24.06.2019: Im italienischen Hafen Genua haben Hafenarbeiter in der letzten Woche zum zweiten Mal per Streik verhindert, dass ein Schiff für Saudi-Arabien mit Kriegsgerät für den Krieg im Jemen beladen wurde.
Die Docker weigerten sich mit Unterstützung der Gewerkschaft CGIL am 19. Juni erneut, das Schiff namens "Bahri Jazan" mit der tödlichen Fracht zu beladen. Sie blockierten die Laderampe, kontrollierten den Beladevorgang und ließen nur Produkte zu zweifelsfrei zivilen Zwecken durch. Unterstützung bekamen sie dabei von der im Hafen von Genua tätigen Gewerkschaftsgruppe des Allgemeinen Italienischen Gewerkschaftsbundes CGIL sowie von linken Basisgruppen wie "Potero al Populo" (PaP – "Die Macht dem Volk") und lokalen antifaschistischen und Friedensgruppen.
Das Linksbündnis "La Sinistra" (Die Linke) organisierte in einer Halle des Hafens eine öffentliche Solidaritätsveranstaltung. Die Streikenden blockierten das Schiff so lange, bis sich die Transportfirma schließlich entschloss, es ohne die vorgesehene Fracht für militärische Zwecke auslaufen zu lassen.
Einen Monat vorher, am 20. Mai, hatte es schon einen ähnlichen Vorfall gegeben. Da wurde das saudische Schwesterschiff namens "Bahri Yanbu" in gleicher Weise blockiert und zum Auslaufen ohne die vorgesehene Ladung gezwungen. Hier hatte es sich neben Teilen von Drohnen u.a. um Generatoren gehandelt, die sowohl für zivile als auch für Kriegszwecke benutzt werden können, bei denen die Streikenden aber keinen Zweifel hatten, dass sie für das saudische Militär im Jemen-Krieg bestimmt waren.
Der Regionalpräsident der Region Ligurien, Giovanni Toti, versuchte, die Hafenarbeiter unter Druck zu setzen und zum Einlenken zu bewegen, indem er behauptete, das Nichtbeladen von Schiffen mit Gerät, das für militärische Zwecke verwendet werden könnte, werde schwerwiegende Folgen für die Arbeitsplätze in der Region haben, da in der Umgebung von Genua ansässige Firmen die fraglichen Frachtgüter teilweise herstellen. Damit sollten die Beschäftigten dieser Unternehmen gegen die Streikenden aufgebracht und die Arbeiterschaft gespalten werden.
Die am Streik beteiligten Docker und ihre Gewerkschaft sowie die sie unterstützenden Gruppen erklärten jedoch, dass sie den Handel mit Waffen und Kriegsgerät für Saudi-Arabien entschieden verurteile. Es handle sich dabei nämlich um ein Land, in dem noch immer die Todesstrafe gilt, Folter und Unterdrückung von religiösen und politischen Minderheiten praktiziert wird und das seit vier Jahren führend an dem grausamen Krieg im Jemen beteiligt ist, den die UNO als die derzeit "schlimmste Katastrophe in der Welt" bezeichnet hat.. In einer Erklärung wurde an Italiens Außenminister Enzo Moavero Milanesi und an Verteidigungsministerin Elisabetta Trenta appelliert, den Waffenverkauf an Saudi-Arabien einzustellen. Die italienische Regierung wurde aufgefordert, die italienischen Häfen für Waffen und Kriegsmaterial nach Saudi-Arabien zu schließen, sie aber stattdessen für Flüchtlinge und Flüchtlingsschiffe zu öffnen.
"Wir werden nicht zum Komplizen von dem, was im Jemen passiert.“
einer der streikenden Hafenarbeiter
Nach der erfolgreichen Aktion wurde unter den Beteiligten allerdings auch diskutiert, dass die Exportfirma jetzt vermutlich versuchen wird, das Kriegsgerät über den Landweg in einen anderen Hafen umzuleiten, um es von dort aus zu verschiffen. Betont wurde, dass es deshalb jetzt besonders darauf ankommen, die Solidarität unter den Hafenarbeitern der verschiedenen Häfen zu verstärken, sowohl mit den anderen italienischen als auch mit anderen europäischen Häfen, um die Lieferung von Kriegsmaterial nach Saudi-Arabien tatsächlich definitiv zu unterbinden.
