen. Es ist mittlerweile verpönt, an den entscheidenden Beitrag der UdSSR zur Befreiung der Welt vom deutschen Faschismus zu erinnern. Die auf Aussöhnung gerichtete Ostpolitik wird als fehlerhaft verworfen. Politiker wie Roderich Kiesewetter (CDU) phantasieren davon, Ministerien in Moskau mit deutschen Raketen zu zerstören. Deutsche Generäle machen Pläne zur Zerstörung der Krim-Brücke.
"Diejenige, die heute mit dem Verbot sowjetischer Symbole die Geschichte revidieren wollen, werden uns morgen erzählen, dass es nicht mehr die Rote Armee war, die Auschwitz befreit hat, sondern das Asow-Bataillon unter Führung von Stepan Bandera."
Aus diesem Anlass veröffentlichen wir noch einmal einen Kommentar aus dem Vorjahr:
Die rote Fahne mit Hammer und Sichel und der rote Stern sind Symbole für die Befreiung vom Nazifaschismus
9. Mai 2023: Ein Kommentar von Leo Mayer zu den Fahnenverboten am 8. und 9. Mai an den Sowjetischen Ehrenmalen in Berlin
Das Gedenken an den Sieg über den deutschen Faschismus wird überschattet vom Krieg Russlands gegen die Ukraine – und einem absurden Verbot für das Zeigen von Fahnen. Aus Sicherheitsgründen und um das "würdevolle Gedenken an die gefallenen Soldatinnen und Soldaten der damaligen Sowjetarmee" zu gewährleisten, hatte die Berliner Polizei sowohl russische wie auch ukrainischer Flaggen sowie das Abspielen von Marsch- und Militärliedern rund um die Sowjetischen Ehrenmale in Treptow, Tiergarten und Schönholzer Heide für die Gedenktage am 8. und 9. Mai untersagt. Absurderweise fällt auch die Fahne der Sowjetunion mit Hammer und Sichel und die Fahne der Roten Armee mit dem roten Stern unter das Verbot.
Nach der Klage eines ukrainischen Vereins genehmigte das Berliner Verwaltungsgericht das Zeigen der ukrainischen Fahne. Die Berliner Polizei verzichtete auf einen Widerspruch. Anders, als das Verwaltungsgericht dann am Samstag auch das Verbot russischer und sowjetischer Fahnen kippte. Da legte die Polizei Widerspruch beim Oberverwaltungsgericht ein. Dieses hob den Spruch des Verwaltungsgerichts auf. Ukrainische Fahnen sind erlaubt, russische und sowjetische verboten.
In der Schönholzer Heide sind die sterblichen Überreste von über 13.000 Offizier:innen und Soldat:innen der Roten Armee beigesetzt, die bei den Endkämpfen um Berlin im April/Mai 1945 starben. Im Treptower Park sind die Gräber von über 7.000 gefallenen Rotarmist:innen. Sowohl in der Schönholzer Heide wie auch im Treptower Park liegen Russ:innen und Ukrainer:innen neben Soldat:innen anderer Teile der Sowjetunion Seite an Seite begraben.
Russische und ukrainische Fahnen haben an den Gedenkstätten nichts verloren
Es waren nicht "die Russen" und auch nicht "die Ukrainer", die den deutschen Faschismus unter ungeheuren Opfern niederrangen. Das hat das sowjetische Volk geleistet. Da waren Russ:innen, Ukrainer:innen, Kasach:innen dabei und viele andere Völker. Deshalb haben weder die russische noch die ukrainische Fahne am 8. und 9. Mai etwas an den Gedenkstätten verloren.
Es stimmt, dass der Krieg und der Widerstand gegen die Nazis nicht nur von den Kommunist:innen geführt wurde. Der Krieg gegen Hitler wurde bis zum Ende auch von den US-Amerikanern und den Briten geführt. Die Partisan:innen und im antifaschistischen Widerstand waren auch bürgerliche Demokrat:innen und Liberale.
Aber ohne die Kommunist:innen, von Stalingrad bis Athen, von Belgrad bis Paris, von Rom und Mailand bis Peking, ohne diese Armee der Weltbefreiung, deren Dreh- und Angelpunkt die Rote Armee der Sowjetunion war, ohne die Partisan:innen, die sowohl für die Befreiung vom Faschismus als auch für die soziale Gerechtigkeit gegen den Kapitalismus kämpften und starben, ohne die riesigen Opfer derer, die den Sozialismus und den Kommunismus wollten, wäre der Nazifaschismus 1945 nicht besiegt worden und Hitler wäre vielleicht in seinem Bett gestorben, wie Franco und Pinochet.
Der Rote Stern ist das Symbol für die Befreiung Europas vom deutschen Faschismus
Ihr Symbol war die Rote Fahne mit Hammer und Sichel. Der Rote Stern ist das Symbol für die Befreiung Europas vom deutschen Faschismus.
Deshalb ist es absurd, die Symbole der Sowjetunion an den Gedenkstätten zu verbieten. Es zeigt nur den Hass und die Angst vor der Rolle der Kommunist:innen im Befreiungskrieg gegen den Nazifaschismus. Diejenige, die heute mit dem Verbot sowjetischer Symbole die Geschichte revidieren wollen, werden uns morgen erzählen, dass es nicht mehr die Rote Armee war, die Auschwitz befreit hat, sondern das Asow-Bataillon unter Führung von Stepan Bandera.
Das Drama ist, dass die russischen Panzer in der Ukraine von den Enkeln der Frauen und Männer gesteuert werden, die gemeinsam mit ihren ukrainischen Kampfgenoss*innen damals unter unvorstellbaren Opfern die Sowjetunion verteidigt, die Hitler-Wehrmacht niedergerungen und Europa vom Faschismus befreit haben. Jetzt töten sie ihresgleichen.
Deshalb kann es nur eine Forderung geben: "Waffen nieder, Ende des Krieges"
"Der Heilige Krieg"
Steh auf, steh auf, du Riesenland!
Heraus zur großen Schlacht!
Den Nazihorden Widerstand!
Tod der Faschistenmacht!
Es breche über sie der Zorn
wie finstre Flut herein.
Das soll der Krieg des Volkes,
Der Sieg der Menschheit sein.
Den Würgern bieten wir die Stirn,
Den Mördern der Ideen.
Die Peiniger und Plünderer,
Sie müssen untergehn.
Es breche über sie …
Die schwarze Schwinge schatte nicht mehr
Uns überm Heimatland.
Und nicht zertrete mehr der Feind
Uns Feld und Flur und Strand.
Es breche über sie …
Wir sorgen dafür, dass der Brut
Die letzte Stunde schlägt.
Den Henkern ein- für allemal
Das Handwerk jetzt gelegt!
Es breche über sie …
Text: Wassili Lebedew-Kumatsch
Deutsche Fassung: Stephan Hermlin