15.01.2019: Bangladesh | Eine Textilarbeiterin wurde getötet und weitere 50 verletzt, als die bangladeschische Polizei am vergangenen Dienstag (8.1.) mit Gummigeschossen auf demonstrierende Textilarbeiter*innen feuerte.
Rund 5.000 Textilarbeiter*innen demonstrierten am Rande der Hauptstadt Dhaka für höhere Löhne, als die Polizei mit Gummigeschossen und Tränengas gegen die Demonstrant*innen vorging. Am nächsten Tag sprengte die Polizei mit einer Wasserkanone eine Blockade von rund 10.000 streikenden Textilarbeiter*innen, die eine Hauptstraße in Savar, außerhalb von Dhaka, blockierten.
Berichten zufolge sind 50.000 Bekleidungsarbeiter*innen - hauptsächlich Frauen -, von denen viele Kleidung für internationale Einzelhändler wie Zara, H&M, Tesco und Walmart herstellen, in den Streik um höhere Löhne getreten. Bangladesch ist nach China der größte Bekleidungsproduzent der Welt. Im vergangenen Jahr produzierte Bangladesch Bekleidung im Wert von 30 Milliarden US-Dollar für große globale Einzelhändler. Dieser Industriesektor erzeugt 80 Prozent der Exporte des Landes.
Seit Sommer vergangenen Jahres fordern die Arbeiter*innen höhere Löhne. Am 13. September wurde eine 51-prozentige Erhöhung des Mindestlohns festgelegt, die ab Dezember wirksam werden soll. Die Gewerkschaften lehnen diese Erhöhung als zu gering ab und fordern eine Verdoppelung. Der bisherige Mindestlohn wurde 2013 als Teil der Reaktion der Regierung auf den Zusammenbruch der Fabrik Rana Plaza festgelegt, bei dem 1.130 Menschen starben. Die Gewerkschaften fordern aber vor allem, dass nicht nur der Mindestlohn erhöht wird, sondern auch sektorale Tarifverhandlungen zwischen Unternehmern und Gewerkschaften geführt werden, damit Lohnerhöhungen für alle Kategorien von Beschäftigten vereinbart werden können, die den steigenden Lebenshaltungskosten angemessen Rechnung tragen.
Jetzt sind die Textilarbeiter*innen wütend, weil nicht einmal die ungenügende 51-prozentigen Erhöhung des monatlichen Mindestlohns auf 8.000 Taka (94 US-Dollar) für Alle gelten soll. Insbesondere ältere Arbeiter*innen sollen ausgenommen werden. Darüber hinaus protestieren sie, weil die Lohnerhöhung zu niedrig ist und nicht einmal die Kosten der steigenden Preise in den letzten Jahren deckt. Bangladeschs Textilfabrikanten sagen, dass sie von den globalen Einzelhändlern unter Druck gesetzt werden, die nicht bereit sind, die Abnehmerpreise zu erhöhen.
Jenny Holdcroft, stellvertretende Generalsekretärin der IndustriALL Global Union, verurteilt "die Anwendung tödlicher Gewalt gegen streikende Textilarbeiter*innen in Bangladesch". Sie fordert Tarifverhandlungen in der Industrie. "Die Wut der Textilarbeiter*innen über Lohnunterschiede unterstreicht die dringende Notwendigkeit von Tarifverhandlungen in der Industrie, damit die Gewerkschaften faire Lohnabschlüsse für alle Beschäftigten erzielen können."
Die Unruhen begannen am 9. Dezember in Naraynaganj, kurz nachdem der neue Mindestlohn in Kraft getreten war, und seitdem finden im gesamten Bezirk Dhaka sporadische Auseinandersetzungen zwischen Bekleidungsarbeiter*innen und Polizei statt.
Die Regierung von Bangladesh hat bereits im Dezember 2016 einen Protest der Textilarbeiter*innen für höhere Löhne brutal niedergeschlagen und viele Gewerkschaftsführer*innen verhaftet. Tausende Arbeiter*innen wurden nach einem Streik entlassen.
Quelle: IndustriALL Global Union
fotos: IndustriALL Global Union (Demonstration von Textilarbeiterinnen im September 2018), Mensch und Politik heute, Clean Clothes Campaign
mehr Informationen auch bei "Kampagne für Saubere Kleidung"
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