Genua hat, wie Teilnehmer an der Aktion in Erinnerung brachten, "eine lange Geschichte der Solidarität". Im Hafen von Genua waren einst die ersten US-Schiffe blockiert worden, die zum Einsatz in Vietnam auslaufen sollten. Ebenso verhinderten Genueser Hafenarbeiter das Beladen von Schiffen mit Kriegsmaterial, die nach dem faschistischen Putsch nach Chile fahren sollten. Es war jetzt jedoch wieder zum ersten Mal seit 16 Jahren, seit dem Streik im Jahr 2003 gegen den Irak-Krieg, dass jetzt eine solche Kampfform angewendet wurde, um Widerstand gegen Aktivitäten im Rahmen eines Krieges zu leisten.
(Nach Veröffentlichungen auf den Internetseiten von "Rifondazione Comunista" v. 20.6. und "Morning Star" v. 20.5. und 20.6.)
txt: G. Polikeit
Die Bedeutung des Sieges der Hafenarbeiter von GenuaPaolo Ferrero, Rifondazione Comunista, Vizepräsident der Europäischen Linken (…) Aus dieser Geschichte, die noch nicht zu Ende ist und die die Fortsetzung der Mobilisierung fordert, - denn jetzt wird das Transportunternehmen die militärischen Generatoren auf dem Landweg aus dem Hafen von Genua verlegen, um zu versuchen, sie von einem anderen Hafen wegzubringen -, halte ich es für sinnvoll, zwei Elemente hervorzuheben. Zunächst einmal hat der Kampf Erfolge gebracht. Trotz einer sehr nachteiligen Konstellation haben die genuesischen Hafenarbeiter*innen mit dem Kampf ein positives Ergebnis erzielt, das seit zehn Jahren nicht mehr zu verzeichnen war. Die erste Überlegung ist daher, dass der Wille zum Konflikt, die Entschlossenheit zum Handeln an sich schon ein grundlegendes Element ist, um die Dinge zu verändern. Die Idee, die täglich verbreitet wird, dass nichts getan werden kann, dass wir machtlos sind, etc. etc. etc. etc. etc. ist einfach falsch. Wenn du das tust, änderst du die Dinge. Wie die Mütter der Plaza de Mayo sagen, der einzige Kampf, den du verlierst, ist derjenige, den du nicht kämpfst! Die zweite Überlegung ist, dass all dies dank einer Gruppe von Hafenarbeiter*innen möglich war, die entschlossen handelten, und die von Aktionen der CGIL und der Linken unterstützt wurden. Ohne die führende Rolle dieser Gruppe von Arbeiter*innen wäre nichts möglich gewesen. In einer Situation, in der die volkstümliche Hegemonie die von Toti (Anm.: Giovanni Toti ist ein italienischer Politiker der Forza Italia) ist, und das heißt, da die Arbeiter essen müssen, führt dies dazu, dass sie ihrer Arbeit gegenüber gleichgültig sind, dass es ihnen gleichgültig ist, ob sie Bomben oder Fahrräder produzieren. Aber selbst innerhalb des erstickenden Sumpfes von Fünf-Sterne und Lega, in dem wir leben, gibt es in diesem gesunden Menschenverstand, der Theorien über die angeborene Unterordnung der Arbeiter gegenüber den Unternehmer*innen anstellt, Gruppen von Arbeiter*innen, die als Arbeiterklasse denken und handeln, d.h. mit ihrer eigenen Weltsicht, die sich von der der »Herren« unterscheidet. Es gibt Arbeiter*innen, die denken, dass, wenn wir keine Kriege wollen, wir keine Waffen brauchen, und dass die Arbeiter*innen das Recht und die Pflicht haben, über das Produkt ihrer Arbeit zu reden, über das, was sie in den 8 Stunden, die sie arbeiten, tun. Es gibt Arbeiter*innen, die behaupten, Menschen zu sein, die das Recht auf Mitsprache haben, und nicht nur eine Arbeitskraft. Hut ab, denn das ist Zivilisation! |