Heinz Bierbaum, Vorsitzender der Europäischen Linken, kommentiert den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union:
In den vergangenen 40 Jahren hat der neoliberale Kapitalismus viele Menschen abgehängt. Das Ergebnis in Großbritannien: Wut und Empörung. Aber wenn man nach einfachen Lösungen sucht, kann die Wut eine blindmachende Wirkung haben. Die Rechtspopulisten machen sich dies zunutze und schüren mit Lügen und Halbwahrheiten Ängste in der Bevölkerung.
Zu den unmittelbaren Folgen der Brexit-Kampagne gehört die Zunahme von Hassverbrechen gegen eine große Zahl von Randgruppen, darunter LGBTIQ, Farbige und Migrant*innen aus Osteuropa. Wir müssen uns einer solchen Plage entgegenstellen! Wir müssen eine klare Position gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Homophobie beziehen.
Die Europäische Linke fordert ein Ende der menschenverachtenden Austeritätspolitik in Großbritannien und der EU und ruft zur internationalen Solidarität unter den Arbeiter*innen auf. In dieser Situation ist es umso wichtiger, für die politischen Alternativen von links einzutreten, wie sie von Labour in Großbritannien vorgeschlagen werden. Ein Politikwechsel mit nachhaltigen Lösungen für soziale und ökologische Probleme ist notwendig.
Brexit kommt zu einem sehr kritischen Zeitpunkt für die EU. Es gibt Krisen auf dem ganzen Kontinent. Wir sind Zeugen eines sich verschärfenden sozialen Konflikts in Verbindung mit einer weit verbreiteten Revolte gegen die politischen Eliten. Die Brexit-Abstimmung vom Juni 2016 war ein Zeichen für eine solche Revolte. Der Aufstieg nationalistischer und rechtspopulistischer Parteien sowie der Niedergang der Sozialdemokratie hat in den letzten Jahren die Politik in vielen EU-Ländern geprägt.
Botschaft von einigen Abgeordneten der Linksfraktion GUE/NGL |
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eingefügt von kommunisten.de |
Dieses Jahr wird für die Menschen in Großbritannien eine Zeit der Unsicherheit sein. Die fortschreitende Privatisierung des Gesundheitswesens und die hohe Wahrscheinlichkeit eines unregulierten Brexit legt nichts Gutes nahe. Der neoliberale Kurs der Politik wird wahrscheinlich nach dem Brexit unter den Tories in die nächste Runde gehen. Die Aufgabe der Politik sollte es sein, die Menschenrechte zu schützen und - nicht zu vergessen - den Frieden in Irland durch die volle Einhaltung des Karfreitagsabkommens zu sichern. ”
Am 23. Juni 2016 fand in Großbritannien ein Referendum über den Verbleib des Landes in der Europäischen Union statt. Rund 46,5 Millionen britische Bürger waren wahlberechtigt. Die Wahlbeteiligung lag bei 72,2 Prozent. 51,9 Prozent der Wähler stimmten für den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union und 48,1 Prozent für den Verbleib in der Europäischen Union. Das Europäische Parlament hat das Ausstiegsabkommen kürzlich mit 621 zu 49 Stimmen ratifiziert. Der 31. Januar markiert das offizielle Datum des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union. Die Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU können jedoch noch Monate dauern.
Quelle: https://www.european-left.org
Der Brexit war das Vehikel für den Aufstieg der extremen Rechten."… In den letzten 40 Jahren wurde die Gewerkschaftsbewegung durch die neoliberale Offensive erheblich geschwächt. … Das Vereinigte Königreich hat jetzt die restriktivste gewerkschaftsfeindliche Gesetzgebung in Europa. … Die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder ist drastisch geschrumpft und hat sich seit 1979 halbiert. … "... Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem es fast unmöglich ist, dass Streiks organisiert werden können oder wirksam sind. Die Regierung Johnson wird weitere Gesetze zur Eindämmung der Gewerkschaften einführen, und nach dem Brexit werden die Arbeiter*innenrechte weiter ausgehöhlt werden. Die Tories wollen billige Arbeitskräfte, die weder durch Gewerkschaften noch durch Arbeiter*innenrechte geschützt sind. Das von den Tories vorgeschlagene Wirtschaftsmodell nach dem Brexit ist das des autoritären Stadtstaates Singapur mit niedrigen Unternehmenssteuern, niedrigen Löhnen, schwachen Gewerkschaften und nur wenigen Sozialleistungen. Wanderarbeitskräfte werden weiterhin in der Landwirtschaft und in anderen Sektoren beschäftigt sein, aber diese werden »Gastarbeiter*innen« ohne jegliche Rechte sein und daher den schlimmsten Arbeitsbedingungen zum Opfer fallen. Der Plan der Tories für eine vollständig deregulierte Wirtschaft wird jedoch den relativen Niedergang des britischen Kapitalismus nicht überwinden. ... Der Brexit war das Vehikel für den Aufstieg der extremen Rechten. Die harte Rechte hat die Tory-Partei übernommen, die gemäßigten Konservativen vertrieben und die Tory-Partei in eine neue UKIP umgewandelt. Der Brexit fördert einen reaktionären, migrantenfeindlichen Nationalismus und muss aus einer internationalistischen, sozialistischen Perspektive bekämpft werden. Die Solidarität mit Migrant*innen innerhalb und außerhalb der EU und der Widerstand gegen die vorgeschlagenen Tory-Migrationsgesetze ist ein wesentlicher Teil unserer Kampagnenarbeit und muss sich noch verstärken. Brexit ist der Versuch, die sich vertiefenden Widersprüche des britischen Nachkriegskapitalismus durch wirtschaftlichen Nationalismus zu lösen. Wie auch immer es von Teilen der pro-Brexit-Linken dargestellt wird, es ist eine falsche Lösung. In der Ära der Weltwirtschaft und Weltpolitik ist es nicht möglich, die Probleme von Krieg, Armut, Arbeitslosigkeit, Rassismus und Umweltzerstörung auf der Ebene des Nationalstaates zu behandeln. Das Wesen des Systems, mit dem wir konfrontiert sind, erfordert eine internationalistische Strategie. …" aus einer Erklärung von Left Unity nach dem Wahlsieg von Boris Johnson: "Election defeat: what happened and what next?" |